Für die Innenstadt von Wehr brachte das neue Jahrtausend die lange ersehnte Erlösung: Im September 2000 – also genau vor 25 Jahren – wurde ein erstes Teilstück der Wehrer Umgehungsstraße eingeweiht. Es waren zwar nur etwa 1,5 Kilometer Straße, aber sie brachte eine völlig neue Lebensqualität für die Wehrer Innenstadt. Donnerten bis zu diesem Tag rund 15.000 Fahrzeuge – davon unzählige Lastwagen – durch die Wehrer Hauptstraße, wurde es fortan deutlich ruhiger.
Jahrhundertprojekt seit den 1960er-Jahren in Planung
Seit den 60er-Jahren gab es Pläne für eine Ortsumfahrung für den Verkehr zwischen Schopfheim und Bad Säckingen. Vor allem die Hauptstraße mit ihren vielen Ladengeschäften litt unter dem Durchgangsverkehr der B518, die durch das Herz der Stadt führte. Aber auch die Schopfheimer Straße oder die Öflinger Straße waren von Lärm und Abgasen belastet. Doch eine Lösung war schwer zu finden. Eine Trassendiskussion und die fehlende Unterstützung der Politik sorgten dafür, dass die Planung nur zögerlich voranging. Erst zu Beginn der 80er-Jahre konnte Bürgermeister Otto Wucherer eine weitgehende Einigkeit unter den Fraktionen über die Lage der Ortsumgehung erzielen. Allerdings strich die Landesregierung das Straßenverkehrsprojekt 1985 von der Prioritätenliste – die erhoffte Innenstadtentlastung rückte wieder in weite Ferne.

Der 1987 ins Amt gewählte Bürgermeister Klaus Denzinger erkannte den hohen Stellenwert einer Umgehungsstraße für die Stadtentwicklung und suchte sich Mitstreiter in der Politik. „Die Bundestagsabgeordneten Werner Dörflinger und Rainer Offergeld haben entscheidend mitgeholfen“, erinnert sich Denzinger. Hinzu kamen als Unterstützer der damalige Staatssekretär im Landeswirtschaftsministerium, Gundolf Fleischer, und das SPD-Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags, Robert Antretter.
Der Spatenstich war ein besonderer Coup
Dass die Stadt überhaupt in den Genuss einer Ortsumfahrung kam, ging auf einen Coup Denzingers zurück: Obwohl es noch keinen offiziellen Planfeststellungsbeschluss gab, organisierte er einen „symbolischen ersten Spatenstich“ für das Bauwerk. „Ich wusste, dass wir den Spatenstich machen, dann aber monatelang nichts mehr gehen wird. Aber das konnte ich offiziell damals nicht sagen“, so Denzinger. Knapp 100 Einsprüche waren in dem Verfahren eingegangen, die meisten konnten in der Folge abgearbeitet werden.
„Es war der wichtigste Spatenstich meiner Amtszeit“Klaus Denzinger, Altbürgermeister
Mit dem ersten Spatenstich am 15. März 1991 galt die Umgehungsstraße als „begonnenes Projekt“, was ihre grundsätzliche Finanzierung sicherte. „Wehr stand damals in knallharter Konkurrenz zu anderen Orten, wie beispielsweise Zell im Wiesental, die ebenfalls für ihre Ortsumfahrungen kämpften.“ Als dann auch noch die Wiedervereinigung absehbar war,
wurde Denzinger klar, dass mit dem Bau begonnen werden muss, bevor die Finanzmittel des Bundes zu anderen Infrastrukturprojekten im Osten abfließen.
Ein Meilenstein für die Stadtentwicklung
Für Denzinger war es „der wichtigste Spatenstich meiner Amtszeit“ und einer der bedeutendsten der Stadtentwicklung. „Bei der stetigen Zunahme des Verkehrs ist es heute unvorstellbar, was passiert wäre, wenn die Umgehungsstraße nicht gekommen wäre“, resümiert Denzinger heute und verweist auf andere Gemeinden wie Schwörstadt, Bad Säckingen und Waldshut-Tiengen, die bis heute unter dem zunehmenden Durchgangsverkehr leiden.
Über neun Jahre lagen zwischen dem ersten Spatenstich und der Eröffnung des ersten Teilstücks im Norden im September 2000. Bis die Umgehungsstraße komplett fertiggestellt wurde, sollte es noch weitere sieben Jahre dauern. Ende September 2007 wurde das Gesamtprojekt dem Verkehr übergeben. Aber mit dem neuen „Anschluss Mitte“ begann ein weiteres Kapitel zur besseren Anbindung der Innenstadt an die B518.
Die Einweihung der Umgehungsstraße eröffnete auch ganz neue Möglichkeiten der Stadtentwicklung, insbesondere die Umgestaltung der Hauptstraße, die zur Landesstraße wurde, wo fortan Tempo 20 gilt.