Zahlreiche Zuschauer, darunter etwa 20 Winzer sowie einige Anwohner, folgten der Diskussion im Gemeinderat, als es wieder einmal um die seit 2017 geplante Verlagerung der Kelterei des Winzervereins von der Unterstadt in die Mesmerstraße ging. Der Gemeinderat votierte einstimmig für den überarbeiteten Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Hundsrücken“. Dieser wird nun erneut, mittlerweile zum fünften Mal, öffentlich ausgelegt. Danach sollte der Beschluss erfolgen, empfahl Stadtplaner Helmut Hornstein.

Ausgleichsfläche auf Acker in Überlingen-Bonndorf
Die nochmalige Offenlage sei insbesondere wegen des geänderten naturschutzrechtlichen Ausgleichs erforderlich, so Hornstein. Als Ausgleichsmaßnahme, die sich aber als „dauerhaft nicht ganz einfach“ erwiesen habe, war eigentlich die Anlage einer Streuobstwiese in Stetten vorgesehen. Der Winzerverein habe sich nun aber entschlossen, Ökopunkte zu kaufen: für eine Magerwiese in Überlingen-Bonndorf, die früher eine Ackerfläche war.
Umweltgruppe wünscht sich ein eigenes Ökokonto
Alexandra Mahl und Monika Biemann von der Umweltgruppe bedauerten, dass die Ausgleichsmaßnahme nicht auf Meersburger Gemarkung stattfinde. Man solle, forderte Biemann, „zügigst das Ökokonto angehen“, für das der Rat im Mai 2020 einstimmig votiert hatte. Ökopunkte brächten der Stadt auch Geld ein. Bürgermeister Robert Scherer pflichtete ihr bei. „Wir können aber nicht alles auf einmal machen.“ Und die Stadt müsse für das Geld schon etwas leisten und die Ökoflächen 25 Jahre lang unterhalten.
Wieder eine lange Liste von Stellungnahmen der Hechtweg-Anwohner
Auch auf die jüngste Offenlage des Bebauungsplans waren wieder zahlreiche Stellungnahmen eingegangen. Seitens der Träger öffentlicher Belange handle es sich vorwiegend um redaktionelle Änderungen, so Hornstein. Außerdem gab es zwei private Stellungnahmen mit insgesamt 28 Punkten von Bewohnern der Wohnanlage Hechtweg 1 und 3. Diese drehten sich erneut vor allem um angenommene Lärm-, Geruchs- und Verkehrsbelastungen. Auch bemängelte man die fehlende Darstellung des 18 Meter hohen Abluft-Schornsteins in den Plänen. Der nachträglich hinzugefügte Kamin soll dafür sorgen, dass Gärgase aus der Umgebung abgeleitet werden. Der Kamin wird nun in Pläne eingefügt.
Die meisten der anderen Einwände bewertete die Stadt als unbegründet. Die Fachgutachter hätten sich mit den einzelnen Kritikpunkten auseinandergesetzt und sowohl die Inhalte ihrer Gutachten bestätigt als auch die Übereinstimmung mit dem vorliegenden Betriebskonzept, das der Winzerverein am 11. Dezember 2020 ergänzt hat. Diese Überarbeitung erfolgte auch als Reaktion auf frühere Einwände von Hechtweg-Anwohnern.

So hatten die Hechtweg-Anwohner moniert, die Beschreibung der Nutzung als „Keltereibetrieb mit Lagerhalle“ sei zu unbestimmt. Deshalb präzisierte man sie nun zu einem „Wein-Keltereibetrieb mit Abfüllbetrieb, Lagerhalle und Sozialräumen.“ Dadurch, so Hornstein, sei klar, dass der künftige Betrieb „nichts mit einer gastronomischen Nutzung zu tun hat.“ Was das Verkehrsaufkommen angehe, werde sich der bisher rege Lkw-Verkehr – zwischen der derzeitigen Kelterei in der Unterstadt und der bisherigen Lagerhalle in der Oberstadt – erheblich reduzieren, wenn der Winzerverein seinen Betrieb künftig an einem Standort vereine, so Hornstein.

Stadtrat Schmidt: „Ein Betrieb, von dem wir in der Stadt auch leben“
Stadtrat Peter Schmidt (CDU) warnte in Anspielung auf das langwierige Verfahren aufgrund der Konflikte von Anwohnern mit dem Winzerverein „vor Macht- und Muskelspielen.“ Schmidt hielt ein Plädoyer für die 1884 gegründete, zweitälteste Winzergenossenschaft Badens (nach Hagnau 1881) und ihre lange Verbundenheit mit der Stadt. Es sei „ein Betrieb, von dem wir als Stadt auch leben.“

Er habe selbst 35 Jahre in der Unterstadt neben der Kelterei gewohnt „und keine Schäden davon getragen“. Schmidt betonte, es handle sich bei dem Vorhaben „um keine Fabrik, keinen Betrieb, der ganzjährig extrem auftritt. Im Kern geht es um nichts anderes als eine Kelterhalle.“

„Optik der Immohäuser im Hechtweg schaden Image sicher mehr“
Hingegen, meinte Schmidt: „Mit Verlaub: Die Immohäuser (im Hechtweg) würde man so nicht mehr bauen.“ Ihre Optik schade der Stadt sicher mehr als der Winzerverein. Man beschäftigte sich jetzt zum wiederholten Mal mit dem Vorhaben, obwohl sich nichts gravierend geändert habe. „Das ist keine Art und Weise, in einer kleinen Gemeinde wie Meersburg mit einem Betrieb umzugehen, der seit gut 130 Jahren hier angesiedelt ist und von dem man weiß, was er tut.“
Bürgermeister weist Vorwürfe entschieden zurück
Bürgermeister Robert Scherer fand: „Herr Schmidt hat‘s auf den Punkt gebracht.“ Wenn es in Meersburg den Weinbau und den Winzerverein nicht gäbe, „würden wir heute anders leben.“ Was die Baupläne angehe, habe es sicher Dinge gegeben, die man besser machen konnte und der Winzerverein sei auch darauf eingestiegen. „Aber irgendwann muss man es auch mal akzeptieren, wenn alles durch ist. Der Winzerverein hat dort ein Grundstück und darf sich dort auch entwickeln“, betonte Scherer. Entschieden wies er Vorwürfe von Anwohnern zurück, die Stadt hätte nicht mit ihnen gesprochen und sie habe nicht mit Profis gearbeitet.
„Demokratische Entscheidung mittragen“
Markus Waibel (FW) hatte das letzte Wort, bevor das Gremium abstimmte: „Irgendwann kommt man mal an einen Punkt, wo man eine demokratische Entscheidung mittragen muss.“