Es ist schon dunkel, als auf dem Parkplatz am Helios-Spital in Überlingen Autos teils von weit her ankommen und sich die Fahrer, meist mit einem Zettel in der linken oder rechten Hand, auf die Suche nach dem Impfzentrum begeben, das hier seit dem 23. November in Betrieb ist. Lange müssen die jüngeren und älteren Impfwilligen nicht Ausschau halten: Ein Ehrenamtlicher des Technischen Hilfswerks Überlingen weist ihnen den Weg um das Gebäude herum bis zu den zwei ausgeschilderten Impfstraßen.
Impfungen gibt es im Helios nur mit Termin
Nur mit Termin werden hier Erst-, Zweit- und Affrischungsimpfungen gegen das Coronavirus verabreicht. Teils stundenlanges Anstehen wie bei den Impfterminen der mobilen Impfteams des Landkreises fällt weg. Es handelt sich um ein gemeinsames Angebot der Klinik und der Stadt Überlingen. Geschäftsführer Robert Brandner erklärt bei einem Rundgang, dass das Impfen mit Termin anfänglich ein Test war, weil bereits bekannt war, wie groß der Andrang bei den mobilen Teams ist. Nun bleibt man dabei.

Los ging es mit 120 Impfungen innerhalb von vier Stunden, schnell war man bei 220 Impfterminen in demselben Zeitraum. Geimpft wird dienstags bis freitags jeweils von 16 bis 20 Uhr. „Jetzt bieten wir noch zusätzlich samstags Impftermine“, sagt Brandner. Vorgesehen sind 320 Impftermine jeweils von 9 bis 15 Uhr. Der erste verfügbare Samstag ist – wenig überraschend – komplett ausgebucht.
Personal aus der Klinik – vom Arzt bis hin zum Verwaltungsangestellten – helfen nach Ende ihrer üblichen Arbeitsschicht, dass das Impfangebot im Helios als externe, zusätzliche Aktion funktioniert. Das Technische Hilfswerk (THW) und das Rote Kreuz (DRK) unterstützen ehrenamtlich bei der Umsetzung. Pressesprecherin Julia Stapel erklärt: „Wir können knackig auf zwei Impfstraßen impfen. Es gibt zwei Räume für die Anmeldungen und zwei Räume für die Impfungen.“ Anmelde- und Anamnesebogen sind ausgefüllt mitzubringen. „Wir hatten aber auch schon Fälle, wo jemand angerufen hat, weil er zu Hause keinen PC hat. Da können wir es auch gemeinsam kurz durchgehen“, sagt die Pressesprecherin.

Die Laune in den beiden Impfkabinen ist gut. Pflegerin Andrea Rösch ist eine von denen, die an diesem Mittwochabend im Dienst sind. „Läuft gut“, lässt sie auf Nachfrage kurz wissen und macht weiter. Denn an der Tür steht schon die nächste Patientin bereit. Gleichzeitig sind acht Mitarbeiter des Helios‘ im Einsatz, hinzu kommen die Helfer von THW und DRK. Geschäftsführer Robert Brandner hält mit seinem Stolz auf das Helios-Team nicht hinter dem Berg: „Alle Pfleger, Ärzte und anderen Mitarbeiter haben eine riesen Bereitschaft gezeigt. Es ist wirklich beeindruckend, was wir an Zuspruch erfahren haben.“ Auch THW und DRK sprechen Brandner und Stapel ihren Dank aus.

Helios-Teams setzt sich gemeinsames Ziel
Im Helios habe sich ein „Impfspirit“ eingestellt. Mit Ablauf dieser Woche werden 2000 Impfdosen verimpft sein. Laut Brandner wurde die Terminkette bis 22. Dezember ausgeweitet. Nach den Feiertagen geht es weiter. „Unser Ziel ist es, bis Ende Januar 10 000 Impfungen zu schaffen“, sagt Brandner. Dieses Ziel habe sich die Mannschaft gemeinsam gesetzt – natürlich abhängig von der Impfbereitschaft der Menschen. Die Mitarbeiter rotieren bei den Impfterminen. Das Pflegepersonal wird von Pflegedirektorin Daniel Kiesel eingewiesen. Bei den Ärzten ist der Ärztliche Direktor Christoph Miltenberger für die Einweisung verantwortlich. Gerade sieht er an den Impfstraßen nach dem Rechten.

Bis auf Weiteres nur Moderna-Impfstoff
Geimpft wurde zunächst mit dem Vakzin Biontech. Bis auf Weiteres kommt der Impfstoff Moderna zum Einsatz. „Wir müssen weiter mit Moderna impfen, weil Biontech stark reglementiert ist“, sagt Helios-Geschäftsführer Robert Brandner. Aber: Nur für unter 30-Jährige und Schwangere gibt es keine Empfehlung für Moderna, sagt Pressesprecherin Julia Stapel. Alle anderen können den Impfstoff erhalten. Stapel kann sich für die Zukunft vorstellen, dass das Helios, sollte wieder Biontech verfügbar sein, diesen gerade an unter 30-Jährige und Schwangere abgibt.
Wer erst- oder zweitgeimpft oder geboostert ist, wird gebeten, sich zur Sicherheit noch zehn Minuten in einem Aufenthaltsraum hinzusetzen. Dieser liegt am Ende der beiden Impfstraßen in der Nähe des Haupteingangs. Eine Frau sagt: „Die geben sich hier sehr viel Mühe. Ich warte lieber hier zehn Minuten als irgendwo unangemeldet fünf Stunden.“ Eine andere Dame beschreibt die Impfung ebenfalls als unkompliziert und die Mitarbeiter „als sehr zuvorkommend“.
Betreut werden sie zu diesem Zeitpunkt von Jörg Mattausch vom DRK. Er ist seit 63 Jahren Mitglied im Überlinger Ortsverband und war lange Jahre Vorsitzender der Sozialstation Überlingen. „Es ist ganz klar, dass man aushilft, wenn Not am Mann ist“, sagt Mattausch. Er ist knapp über 80 Jahre alt und würde erste Hilfe leisten, wenn es jemand nach der Impfung beispielsweise mit dem Kreislauf zu tun bekäme. Doch allen geht es gut.

Robert Brandner zufolge holen sich die Menschen zum großen Teil ihre Boosterimpfungen ab. Die Anmeldung ist unter www.helios-gesundheit.de/kliniken/ueberlingen möglich. „Das Tolle an dem Tool ist, dass nichts weggeworfen wird. Die Teilnehmerzahl entspricht den Impfdosen“, sagt Helios-Pressesprecherin Julia Stapel. Bleibt widererwarten doch mal eine Impfdosis übrig, wird diese spontan vor Ort verimpft. Dieser Fall kommt aber quasi gar nicht vor.
Julia Stapel verweist stattdessen auf das Anmeldungsportal, in das die neuen Impftermine regelmäßig eingestellt werden. Ist doch mal jemand wegen einer Erstimpfung im Helios, wird derjenige gleich über das weitere Prozedere unterrichtet. Etwa zum zeitlichen Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung. Die Zweitimpfung erhält die Person ebenfalls in der Klinik. „Wir müssen noch organisieren, dass sie digital angeschrieben werden, um ihren Zweittermin zu erhalten“, sagt Brandner.
Situation auf den Corona-Stationen zieht an
Bei allem Teamgefühl zwischen Klinikpersonal, THW und DRK sowie der Zufriedenheit der geimpften Personen wird aber auch klar, weshalb sie alle an diesem Mittwochabend im Helios sind – und nicht zum Beispiel zum Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Die Corona-Pandemie rollt in einer vierten Welle über Deutschland. „Wir sind vom Intensivplatz komplett ausgelastet. Wir merken auch auf den Corona-Stationen, dass es anzieht“, sagt Geschäftsführer Brandner. Ob am Helios bereits Operationen verschoben wurden, um das System zu entlasten? „Bis jetzt noch nicht. Aber der Corona-Krisenstab hat diese Maßnahme im Auge“, erklärt Brandner und eilt zu seinem nächsten Termin. Der Weg zu den beiden Impfstraßen ist inzwischen hell beleuchtet. Der THW-Mitarbeiter am Parkplatz verabschiedet sich mit einem freundlichen „Tschüss“.