Aus protestantischer Perspektive war Owingen auch nach dem Zweiten Weltkrieg eine echte Diasporagemeinde. Die erste evangelische Familie war laut früheren Berichten und Chroniken der heutigen Kirchengemeinde im Jahr 1912 in die Linzgaugemeinde gekommen. Kirchenrechtlich gehörte Owingen Anfang der 1970er Jahren noch zu der Auferstehungsgemeinde Überlingen. Mit der Gründung einer zweiten Gemeinde am Überlinger Burgberg 1977 wurde es von dort betreut.

Heute steht die Johanneskirche ganz im Grünen.
Heute steht die Johanneskirche ganz im Grünen. | Bild: Hanspeter Walter

Als der junge Protestant Karl-Friedrich Reiner, der von der schwäbischen Alb stammte, 1969 auf Anhieb zum Bürgermeister Owingens gewählt wurde, war dies für ihn auch aus konfessioneller Sicht eine ganz ungewohnte Situation. „Ich kannte den heiligen St. Nikolaus im Grunde gar nicht, das war für mich überhaupt kein Begriff“, erinnert er sich heute zurück.

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Doch die versprengten evangelischen Christen kamen damals zu ihren Gottesdiensten in der St.-Nikolaus-Kapelle zusammen, die noch im Eigentum des Markgrafen von Baden war und zum Kloster Salem gehörte. Dies war allerdings nur in den Sommermonaten möglich, da das kleine Gotteshaus über keine Heizung verfügte. Im Winter stellte die politische Gemeinde Owingen schon unter ihrem Bürgermeister Josef Fischer den Sitzungssaal des Rathauses für Andachten und Gottesdienste zur Verfügung.

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Inzwischen war die evangelische Gemeinde allerdings langsam, aber sicher angewachsen. In den Jahren nach dem Krieg hatte es einige Flüchtlinge aus Ostpreußen und Schlesien an den Bodensee verschlagen. Später kamen aufgrund der großen Nachfragen Ingenieure und Facharbeiter aus ganz Deutschland zu den großen Betrieben nach Überlingen, Immenstaad und Friedrichshafen, von denen sich viele auch in Owingen niederließen und evangelisch waren.

Gemeinde kaufte zwei Grundstücke

Vor diesem Hintergrund hatten die Owingen Protestanten schon ab Anfang der 1960er Jahre mit dem Gedanken gespielt, eine eigene Kirche zu bauen. Im Bereich des Bebauungsplans Hofäcker kaufte die Gemeinde dafür zwei Grundstücke unterhalb des Kapellenwegs, um neue Entwicklungsmöglichkeiten zu haben. Mitte der 1960er Jahre wurden die Pläne Schritt für Schritt konkretisiert und die Baugenehmigung eingeholt.

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Spenden wurden gesammelt und noch 1969 konnte der Grundstein für die Johanneskirche gelegt werden. Umfangreiche Eigenleistungen trugen dazu bei, dass das modern gestaltete Gotteshaus schon 1971 eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Für die künstlerische Gestaltung der Westfassade war die Überlingerin Barbara Michel-Jägerhuber verantwortlich.

Gemeindearbeit einst in der Johanneshütte

Später bekam die Gemeinde vom Bodenseewerk kostenlos ein kleines Fertiggebäude geschenkt, das neben der Kirche aufgestellt wurde und als Provisorium für die Gemeindearbeit diente. In die Annalen ging es als sogenannte Johanneshütte ein. Erst viel später, Ende der 1990er Jahre, sollte nach dem Pfarrhaus auch ein Gemeindezentrum entstehen. An die Johanneshütte erinnert heute ein bunter Bauwagen zwischen Pfarrhaus und Kirche, der seit kurzer Zeit für die Jugendarbeit genutzt wird.

Das Owinger Gotteshaus heute.
Das Owinger Gotteshaus heute. | Bild: Hanspeter Walter

Die Owinger Gemeinde wuchs stetig und wurde ab 1986 zu einer selbstständigen und selbstbewussten Gemeinde, die mit Silvia Johannes eine Pfarrvikarin und dann auch die erste Pfarrerin bekam. Bis heute ist sie mit Pfarrer Michael Schauber, der ein besonderes Auge auf die jungen Christen richtet und Jahr für Jahr zum Ende der Ferien eine Kinderbibelwoche anbietet, lebendiger denn je.

Wieder engere Zusammenarbeit mit Überlingen

Aus arbeitsökonomischen Gründen gibt es seit einigen Jahren wieder eine engere Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde Überlingen im Rahmen einer Dienstgemeinschaft. Dies gestattet es den Pfarrerinnen und Pfarrern auch, sich mit eigenen Schwerpunkten hier wie dort einzubringen.

Ab 2005 mehrere Sanierungen nötig

Schon gut 30 Jahre nach der Einweihung musste sich die Gemeinde ab 2005 zweimal mit Sanierungsmaßnahmen befassen. Zunächst musste das Dach saniert werden. 2008 musste schließlich auch eine Isolierglasfassade vor die westliche Gebäudewand gesetzt werden, um energetische Voraussetzungen zu erfüllen.

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Dies konnte nur im Sinne des engagierten Umweltteams „Grüner Gockel“ sein, das schon 2006 unter Pfarrer Fobel gegründet worden war. „Die Arbeitsdichte nimmt für uns Pfarrer immer mehr zu“, sagt Pfarrer Michael Schauber: „Doch wir haben eine sehr aktive und lebendige Gemeinde.“