Ferien, Sonnenschein, Meersburg: Diese Kombination sorgt normalerweise für gut gefüllte Gassen in der Altstadt. Die Corona-Krise verändert alles. Die meisten Geschäfte haben geschlossen, selbst Bäckereien haben nur eingeschränkt geöffnet. Manche Gaststätten bieten Speisen zum Mitnehmen an.

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Vor dem Café Pop steht an diesem Samstagnachmittag ein Aufsteller, der darauf hinweist, zwei Meter Abstand zu anderen Wartenden zu halten und außerdem darum bittet, das Café nur einzeln nacheinander zu betreten. Seit diesem Wochenende bietet das Café von freitags bis sonntags jeweils von 10 bis 14 Uhr Kaffee und süße Kleinigkeiten nach telefonischer Vorbestellung zur Mitnahme an. Werktags kann man sich den Lieblingskaffee packungsweise liefern lassen.

Lässt auch beim To-go-Cappucino Sorgfalt walten, so dass der Milchschaum ein schönes Muster ergibt: Roxana Pop, Betreiberin des Café Pop ...
Lässt auch beim To-go-Cappucino Sorgfalt walten, so dass der Milchschaum ein schönes Muster ergibt: Roxana Pop, Betreiberin des Café Pop in Meersburg. | Bild: Lena Reiner

Regelmäßiges Hände-Desinfizieren

Betreiberin Roxana Pop ist überrascht von der Resonanz: „Mit so vielen Gästen hätten wir in den ersten Tagen nicht gerechnet.“ Sie steht selbst an der Kaffeemaschine und bereitet liebevoll die Getränke zum Mitnehmen vor. Für ein kurzes Schwätzchen ist Zeit, ganz, als sei alles ganz normal. Alles? „Haben Sie den Becher oben am Rand angefasst?“, unterbricht ein Gast den eigenen Plausch, nimmt auf das Verneinen der Café-Betreiberin beruhigt den Becher von der Theke. „Ich desinfiziere natürlich sowieso regelmäßig meine Hände“, erklärt Pop ergänzend.

Kaffee mit Herz und Leckerei zum Mitnehmen.
Kaffee mit Herz und Leckerei zum Mitnehmen. | Bild: Lena Reiner

Die Kehrwende: Darf das Café doch nicht verkaufen?

Dann der Schock: Roxana Pop erhält den Hinweis, dass am 3. April durch die neuen Auslegungshinweise des Wirtschaftsministeriums zur aktuellen Coronaverordnung deutlich geworden sei, dass Cafés gar kein Abholangebot anbieten dürfen. Als Beleg erhielt sie einen Ausschnitt des PDF mit den Auslegungshinweisen der Coronaverordnung. Dort steht zu lesen, dass der Außer-Haus-Verkauf lediglich von Gaststätten, nicht aber von gaststättenähnlichen Betrieben wie Cafés und Kneipen erlaubt sei. Betrachtet man das gesamte Dokument, findet man außerdem an zwei Stellen die Anmerkung, dass Abhol- und Lieferservices vom Verbot ausgenommen seien.

Wird dies von der Zusatzanmerkung für Cafés negiert? Um zu überprüfen, welche Antworten Unternehmer bei Unsicherheiten über die Coronaverordnung selbst erhalten können, gehen wir zwei Wege.

Während die offizielle Antwort auf sich warten lässt, antwortet der Bot der CoronaverordnungsWebseite, dass ein Abholservice eines Cafés ...
Während die offizielle Antwort auf sich warten lässt, antwortet der Bot der CoronaverordnungsWebseite, dass ein Abholservice eines Cafés erlaubt sei. | Bild: Screenshot, Stand: 7. April 2020

Einerseits befragen wir den „Bot“ auf der Internetseite der Landesregierung zur Coronaverordnung, der uns antwortet, dass Abhol- und Lieferangebote weiterhin erlaubt sind und verweist für Details auf den Originaltext der Verordnung.

Andererseits wählen wir die Corona-Hotline für Unternehmer des Wirtschaftsministeriums und stellen dort erneut die Frage, ob Abhol- und Lieferservices von Cafés erlaubt seien. Wir erhalten folgende Antwort: „Nein, die sind ausgenommen. Buchhandlungen dürfen etwa ein Buch, das vorbestellt wurde, übergeben oder aber ausliefern. Cafés sind hier nicht gemeint genauso wie Kneipen und Bars ausgenommen sind.“

Eine eindeutige Sache?

Wir wenden uns an Meersburgs Bürgermeister Robert Scherer mit der Information, die wir von der Café-Betreiberin und an der Hotline erhalten haben und fragen nach, ob die Gemeinde Meersburg überprüft habe, wessen Abhol- und Lieferangebote sie auf ihrer städtischen Webseite aufführen dürfe und wie er mit dem Hinweis umgehen werde. Die Antwort folgt prompt: „Die Liste ist von der Gewerbebehörde des Landratsamts Bodenseekreis überprüft und mit uns abgestimmt worden. Es hängt von ganz vielen Rand-Parametern ab und kann nicht pauschaliert werden. Ich möchte hier auch betonen, dass die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt Bodenseekreis sehr gut und kompetent funktioniert. Hier möchte ich auch mal auf diesem Weg Danke sagen.“

Eine Reaktion auf den Hinweis schließt er aus. Dazu bestehe keine Veranlassung, da alles genau überprüft worden sei.

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Antwort der Pressestelle des Wirtschaftsministeriums

Dann erhalten wir Antwort der Pressestelle des Wirtschaftsministeriums, die zunächst die Aussage der Corona-Hotline zu bestätigen scheint. „Abhol- und Lieferdienst sind bei solchen Produkten weiterhin erlaubt, die im Laden gerade nicht verkauft werden können, da der Einzelhandel (mit den bekannten Ausnahmen) geschlossen ist“: Das scheint das BuchhandlungsBeispiel zu untermauern. Doch da wir zwischenzeitlich Scherers Stellungnahme erhalten hatten, haken wir nochmals nach, beziehen uns auf die rechtliche Prüfung des Landratsamts und erfahren so schließlich Folgendes: Auch wenn die Begriffe „Außer-Haus-Angebot“ und „Liefer- und Abholservice“ häufig synonym verwendet werden, besteht hier ein rechtlicher Unterschied. Die Klammer-Anmerkung unterhalb der Überschrift bezieht sich doch auf die gesamte darunter stehende Liste.

Umgangssprachlich gleichgesetzt, rechtlich ein Unterschied

Bei einem „Außer-Haus-Angebot“ geht der Gast zur jeweiligen Lokalität, bestellt seine Speise, wartet auf ihre Zubereitung und nimmt diese dann mit nach Hause. Ein solches Außer-Haus-Angebot ist gaststättenähnlichen Betrieben wie etwa einem Café untersagt, lediglich Gaststätten weiterhin erlaubt. Abhol- und Lieferangebote setzen eine vorherige Bestellung – etwa telefonisch oder online – voraus und sind auch Cafés und anderen gaststättenähnlichen Betrieben weiterhin erlaubt.

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Mehr Fragezeichen

Was für zusätzliche Verwirrung sorgt: In einer vorhergegangenen Verordnung war nicht zwischen Gaststätten und gaststättenähnlichen Betrieben wie Cafés und Kneipen unterschieden worden, sondern zwischen Speisegaststätten und anderen Gaststätten-Typen.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass einzelne Kommunen die Coronaverordnung durch eigene Maßnahmen zusätzlich verschärfen dürften. Eine Milderung sei jedoch ausgeschlossen.