Nelio ist voll in seinem Element: Mit Handschuhen und Klemmbrett erklärt er den Schaulustigen, was es mit dem Leichenfund im Chemieraum auf sich hat – und was die kommissarische Schulleiterin Rebecca Wohlwender damit zu tun hat. Was nach einem Fall für die Polizei klingt, ist eine der vielen Projekttags-Präsentationen an der Salemer Gemeinschaftsschule. Am Schulfest anlässlich deren zehnjährigen Bestehens zeigen alle Projektgruppen, womit sie sich zum Schuljahresende beschäftigt haben.

Achtklässler Nelio zeigt, was er an den Projekttagen über Kriminaltechnik gelernt hat.
Achtklässler Nelio zeigt, was er an den Projekttagen über Kriminaltechnik gelernt hat. | Bild: Altmann, Miriam

Auf den Plakatwänden und an den Mitmachstationen bekommen die Eltern, Ehemaligen und weitere Interessierte einen Einblick beispielsweise ins Töpfern, das Erfinden von Spielen oder über bestrittene Mountainbike-Touren. Am Tisch von Lehrerin Elke Gutenkunst knüpft David gerade ein Knotenkunstwerk nach der Makramee-Technik: „Das macht Spaß und entspannt einen“, meint der Fünftklässler.

Lehrerin Elke Gutenkunst (Mitte) hilft David (rechts) bei seinem Makramee-Projekt. Dessen Mitschüler Philipp schaut neugierig zu.
Lehrerin Elke Gutenkunst (Mitte) hilft David (rechts) bei seinem Makramee-Projekt. Dessen Mitschüler Philipp schaut neugierig zu. | Bild: Altmann, Miriam

Nelios Gruppe „Kriminaltechnik“ habe sich mit der Tatort-Untersuchung und der Auswertung von Spuren befasst, erzählt der Achtklässler. „Wir haben nach verdächtigen Sachen gesucht, Fingerabdrücke abgenommen und festgestellt, dass sie zu Frau Wohlwender gehören“, verrät er schmunzelnd. Die Festnahme steht noch aus, weshalb die kommissarische Rektorin unbehelligt ihre Begrüßungsrede halten kann.

Die kommissarische Schulleiterin Rebecca Wohlwender hält eine kurze Begrüßungsrede: „Wir können mit Stolz sagen, dass wir eine Schule ...
Die kommissarische Schulleiterin Rebecca Wohlwender hält eine kurze Begrüßungsrede: „Wir können mit Stolz sagen, dass wir eine Schule für alle sind und Erfolgsgeschichten schreiben“, bekundet sie. | Bild: Altmann, Miriam

Gemeinschaftsschule prägt Persönlichkeiten

„Vor zehn Jahren wurde der Grundstein für unsere Gemeinschaftsschule gelegt und seitdem haben wir eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen“, verkündet Wohlwender. So entlasse man jedes Jahr junge Persönlichkeiten, die an sich glauben, und ermögliche auch Inklusionskindern und geflüchteten Jugendlichen den Start ins Berufsleben oder den Übergang an weiterführende Schulen. „Wir können mit Stolz sagen, dass wir eine Schule für alle sind und Erfolgsgeschichten schreiben.“

Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Ehemalige strömen zum Schulfest.
Schüler, Lehrkräfte, Eltern und Ehemalige strömen zum Schulfest. | Bild: Altmann, Miriam

Den Beleg dafür liefern die Laufbahnen der Ehemaligen, die Teil des ersten Gemeinschaftsschul-Jahrgangs waren: Benedikt Zauner beispielsweise machte sein Abitur an der Gemeinschaftsschule Graf Soden in Friedrichshafen, besuchte mittels Sportstipendium für ein Jahr ein College in den USA und hat bereits die erste Zusage für einen Physiotherapie-Studienplatz. Shannon Paul schloss das Überlinger Wirtschaftsgymnasium ab, bereiste anschließend Australien und Neuseeland und strebt nun die gehobene Laufbahn beim Zoll an. Klaus Sellke ist biologisch-technischer Assistent und arbeitet seitdem in Tübingen bei Curevac.

Persönliche Erfolgsgeschichten

Alle drei sind sich einig, dass ihnen die Zeit an der Gemeinschaftsschule Salem zur Selbstständigkeit verholfen habe. „Man hatte viel mehr Möglichkeiten als in den normalen Schulstrukturen“, findet Klaus Sellke. Während er aus der Grundschule noch „Tafelunterricht“ gewohnt gewesen sei, habe er nun viel freier gearbeitet, seinen eigenen Arbeitsplan erstellen und das Erreichte dokumentieren müssen. Shannon Paul bestätigt das: „Wir hatten viele Freiheiten und die Chance, Verantwortung zu übernehmen.“ Neben vielen sozialen und außerschulischen Aktivitäten hebt sie das gute Verhältnis unter den Schülern und zu den Lehrern hervor. „Wir hatten eine wunderschöne Zeit hier“, bilanziert sie.

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Ruhiger Start nach emotionaler Diskussion

Christine Schill, die zwei Jahre lang ihre Klassenlehrerin war, freut sich über das Wiedersehen: „Das sind ganz tolle Schüler gewesen. Sie waren sehr engagiert und man konnte sich auf sie verlassen.“ Die Einführung der Gemeinschaftsschule sei gleichzeitig ihr erstes Dienstjahr gewesen – für Ruth Wenzel hingegen war es das letzte. „Ich habe von 1979 bis 2015 hier unterrichtet und war damals offen“, verrät die Pensionärin, die weiterhin ehrenamtlich an ihrer alten Wirkungsstätte tätig ist. Nach einer im Vorfeld emotional aufgewühlten Stimmung sei das erste Jahr als Gemeinschaftsschule ruhig verlaufen. Kritisch sieht sie heute die unübersichtliche Bildungslandschaft mit ihrer Vielzahl an Schularten und Abschlüssen: „Es ist eine Herausforderung, auf den vielen Niveaustufen zu unterrichten“, weiß Wenzel.

Ruth Wenzel hat von 1979 bis 2015 am Bildungszentrum unterrichtet und stand der Einführung der Gemeinschaftsschule offen gegenüber, ...
Ruth Wenzel hat von 1979 bis 2015 am Bildungszentrum unterrichtet und stand der Einführung der Gemeinschaftsschule offen gegenüber, sieht heute jedoch auch Schwierigkeiten. | Bild: Altmann, Miriam

Die ehemaligen Elternbeiräte des Startjahrgangs blicken auf „eine schöne und erfolgreiche Zeit“ zurück, sagt Christine Sorg. Gemeinsam mit Thomas Möller und Birgit Zauner ist sie sich einig, dass man viel bewegt habe. „Der erste Kampf war, dass die Inklusionsklasse von der Fritz-Baur-Grundschule hier weitermachen durfte“, erinnert sich Zauner.

Der Elternbeirat der ersten Generation (von links): Thomas Möller, Birgit Zauner und Christine Sorg.
Der Elternbeirat der ersten Generation (von links): Thomas Möller, Birgit Zauner und Christine Sorg. | Bild: Altmann, Miriam

Zwar habe der Frankreich-Austausch während der Pandemie pausiert, doch freue sie sich, dass es jetzt weitergehe. „Zur Zukunft der Schule gehört, dass man einen garantierten Oberstufenplatz hat“, wünscht sich Birgit Zauner darüber hinaus. „Unsere Kinder haben Glück gehabt, dass sie ihren Wunschweg gefunden haben.“