Unbeteiligte haben am Freitag in Meersburg nicht gezögert, als sie in der Uferzone in der Nähe des Gastronomiegebäudes Fährhaus zwei Taucher in Not wahrnahmen. Es handelte sich um einen 55-jährigen Tauchlehrer und eine 38-jährige Taucherin. Sie hatten zusammen einen Übungstauchgang absolviert, bei dem es während des Aufstiegs zu Schwierigkeiten gekommen war. Den dann eingeleiteten Notaufstieg hatten sie ohne Einhaltung von eigentlich notwendigen Auftauchstufen durchlaufen, wie das Polizeipräsidium Einsatz in Göppingen mitgeteilt hatte.

Der Tauchlehrer nahm an der Wasseroberfläche erste Anzeichen der sogenannten Dekompressionserkrankung an sich selbst war. Leider wurde er bewusstlos und musste im weiteren Verlauf reanimiert werden. Die Ersthelfer taten das Notwendige – und das unter widrigen Bedingungen in der Uferzone.

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Sebastian Kolbe, Pressesprecher der Meersburger Feuerwehr, schreibt, der Taucher sei bereits beim Eintreffen der Einsatzkräfte von Ersthelfern reanimiert worden. Dies bestätigt auch Katharina Topp vom Polizeipräsidium Einsatz, zu dem die Wasserschutzpolizeien gehören. Hier ist die Rede von einem unbeteiligten Passanten, der sofort bei der Reanimation geholfen habe.

Niedriger Wasserstand macht Hilfe möglich

„Dies war nur möglich, da der Wasserstand sehr niedrig an der Stelle war. Die Feuerwehr stellte eine Steckleiter auf, um einen weiteren Zugang zum Ufer zu bekommen. Somit konnten weitere Einsatzkräfte die Reanimation und Versorgung des Verletzten fortführen“, teilt Feuerwehrpressesprecher Sebastian Kolbe mit. Da der Höhenunterschied zwischen Promenade und Ufer groß ist, wurde die Drehleiter zur Rettung alarmiert. Nicht, wie zunächst am Freitag durch das Polizeipräsidium Einsatz berichtet, ein Kran.

Kolbe erklärt, dass der Taucher mithilfe der Drehleiter und einer Schleifkorbtrage nach oben befördert worden sei. „Parallel wurde ein Sichtschutz aus Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr aufgebaut, sodass die Rettungskräfte sicher arbeiten konnten.“ Der Einsatzort befand sich direkt an der Stettener Straße. Diese ist Zubringer zur Fährverbindung Meersburg-Konstanz.

Mithilfe der Drehleiter und einer Schleifkorbtrage wurde der 55-jährige Tauchlehrer, der noch in der Uferzone wiederbelebt wurde, nach ...
Mithilfe der Drehleiter und einer Schleifkorbtrage wurde der 55-jährige Tauchlehrer, der noch in der Uferzone wiederbelebt wurde, nach oben befördert. | Bild: Feuerwehr Meersburg

Neben Notarzt, Rettungsdienst, Polizei und Wasserschutzpolizei war die DLRG Bodenseekreis am Freitag mit 19 Einsatzkräften vor Ort. Die Einsatztaucher der DLRG mussten allerdings nicht ins Wasser, da die verunglückten Taucher selbstständig an die Wasseroberfläche gelangt waren, teilt Pressesprecher Tim Karstens mit. Zeitgleich zu den Maßnahmen für den 55-jährigen Tauchlehrer wurde die 38-jährige Taucherin ins Helios-Spital in Überlingen gebracht. Nach Angaben der Feuerwehr Meersburg wurden beide Taucher dort untersucht.

Im Helios steht eine Druckkammer, die vom Badischen Tauchsportverband betrieben wird. Präsidentin Hannelore Brandt weiß, dass die 38-Jährige vorsorglich eine Druckkammerbehandlung erhalten habe. „Schäden können sich bis 24 Stunden nach einem Tauchgang entwickeln“, begründet die Verbandspräsidentin. Der 55-Jährige sei in eine Spezialklinik in Murnau geflogen worden. „Wir können keine Intensivpatienten in der Druckkammer behandeln“, sagt Hannelore Brandt. Deshalb kam es ihren Angaben nach zur Verlegung nach Murnau. Der Verband kümmert sich bei der Druckkammer in Überlingen ums Technische, das Klinikum um das Medizinische. Brandt beschreibt die Verbindung als sehr kooperativ.

So sieht es in der Druckkammer im Helios-Spital Überlingen aus. Hermann Spiegel vom Badischen Tauchsportverband und ...
So sieht es in der Druckkammer im Helios-Spital Überlingen aus. Hermann Spiegel vom Badischen Tauchsportverband und SÜDKURIER-Redaktionsleiter Stefan Hilser stehen hier unter einem Druck von bis zu 2,8 Bar und machen den Druckausgleich. | Bild: Julia Stapel

„Notaufstieg konnte nicht gestoppt werden“

Polizeikommissarin Katharina Topp berichtet, dass die Tauchschülerin das Krankenhaus inzwischen verlassen habe. „Der Tauchlehrer ist weiterhin dort. Der genaue Zustand ist nicht bekannt.“ Das Überlinger Helios-Spital macht auf Anfrage keine Angaben zu den beiden Patienten. Die Ermittlungen zum Unfallhergang hat die Wasserschutzpolizei Überlingen übernommen. Laut Polizistin Katharina Topp gibt es noch keine Erkenntnisse dazu, was genau das Problem unter Wasser war, das die Taucher zum Notaufstieg veranlasst hatte. Und: „Aufgrund bislang ungeklärter Ursache konnte der Notaufstieg nicht gestoppt werden, um die notwendigen Austauchstufen einzuhalten“, erklärt die Polizeipressesprecherin.

Ausbildung im Bereich technisches Tauchen

Klar ist: Beide Taucher sind Profis. „50 Meter sind zu tief bei einer Beginner-Ausbildung. Es handelt sich aber nicht um Anfänger, sondern um eine Ausbildung für technisches Tauchen“, sagt Hannelore Brandt vom Badischen Tauchsportverband – eine Weiterbildung sozusagen. In den sozialen Medien waren Zweifel am Tauchlehrer aufgekommen. Dabei war die Situation laut Brandt in Ordnung. Die Taucher waren als „Buddys“ unterwegs, die unter Wasser aufeinander Acht geben. „Sie hat ihm geholfen. Das zeigt, sie ist keine Anfängerin“, sagt Brandt und führt weiter aus: „Das Problem ist, wir tauchen ab und die Leute sehen nicht, was wir machen.“ So entstünden Märchen. Die Nachbarschaften der Tauchplätze in Meersburg und Überlingen lobt die Präsidentin jedoch ausdrücklich. Die Anwohner hätten ein Bewusstsein für die Taucher, sagt Brandt. Feuerwehrpressesprecher Sebastian Kolbe spricht den Ersthelfern ebenfalls ein großes Lob aus.

Was ist technisches Tauchen?

Hannelore Brandt, Präsidentin des Badischen Tauchsportverbandes, erklärt, dass es sich beim technischen Tauchen einerseits um das Tauchen mit besonderen Gasen handelt. „Künstliche Gase mit weniger Stickstoff“, erläutert Brandt. Je weniger Stickstoff im Gas sei, desto tiefer könne man gehen. Beispielsweise wird Stickstoff durch Helium ersetzt. Unter Druck lösen sich die Gase in den Atemgasen. „Sauerstoff verbrauchen wir. Stickstoff atmen wir aus“, sagt Brandt. Stickstoff wird beim zu schnellen Auftauchen zum Problem. Der Körper kann es nicht so zügig über die Atmung abbauen. „Gasmoleküle perlen in den Adern aus“, beschreibt Brandt. Die Körperpartien dahinter werden nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Deshalb sind die Dekompressionspausen so wichtig. Andererseits werden beim technischen Tauchen spezielle Geräte genutzt. Es seien sogenannte Kreislaufgeräte entwickelt worden: „Da wird die ausgeatmete, verbrauchte Luft ins System gespeist.“ Kohlenstoffdioxid werde ausgefiltert. Die Sauerstoffflaschen sind laut Brandt kleiner. Der Taucher müsse immer nur kleine Mengen nutzen.