Nein, so hundertprozentig sicher scheinen sich die Owinger doch nicht gewesen zu sein. Und Bürgermeister Henrik Wengert hatte es bis zuletzt spannend gemacht und sich das Bekenntnis für den Neujahrsempfang aufbewahrt. Als Wengert dann kurz vor 18 Uhr erklärte, bei den Wahlen im Oktober ein drittes Mal seinen Hut in den Ring zu werfen, waren die letzten Zweifel beseitigt. Jubelrufe waren zu vernehmen und lang anhaltender Beifall brandete auf.

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Ja, die Owinger sind mit ihrem Schultes zufrieden – und er mit ihnen auch. Auf der Leinwand hatte der Bürgermeister nach einem filmischen Arbeitsnachweis neben den Schlagwörtern Ideen und Mut die Begriffe „Zusammenarbeit – Zusammenhalt – Zuversicht“ projiziert. Ein Dreiklang, der das öffentliche Leben in der Gemeinde tatsächlich prägt. Vor diesem Hintergrund sprach er seine Mitbürger direkt an: „Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir im Oktober wieder ihr Vertrauen schenken würden.“ Schon das rappelvolle Kultur|O, in dem bei mehr als 400 Gästen fast kein Stuhl frei blieb, durfte dem Bürgermeister in dieser Frage zumindest schon mal Hoffnung machen.

Mit über 400 Owingerinnen und Owingern stieß der Neujahrsempfang im Kultur|O auf großen Zuspruch.
Mit über 400 Owingerinnen und Owingern stieß der Neujahrsempfang im Kultur|O auf großen Zuspruch. | Bild: Hanspeter Walter

Vorvorgänger schafft 32 Amtsjahre

Mit seiner angekündigten Kandidatur pirscht sich Wengert langsam an seinen Vorvorgänger Karl-Friedrich Reiner heran, der von 1969 bis 2001 dreimal wiedergewählt wurde und 32 Amtsjahre absolvierte. Wer hätte berufener sein können als der 80-jährige Pensionär, um den Zusammenschluss der Gemeinde als „Linzgauer Erfolgsgeschichte“ zu rekapitulieren. Dabei konnte Reiner manches spannende und kuriose Detail der Verwaltungsreform in Erinnerung rufen, deren letztes Kapitel im Jahr 1975 mit der „Eingemeindung“ des widerspenstigen Billafingens als viertem Teilort abgeschlossen worden war. Den 50. Jahrestag wolle Owingen 2025 nicht nur gemeinsam feiern, sollte Bürgermeister Henrik Wengert später formulieren: „Wir wollen es richtig krachen lassen.“

Dass für die Verwaltungsreform Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre die Zeit gekommen war, machte Karl-Friedrich Reiner als damals verantwortlicher Rathauschef an unterschiedlichen Punkten deutlich. Mit Blick auf die bevorstehenden Vorbereitungen zur Bundestagswahl erinnerte er daran, dass der Ratsschreiber damals noch das Einwohnerverzeichnis durchblättern musste, um die Wahlberechtigten im Mindestalter von 21 Jahren händisch herauszufiltern. „Mit allen Fehlern, die auf diese Weise passieren konnten“, sagte Reiner.

Das Harmonika-Orchester bereicherte den Empfang mit anspruchsvollen Melodien.
Das Harmonika-Orchester bereicherte den Empfang mit anspruchsvollen Melodien. | Bild: Hanspeter Walter

Werben um Bambergen und Billafingen

Bei den Gesprächen und Verhandlungen um den Zusammenschluss benachbarter Gemeinden, habe er lange um eine Einbeziehung von Bambergen nach Owingen gebuhlt, erklärte Karl-Friedrich Reiner. Da er höchstens ein Feuerwehrauto habe anbieten können, sei Überlingens Bürgermeister Reinhard Ebersbach mit einem Hallenbad erfolgreicher gewesen. Selbst der amtierende Billafinger Ortsvorsteher Markus Veit erfuhr dabei noch Neues. Nachdem der Verbleib in der Selbstständigkeit abgelehnt worden sei, habe der damalige Bürgermeister Josef Gnädinger eine Verwaltungsgemeinschaft mit Überlingen angestrebt. Erst als dieser Wunsch keine Akzeptanz gefunden hatte, ließ sich Billafingen auf Owingen ein und sollte mit mehreren Auszeichnungen zu einem Aushängeschild werden.

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Infrastruktur soll weiter ausgebaut werden

In seiner Neujahrsansprache ließ der Rathaus-Chef die wichtigsten Projekte des vergangenen Jahres Revue passieren und skizzierte die anstehenden Vorhaben. Es gelte auch in Zukunft, „die Infrastruktur weiter auszubauen und den Wohlfühlfaktor zu verbessern“. Grundlage dafür seien konstant gestiegene Gewerbesteuereinnahmen. Dies belege einmal mehr, dass die Erweiterung des Henkerbergs eine „goldrichtige Entscheidung“ gewesen sei. Das aktuelle Haushaltsvolumen sei mit 27,6 Millionen auf Rekordniveau, sagte er. Auch wenn die Pro-Kopf-Verschuldung weiter auf 23 Euro reduziert werden konnte, ist Wengert nicht ganz zufrieden mit der finanziellen Situation. Hier sei Owingen nicht alleine, sagte er und appellierte mit einem Bonmot an die Politik: „Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt.“

Er setzt mit Erfolg auf Zusammenarbeit, Zusammenhalt und Zuversicht: Im Oktober will sich Bürgermeister Henrik Wengert um eine dritte ...
Er setzt mit Erfolg auf Zusammenarbeit, Zusammenhalt und Zuversicht: Im Oktober will sich Bürgermeister Henrik Wengert um eine dritte Amtszeit bewerben. | Bild: Hanspeter Walter

Als stellvertretender Bürgermeister dankte Gemeinderat Jörg Schirm am Ende Henrik Wengert für dessen enormes Engagement zum Wohle der Gemeinde und lud die Gäste zum Stehempfang ein. Bewirtet wurden sie von den Alt-Owinger Trachten, das üppige Buffet hatten wieder die Elternbeiräte von Schule und Kinderhäuser gemeinsam gezaubert.

Sie war einst die erste Frau im Owinger Gemeinderat: Die jetzige Überlingerin Elisabeth Hornstein (links) mit Hedwig Petautschnig in der ...
Sie war einst die erste Frau im Owinger Gemeinderat: Die jetzige Überlingerin Elisabeth Hornstein (links) mit Hedwig Petautschnig in der Alt-Owinger Tracht. | Bild: Hanspeter Walter

Musikalisch begleitet wurde der Empfang vom Harmonika-Orchester Owingen unter der Leitung von Wolfgang Zysk. Das Ensemble zeigte eindrucksvoll, welch anspruchsvolle Musikstücke sich mit diesen Instrumenten gemeinsam auf die Bühne bringen lassen, und erntete dafür großen Applaus. Bereits Tradition ist es in Owingen, im Rahmen des Neujahrsempfangs die Blutspender zu ehren.