Hans-Günther Bauer vom Max-Planck-Institut (MPI) für Verhaltensbiologie in Radolfzell bestätigt eine Beobachtung von Vogelliebhabern am Bodensee: Dieses Jahr kamen deutlich weniger Schwalben aus ihrem Winterquartier zurück in die Region. Insbesondere der Bestand der Rauchschwalben habe sich stark reduziert, noch mehr als bei den Mehlschwalben.
Vögel finden weniger Rast- und Futterplätze
Der promovierte Biologe erklärt das vor allem mit Schwierigkeiten bei der Rückreise über Südeuropa. Dort habe teilweise große Trockenheit geherrscht, verbunden mit starker Hitze. Für die Vögel bedeute das, dass sie weniger Nahrung finden. Wenn die gewohnten Rast- und Futterplätze unbrauchbar sind, beispielsweise ein Feuchtgebiet ausgetrocknet ist, müsse sich ein Schwarm entscheiden.
Entweder fliegen die Vögel längere Strecken mit weniger Pausen, wodurch ihre Energiereserven stark beansprucht würden, sagt Hans-Günther Bauer. Oder sie müssten häufiger Zwischenstopps einlegen, um wenigstens die geringen Mengen an Nahrung aufzunehmen. Auch die großen Waldbrände in Südeuropa stellten für die Vögel eine Gefahr dar.
Route geändert oder Flug nicht überstanden
Das MPI könne derzeit noch nicht auswerten, was mit den Vögeln passiert ist, erläutert der Biologe. Es sei möglich, dass die Schwalben ihre Route geändert haben und in andere Gebiete gezogen sind. Oder, so Bauer, sie haben den Weg nicht geschafft und sind durch Erschöpfung oder andere Gründe verstorben.
In der Region versuchen Menschen wie Wilfried Steiger „zu retten, was noch zu retten ist“. Er ist Vorsitzender des BUND Meersburg. Steiger und seine Mitstreiter beobachteten, dass der Rückgang der Schwalben eine ähnliche Kurve zeige, wie der Rückgang an Insekten. Denn auch in Deutschland sei die Nahrungsknappheit für die Schwalben ein Problem.
Schwalben brauchen „fliegendes Futter“
Es gebe Initiativen, um Kunstnester für Schwalben anzubringen, so Steiger. Zusammen mit dem Umweltschutzamt wurden in einer Meersburger Straßenunterführung mehrere Nester für Schwalben angebracht. Manche davon wurden bewohnt. Wilfried Steiger betont jedoch, dass die Behausung für die Tiere ein geringeres Problem sei als die Nahrungsknappheit. Ihm zufolge ernähren sich Schwalben fast ausschließlich aus der Luft. Sie brauchen also „fliegendes Futter“.
Steiger selbst hat noch einen Vorschlag im kleinen Rahmen: Er habe auf seinem Grundstück ein Insektenhotel aufgestellt und, um für reichlich Bewohner zu sorgen, daneben eine kleine Blühwiese angelegt. Denn bevor Insekten zur Nahrung für andere werden, brauchen sie selbst erstmal Futter. Viele Menschen hängen emotional an den Schwalben, sagt der Naturschützer: „Die Leute standen schon fast weinend neben mir.“ Wilfried Steiger wünscht sich mehr Bewusstsein für diese „ganz besonderen Vögel“.