Noch ist nicht entschieden, wann Überlingen seinen eigenen runden Geburtstag feiern soll. Historisch korrekt nach den neuesten Erkenntnissen erst im Jahr 2023 – aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben –, oder wie ursprünglich geplant, organisatorisch eingepreist und mit gutem Gewissen vertretbar mit der Landesgartenschau 2020, für die das große Stadtjubiläum schließlich ein gewichtiges Argument lieferte? So viele Wahlmöglichkeiten hat die Stadt bei runden Geburtstagen prominenter Mitbürger und Anrainer nicht – die lassen sich nicht einfach schieben, da wird es auch keine neuen Erkenntnisse geben. Heikle Herausforderungen sind es allemal, wenn es zum Beispiel den 90. Geburtstag von Schriftsteller Martin Walser zu würdigen gilt, der 2017 zugleich sein 50. Jahr in Nußdorf vollmacht.
Ein bisschen Aufschub hat Überlingen zwar, da am Freitag, 24. März, wohl auf der Leipziger Buchmesse ein Geburtstagsständchen angestimmt wird. Dennoch ist Kulturreferent Michael Brunner die Anspannung anzumerken, wenn er auf die Kulturprogrammplanung 2017 und der kommenden Jahre blickt. Zumal Walsers letzter öffentlicher Auftritt im Kursaal am 14. September 2014 eine sehr sensible Geschichte war, wie man im Buch der Literaturwissenschaftlerin Susanne Klingenstein über diese Premiere der gemeinsamen Lesungen spüren kann. Entlastend sei für die Stadt zwar, dass es einige andere Festveranstaltungen geben werde, sagt Brunner: "Doch ich weiß, dass man sehr genau darauf achtet, was Überlingen macht.
" Nun ist bekannt, dass spätestens seit ein gewisser Peter Lenk aus dem überseeischen Bodman den Literaten am Brunnen auf dem Landungsplatz auf ein müdes Pferd gesetzt hat – das liegt erst 18 Jahre zurück –, Martin Walser mit der Überlinger Innenstadt mächtig fremdelt. Doch just der Bildhauer und Provokateur Lenk wird im Juni 70 Jahre alt und soll zu diesem Zeitpunkt mit einer Ausstellung die städtische Galerie an der Promenade zu einem lohnenden Ziel machen. Schließlich waren bei der jüngsten Lenk-Ausstellung im Jahr 2003 allein am letzten Öffnungstag noch mehr als 1000 Besucher in den "Faulen Pelz" geströmt.
Bei einem neuerlichen Projekt dieser Art müsse man allerdings noch genauer auf die Statik und Belastung durch gewichtige Exponate schauen, sagt Brunner. Hier wie da ist der Kulturreferent noch auf Sponsorensuche. Allerdings ist Brunner die geplante Festveranstaltung für Walser natürlich so wichtig, dass er vor dem Hintergrund knapper Kassen zur Finanzierung gleich die Streichung der noch verbliebenen winterlichen Rumpftheaterreihe in den Ring geworfen hat. Was ausgerechnet im 50. Jahr des Bestehens des Abonnementtheaters im Kulturausschuss auf keine Gegenliebe stieß und mit Murren bedacht wurde. Der Kulturchef sei eben gehalten, für zusätzliche Sonderprojekte einen Deckungsvorschlag beizubringen, so Oberbürgermeisterin Sabine Becker. Details der Überlegungen will Brunner noch nicht preisgeben, dazu sei die Sache zu delikat. Konkreter wird er beim Blick auf das städtische Museum, wo den Kulturfreunden in den nächsten Jahren Tierisches ins Haus steht.
"Tierbilder und Tiermythen. Vom Mittelalter bis heute" lautet der Arbeitstitel für 2017. Die Ausstellung solle das Thema erstmals interdisziplinär behandeln, aus kunsthistorischer, zoologischer und volkskundlicher Sicht. Zumindest an die Mythen schließt sich 2018 nahtlos das Thema Monsterforschung an – unter dem Stichwort "Von der Antike bis zu Dracula".
Musik und Wortmenue
Die Partnerschaft mit der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz geht nach der erfolgreichen Premiere weiter. Voraussichtlich am 3. Juni 2017 wird Marcus Bosch in einem Sonderkonzert in der Franziskanerkirche dieses Mal die Symphonie Nr.3 d-Moll von Anton Bruckner dirigieren. Für Orchester und Publikum sei die Akustik hier ein "ganz spezielles Klangerlebnis", sagt Michael Brunner: "Man wird geradezu umspült von der Musik." Schon Ende April steht die fünfte Auflage des Bodensee-Musikpreises für Nachwuchstalente der Musikhochschulen auf dem Programm. Instrument dieses Wettbewerbs in Kooperation mit Mozartgesellschaft und Rotary-Club ist 2017 die Trompete. Auftakt ist am 25. April im Rathaus. Turnusgemäß wird im Frühjahr wieder zwei Wochen das Wortmenue serviert (4. bis 18. Mai). Im Herbst werden wieder Jüdische Kulturtage stattfinden – in ihrer sechsten Auflage.