Schlossverwalterin Birgit Rückert beginnt die Führung über das Schlossgelände: „Sie können sich vorstellen, dass es in so einem historischen Ambiente nicht ganz einfach ist, das zu gestalten. Es ist kein Fußballstadion.“ Beim Soundcheck für die Salem Open Airs vibrierten schon mal die Fensterscheiben, auch Ein- und Ausgänge seien hier ein Thema, zudem die Zugänge für die benötigten Materialien: „Da wird ja lastwagenweise Technik angekarrt.“
Eine Gruppe Leserinnen und Leser des SÜDKURIER darf vor dem Eros-Ramazzotti-Konzert hinter die Kulissen der Salem Open Airs blicken. Begleitet werden sie dabei von Birgit Rückert, Yasmin Voit vom Marketingteam des Veranstalters Allgäu Concerts und dem Überlinger SÜDKURIER-Lokalchef Stefan Hilser.
Beim Gespräch hinter der Bühne, auf der währenddessen die letzten Handgriffe getan werden, werden Erinnerungen ans Vorjahr wach. Da wurde nämlich ein Konzert im Schlosshof aufgrund eines Unwetters abgebrochen. „Sie müssen da aber keine Sorge haben wegen heute. In 40 Jahren war das unsere erste Absage deshalb“, beschwichtigt Yasmin Voit und Birgit Rückert ergänzt: „Wir haben vor jedem Konzert eine Lagebesprechung, damit im Ernstfall dann alles so schnell gehen kann wie im letzten Jahr.“ Sie stünden auch permanent in Kontakt mit dem Flughafen Friedrichshafen, denn dort habe man die besten Wetterdaten.
Auch untereinander werde der Kontakt stets gehalten: mit Walkie-Talkies. „Handys können Sie vergessen mit so vielen Leuten auf dem Gelände“, begründet Rückert. Dabei sei aber eines klar: „Abgebrochen wird nur bei Gefahr für Leib und Leben. Wenn es einfach nur regnet, wird man halt nass.“
Auch Sting besichtigte vor seinem Konzert das Schloss
Dann heißt es auch schon: Hinein ins Gebäude, denn hier befinden sich die ehemaligen Stallungen. Hier durfte die Schlossverwalterin auch schon Sting willkommen heißen, denn er gehöre zu den Künstlern, die sich ums Konzert herum die Zeit nähmen, die Gegend zu erkunden. „Viele andere haben einen so engen Zeitplan, dass sie vorher nicht mehr eine Führung durchs Schloss machen“, sagt sie. Sting hingegen schieße sogar selbst Fotos von allen Orten, an denen er auftrete.
Über die Jahre ist Birgit Rückert so bereits einigen Künstlern persönlich begegnet. Seit 2004 finden die Konzerte bereits in dieser Form im Schlosshof statt.
Neben den Stallungen ist die Einsatzzentrale
Neben den Stallungen, die in der Vergangenheit auch schon einmal als Künstlergarderobe gedient haben, befindet sich die Einsatzzentrale. Hier behalten Enrico Amici und Allgäu-Concerts-Geschäftsführer Stefan Bernhard die Lage im Blick.
Die ist komplex, das betont Rückert mehrfach. Allein die Koordination möglicher Termine bietet einige Herausforderungen, müssen doch sowohl die Ferienzeiten der Internatsschüler als auch Sondertermine wie Hochzeiten in der Schlosskirche berücksichtigt werden. „Diese Koordinationsaufgaben fangen rund zwei Jahre vor dem eigentlichen Konzert an“, sagt sie.
In diesem Jahr ein Konzert mehr als üblich
Auch die Anwohner müssten geschont werden, auch wenn es hier deutlich weniger gebe als etwa am Meersburger Schlossplatz: Daher sei die Anzahl der Konzerte begrenzt. Normalerweise fänden vier statt, in diesem Jahr sind es fünf, um die Pandemiezeit etwas auszugleichen.
Es sei überdies geprüft worden, dass die Veranstaltungen dem denkmalgeschützten Gebäude nicht schadeten, repektive der beim Soundcheck vibrierenden Fensterscheiben. Und eben dieses Denkmal, zumindest einen Teil davon mit der Residenz des Abtes, zeigt Birigt Rückert dann ihren Gästen bei der exklusiven Führung des SÜDKURIER.
Das Münster stammt noch aus dem Mittelalter
Ganz unten wartet bereits eine Besonderheit: Hier stehen historische Feuerlöscher. Denn das Gebäude war einst aufgrund eines defekten Ofens abgebrannt; die wiederaufgebaute Version stammt daher aus der Barockzeit und nicht, wie das ursprüngliche Anwesen, aus dem Mittelalter. Aus der Ursprungsepoche ist lediglich das Münster erhalten geblieben. Aus dem Großbrand jedenfalls sei dann in der Folge gelernt worden.
Es geht die Treppe hoch in die Gemächer des Abts. Dabei ist auffällig, wie schlicht seine Privaträume sind im Vergleich zu Vorzimmer, Audienzzimmern und Veranstaltungssaal. Überall da, wo der Abt Gäste empfing, die oft hochrangig waren, finden sich prunkvolle Wandverzierungen und sogar Statuen.

Eine Frau mit Papstkrone zieht die Blicke auf sich
Eine davon zieht besonders die Blicke auf sich. Die Kirche – auf Lateinisch „Iglesia“, ebenfalls grammatisch weiblich – wird durch eine Frauenfigur dargestellt, die die damals aktuelle Papstkleidung inklusive Krone trägt. „Dass die Frau die Papstkrone trägt, das ist untypisch“, meint Besucherin Gisela Schrempp. „Wobei man nicht weiß, ob Frauen nicht früher einmal doch in höheren Positionen zugelassen waren, da war die Kirche eh offener, da haben Frauen heiraten dürfen“, meint Claudia Straßer. Gisela Schrempp ergänzt: „Aus heutiger Sicht irritiert diese Darstellung jedenfalls.“
Gisela Schrempp erzählt, sie sei schon mehrmals bei Führungen durchs Schloss dabei gewesen, dennoch habe sie den Abend sehr interessant gefunden: „Man entdeckt immer noch etwas Neues.“
Yasmin Voit lauscht ebenfalls neugierig und erklärt später: „Das war wirklich spannend, mir war Vieles davon auch noch neu. Ich habe hier noch nie eine Führung mitgemacht.“

Für Gabi Droxner und Barbara Schweikart ist es die erste Schlossführung in Salem. Auch sie sind begeistert, vor allem von der Art, wie Birgit Rückert erzählt. „Das war schön knackig, wie sie alles erklärt hat“, lobt Droxner. Sie hätten vor allem die Decken fasziniert, die schlicht und edel gehalten seien. „Und es gab dieses eine Bild im ersten Audienzzimmer; das fand ich so schön, das hätte ich am liebsten mitgenommen.“ Barbara Schweikart hingegen besucht generell gern Schlösser. Sie sei von Schloss Salem positiv überrascht, auch wenn ihr Favorit in Meßkirch stehe.