Eine Auswahl von Herbert Stehles Werken ist Teil der Ausstellung „Min.Max“, die noch bis 12. Mai in der Galerie Bodenseekreis läuft. Sie stellt Stehles Arbeiten vier abstrakten „Klassikern vom See“ gegenüber: Max Ackermann, Julius Bissier, Jakob Bräckle und Horst J. Beck.

„Alles, was mit dem Haus zu tun hat, Treppen, der Platz rund ums Haus, das ist für mich ein Lebensthema geworden“, sagt Stehle bei einer Künstlerführung, die er gemeinsam mit Galerieleiterin Heike Frommer leitet. Dabei gehe es auch um ein Lebensgefühl, um Behaustsein, „bei sich selbst zu Hause sein“, so Stehle.

„Ich bin kein Architekt“

Seine Häuser sind manchmal windschief, recken sich langgezogen in schwindelnde Höhen, wirken unzugänglich, und selbst wenn Treppen zu ihnen führen, sind deren Stufen oft so hoch, dass sie kaum zu besteigen sind. Stehle lacht: „Ich kann mir das alles erlauben, ich bin kein Architekt. Meine Häuser und Treppen müssen nicht funktionieren.“ Sie mögen nicht funktionieren, aber sie faszinieren. Sie bringen den Ausstellungstitel auf den Punkt: „Min.Max“ steht für minimale Form und maximalen Ausdruck, wie Galerieleiterin Frommer erklärt. Die Schau zeige, „dass das Prinzip formaler Reduktion bis heute Gültigkeit hat.“

Herbert Stehle erläutert seine  Arbeiten einer Besucherin.
Herbert Stehle erläutert seine Arbeiten einer Besucherin. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Frommer wollte schon lange einmal „abstrakte Kunst am See zeigen, die bisher etwas zu kurz kam.“ Auch, weil sie am Bodensee nicht so sehr vertreten sei. Dabei habe man in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Hoffnung, wieder an die internationale Kunst anknüpfen zu können, von der „Weltsprache Abstraktion“ gesprochen. Die in der Galerie vertretenen Künstler stünden in der Tradition der abstrakten Ästhetik, die Anfang des 20. Jahrhunderts entstand, wobei jeder seine eigene Form entwickelt habe. Ackermann lehne sich an die Geometrie an, Bissier drücke sich in symbolischen Zeichen aus, Bräckle strebe nach Vereinfachung und Beck übe sich in der Reduktion der Bildflächen. Bis auf den Oberschwaben Bräckle suchten all diese Künstler während des NS-Regimes Zuflucht am Bodensee. Ihnen sei es wesentlich zu verdanken, dass auch dieser Landstrich von der Moderne gestreift wurde. Die zeitgenössische Bildhauerkunst Stehles sei fest in diesem westlichen „Welterbe der Abstraktion“ verortet.

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Frommer, die Stehle vor zehn Jahren kennenlernte, erkannte schnell „Verbindungslinien“ zwischen seinen Skulpturen und der Malerei und Grafik der vier Klassiker. Tatsächlich zeigen sich in den perfekt ausgesuchten Kombinationen in der Galerie frappierende „ästhetische Beziehungen“, wenn nicht gar Verschmelzungen und Symbiosen. So wirkt Herbert Stehles „Schiefes Haus mit Treppen“ aus weiß lasiertem Holz von 2006 wie eine plastische Inkarnation von Jakob Bräckles Gemälde „Haus im Schnee“ von 1978. Und Stehles schwarz gestrichene, flache Skulptur „Haus gerahmt“ von 2016 könnte wirklich der Rahmen für den zentralen schwarzen Block auf einem Gemälde Horst J. Becks von 1964 sein.

„Dazwischen“ heißt diese Skulptur Herbert Stehles von 2017.
„Dazwischen“ heißt diese Skulptur Herbert Stehles von 2017. | Bild: Sylvia Floetemeyer

Tatsächlich meint denn auch Stehle bei seiner Führung durch die Galerie: „Ich fühle mich hier sehr zuhause.“ Er finde die Kombinationen hervorragend. Sie waren auch für ihn eine Überraschung. „Denn ich wusste ja nicht, worauf Frau Frommer Zugriff hat.“

Die Ausstellung „Min.Max“ ist noch bis 12. Mai im „Roten Haus“ in Meersburg, der Galerie des Bodenseekreises, Schlossplatz 13, zu sehen. Geöffnet: Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr.

„Zehn Häuser“ lautet der schlichte Titel dieser Arbeit Herbert Stehles von 2018.
„Zehn Häuser“ lautet der schlichte Titel dieser Arbeit Herbert Stehles von 2018. | Bild: Sylvia Floetemeyer