Kommunikation auf Augenhöhe: Achtklässler Samuel erklärt im Physiksaal das Phänomen der Kippfiguren und Salems Bürgermeister Manfred Härle und der Landtagsabgeordnete und Gemeinderat Klaus Hoher hören aufmerksam zu. Als Kultusministerin Theresa Schopper an den Tisch tritt, gibt Härle sein erworbenes Wissen direkt weiter. „Was sieht man da?“, fragt er und erläutert dem Gast aus Stuttgart, dass die Abbildung je nach Blickwinkel eine junge oder eine alte Frau zeigt. Das Konzept des praxisorientierten, selbst organisierten Lernens scheint auch bei den Erwachsenen gleich zu verfangen.
Grüne holen Ministerin nach Salem
Schopper besucht die niveaudifferenzierte Biologiestunde an der Gemeinschaftsschule Salem jedoch nicht in erster Linie, um etwas über den Aufbau und die Funktion des Auges zu lernen. Die kommissarische Schulleiterin Rebecca Wohlwender macht deutlich, dass man große Themen besprechen wolle: „Es geht um die Stärkung der Schulart Gemeinschaftsschule und die Stärkung des Standorts in Salem.“ Initiatorin des Besuchs war Hedi Christian, ehemalige Vorsitzende des Grünen-Ortsverbands Salem/Heiligenberg. „Theresa Schopper war Fraktionsgeschäftsführerin in München, ich in Stuttgart“, verweist sie auf eine über 30-jährige Bekanntschaft. „Ich habe relativ schnell eine Zusage bekommen und mich sehr gefreut.“

Auch die Ministerin ist sehr angetan von ihrem ersten Besuch in Salem. „Ich danke Ihnen, dass Sie das möglich gemacht haben“, sagt sie in großer Runde. Schülersprecher, Kollegen, Elternbeiratsvorsitzende, der Bürgermeister und Gemeinderäte der verschiedenen Salemer Fraktionen, die beiden Landtagsabgeordneten des Bodenseekreises, Vertreter des Schulamts und Schulleitungen der benachbarten Gemeinschaftsschulen stehen bereit, um die Delegation zu empfangen. „Die Gemeinschaftsschule ist die neueste Schulart, die wir haben“, betont Schopper. Daher müsse man den Blick darauf lenken, mit welchen Methoden den Kindern ein umfassendes Lernen im jeweils eigenen Tempo ermöglicht werde.
Austausch an Lernstationen und im Café
So gelangen auch alle Gäste mit den Achtklässlern an den Lernstationen auf drei Niveaustufen schnell ins Gespräch. Auch bei der Verköstigung durch die Schülerfirma „Café Vogelnest“ zeigt sich der hohe Besuch offen und nahbar. „Ich habe auf einer Berghütte gearbeitet, ich komme aus dem Allgäu“, verrät die Ministerin den Schülern. Daher zeigt sie vollstes Verständnis, als sich die Bestellungen angesichts der großen Besucherschar verzögern und die Zustellung durch die wechselnden Gesprächsrunden an den Stehtischen schwierig wird.

Nach ihrem ersten Eindruck von der Salemer Gemeinschaftsschule gefragt, entgegnet Schopper mit einem Wort: „Toll!“ Bürgermeister Manfred Härle wirft launig ein: „Wenn der Bürgermeister daneben steht, kann man ja auch nichts anderes sagen.“ Die Ministerin kann ihre Meinung jedoch mit Argumenten unterfüttern. Durch die drei Niveaustufen und die praxisorientierte Projektarbeit werde das Interesse der Kinder geschürt und die Selbstwirksamkeit gestärkt. Der Einwurf von FDP-Mann Hoher, er liebe alle Schularten, wird von den Kollegen der anderen Fraktionen sowie vom Bürgermeister mit amüsiertem Gelächter quittiert. Unvergessen sind allen noch die Debatten, die der Umstellung auf die neue Schulart vorausgingen, die im Sommer ihr zehnjähriges Bestehen feierte.
Nicht öffentliche Runde zur Zukunft
Die Schülersprecher Lara Schmid und Jonas Felix haben die undankbare Aufgabe, die Delegation zur Einhaltung des Zeitplans anzumahnen. Charmant und unaufdringlich lotsen sie jedoch alle von der Kaffeepause zur nichtöffentlichen Diskussionsrunde, in der es um die politische Unterstützung der Gemeinschaftsschulen gehen sollte. Wie Wohlwender im Nachhinein mitteilt, habe man über die Möglichkeiten gesprochen, die sich aus den schulgesetzlichen Änderungen ergeben, um eine Oberstufe oder eventuell einen Oberstufenverbund einzurichten. Ein weiterer Fokus habe auf der Attraktivitätssteigerung für Gymnasiallehrkräfte gelegen, an Gemeinschaftsschulen zu unterrichten.
Die kommissarische Schulleiterin betont, dass Theresa Schopper von den innovativen Ansätzen der Schule beeindruckt gewesen sei: „Was hier vor Ort erreicht wird, welche Erfolgsgeschichten an der Schule schon geschrieben wurden – das verdient großen Respekt“, zitiert sie die Ministerin. Daher bedaure Wohlwender, dass viele Salemer Kinder an Realschulen anderer Gemeinden abwandern: „Uns wurde bestätigt, dass wir gute Arbeit leisten, aber wir müssen noch die Eltern davon überzeugen.“