Nur einen Tag vor der Kanzlerwahl stellte die SPD mit der Benennung ihres Personals für das Regierungsteam die letzten Weichen für den Machtwechsel.

Die Sozialdemokraten wollen vier Frauen und drei Männer ins Kabinett schicken. Angeführt werden die Sozialdemokraten in der Regierung von Vizekanzler Lars Klingbeil, der auch Parteichef ist. Die umstrittene Co-Vorsitzende Saskia Esken ging dagegen leer aus.

Das geplante Minister-Tableau des neuen Kabinetts: Friedrich Merz (oben, l-r, alles Archivfotos), Lars Klingbeil, Johann Wadephul, ...
Das geplante Minister-Tableau des neuen Kabinetts: Friedrich Merz (oben, l-r, alles Archivfotos), Lars Klingbeil, Johann Wadephul, Alexander Dobrindt, Bärbel Bas, Katherina Reiche, Boris Pistorius (Mitte, l-r), Stefanie Hubig, Karsten Wildberger, Patrick Schnieder, Verena Hubertz, Karin Prien, sowie Carsten Schneider (untere Reihe, l-r), Dorothee Bär, Nina Warken, Alois Rainer, Thorsten Frei und Reem Alabali-Radovan. | Bild: dpa

Nach den letzten Personalentscheidungen unterzeichneten die Vorsitzenden von Union und SPD als Grundlage für ihre Regierungsarbeit den Koalitionsvertrag mit dem Titel „Verantwortung für Deutschland“. Merz kündigte an, die Koalition wolle „ab morgen unser Land kraftvoll, planvoll, vertrauenswürdig“ regieren. Klingbeil erklärte: „Deutschland hat alles, was es braucht. Jetzt braucht es eine Regierung, die daraus etwas macht.“

Nur ein SPD-Minister bleibt im Amt

Der 47-Jährige steigt neben Merz zum mächtigsten Mann auf und übernimmt als Vizekanzler das Finanzministerium. Neben ihm holt die SPD vier Frauen und zwei Männer ins engere Regierungsteam, das aus dem Kanzler und 17 Bundesministern und -ministerinnen besteht. Die Union hatte ihr Personal bereits vor einer Woche benannt.

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Aus der alten Regierung von Olaf Scholz macht nur ein SPD-Bundesminister weiter: Boris Pistorius bleibt für Verteidigung zuständig. Die bisherige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas wird als Arbeitsministerin die wichtigste SPD-Frau im Kabinett.

Zwei SPD-Frauen unter 40

Klingbeil hat sich ein Kabinett aus vielen engen Vertrauten zusammengestellt – darunter neue und vor allem auch junge Gesichter, wie er es nach dem desaströsen Ergebnis seiner Partei bei der Bundestagswahl versprochen hatte. Entwicklungsministerin wird die erst 35-jährige bisherige Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan, deren Eltern aus dem Irak stammen. Nur zwei Jahre älter ist die Start-Up-Gründerin und jetzige Vizefraktionsvorsitzende Verena Hubertz, die das Bauministerium übernimmt. Beide hatte Klingbeil schon in den vergangenen Jahren offensiv unterstützt.

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Umweltminister wird der bisherige Ostbeauftragte Carsten Schneider aus Thüringen. Als Justizministerin wechselt die Juristin und bisherige rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (56) nach Berlin. Auch die beiden Staatsministerposten der SPD werden mit Frauen besetzt: Elisabeth Kaiser, bisher Parlamentarische Staatssekretärin für Bauen und Wohnen, wird Beauftragte für Ostdeutschland. Natalie Pawlik, bisher Beauftragte für Aussiedlerfragen, wird für Migration, Flüchtlinge und Integration zuständig sein.

Klingbeil fordert „echtes Teamplay“

Die neue Regierung brauche „mehr denn je echtes Teamplay“, mahnte Klingbeil vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags an. Als Motto für Schwarz-Rot gab er aus: „Deutschland braucht weniger Verwalter und mehr Möglichmacher.“

CSU-Chef Markus Söder forderte „Volldampf für Deutschland“. „Es wird nicht alles über Nacht gehen.“ Man müsse aber mit der Umsetzung der Beschlüsse aus dem Koalitionsvertrag zu einem neuen „Deutschlandtempo“ kommen. „Es ist Zeit für einen neuen Optimismus.“

Gesamtkabinett: Größer, männlicher, älter

Das neue Kabinett wird insgesamt etwas größer, männlicher und älter sein als es die Ampel-Regierung von SPD, Grünen und FDP war, als sie 2021 antrat. Das Durchschnittsalter steigt von 50,4 auf 53,1 Jahre. Das liegt vor allem an den elf Unionisten in der Regierung, allen voran Kanzler Merz (69). Sie sind im Schnitt 55,5 Jahre alt, die Sozialdemokraten dagegen nur 49,4 Jahre.

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Wegen der Neugründung des Digitalministeriums gibt es künftig 18 statt bisher 17 Kabinettsmitglieder. Zum zweiten Mal in Folge wächst die Regierung damit. Darunter sind zehn Männer und acht Frauen. In der ursprünglichen Regierung Scholz waren es neun Männer und acht Frauen. Nach der Ablösung von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) durch Pistorius verschob sich das Verhältnis allerdings später auf zehn zu sieben.

SPD wählt Fraktionsspitze am Mittwoch – Parteivorsitz offen

Die SPD muss mit der Nominierung ihres Regierungsteams auch die Fraktionsspitze neu sortieren. Mit den SPD-Parteiflügeln verständigte sich Klingbeil, dass der Parteilinke Matthias Miersch Fraktionschef werden soll. Fraktionsmanager, also Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, soll dafür Dirk Wiese vom konservativeren Seeheimer Kreis werden.

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Auch die Neuaufstellung der Parteispitze muss bald geklärt werden. Sie soll auf einem Parteitag im Juni neu gewählt werden. Es wird erwartet, dass Klingbeil als Parteichef weitermachen will – mit wem zusammen, ist aber offen. Möglich wäre, dass auch Esken erneut antritt. Dann könnte es auf dem Parteitag sogar zu einer Kampfabstimmung kommen.

Spahn führt Unionsfraktion – CSU wählt Dobrindt-Nachfolger

Die Union klärte auch noch wichtige Personalien und wählte den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit einem Ergebnis von 91,3 Prozent zum Nachfolger von Merz an die Fraktionsspitze im Bundestag. Zum neuen Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer wurde der bisherige Vizevorsitzende Steffen Bilger gewählt. Der 46-jährige Rechtsanwalt aus Ludwigsburg folgt auf Thorsten Frei, der Kanzleramtschef werden soll.

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Die 44 CSU-Abgeordneten werden künftig von dem 50-jährigen Franken Alexander Hoffmann geführt. Er löst Alexander Dobrindt ab, der Bundesinnenminister werden soll. (dpa)