Überlingen – Hermann-Josef Faupel kommt sich vor wie Don Quijote im Kampf gegen Windmühlen. Seit Jahren ärgert der Rechtsanwalt und sechsfache Vater sich über den vielen Verkehr im Überlinger Stadtteil Dorf. "Hier werden auf zu engem Raum alle Verkehrsteilnehmer zusammengedrängt." Das führe zu chaotischen Verhältnissen und vielen Verkehrsverstößen. Da wird in der Aufkircherstraße wiederholt auf dem Gehweg geparkt und am Hänselebrunnen verbotenerweise links abgebogen.
Nach Faupels Beobachtung geraten Fußgänger, insbesondere Kinder auf dem Schulweg, in Gefahr. "Wir müssen die Kinder schützen, sie haben ein Recht darauf." Deshalb will er nicht mehr länger nur zusehen, sondern fotografierte alle möglichen Verstöße und schickt die Bilder, es sind mittlerweile über hundert, regelmäßig an die Polizei und an das Ordnungsamt mit der Aufforderung, stärker zu kontrollieren.
OB Zeitler bestätigt
Nun erzeugte Faupel mit seinem Nachdruck Aufmerksamkeit bei Oberbürgermeister Jan Zeitler. "Aufgrund lhres Schreibens habe ich mir über die Verhältnisse in der Aufkircher Straße ein persönliches Bild gemacht", so Zeitler in einem Brief an Faupel, der die Betreffzeile "Untragbare Verhältnisse im Dorf" trägt. Darin teilt Zeitler Faupels Einschätzung nicht nur aufgrund seiner eigenen Beobachtungen. Er schreibt auch, dass das Ordnungsamt die von Faupel beschriebenen Verhältnisse bestätige.
Zugeparkte Feuerwehrzufahrten
In dem auf 20. August datierten Brief schrieb Zeitler an Faupel, dass er das Ordnungs- und das Tiefbauamt gebeten habe, "Verbesserungen in diesem Bereich zu erarbeiten". Als Sofortmaßnahme werde der Bereich täglich kontrolliert. Zugleich bat Zeitler bei Faupel um Verständnis dafür, "dass die Kollegen nicht ständig vor Ort sein können, da wir sehr viele Schwerpunkte in der Stadt haben". Als Beispiel nannte er zugeparkte Feuerwehrzufahrten.
Auf Nachfrage bei der Stadtverwaltung zeigte sich, dass die Kontrollen im "Dorf" nicht unnötig waren. "Seit August wurden insgesamt 70 Verstöße geahndet", teilte Miriam Lara Hohage, Pressesprecherin der Stadt, Ende letzter Woche mit. Wie oft am Hänselebrunnen regelwidrig abgebogen wird, zeigt schlaglichtartig auch ein Zeitraffervideo, das für suedkurier.de am vergangenen Freitag produziert wurde.
Einzelhändler sensibilisieren
Das Ordnungsamt, so eine Ankündigung der Stadt, werde nun Kontakt mit den umliegenden Einzelhandelsgeschäften aufnehmen. "Das Parkverhalten von deren Kunden trägt mit zur Unübersichtlichkeit der Verkehrssituation bei", heißt es zur Begründung. Ziel sei eine Sensibilisierung durch Hinweisschilder im Schaufensterbereich (siehe "Es geht nur kurz um einen Wurstwecken").
Polizei: Wir schauen hin
Ginge es nach dem Willen Faupels, müsste auch die Polizei verstärkt tätig werden. Stattdessen, so seine Beobachtung, die er der Polizei vorwarf, würden die Beamten wegschauen oder Verstöße übersehen. Das rückt Revierleiter Günter Hornstein in ein anderes Licht. "Die Überwachung des ruhenden Verkehrs ist nicht die originäre Zuständigkeit der Polizei, sie obliegt dem Gemeindevollzugsdienst der Stadt", schreibt Hornstein in einer E-Mail an den SÜDKURIER. "Ungeachtet dessen haben wir diesen neuralgischen Punkt sowohl im täglichen Dienst als auch bei den derzeit durchgeführten Maßnahmen zur Erhöhung der Schulwegsicherheit, insbesondere im Bereich von Grundschulen, im Blick. Bei entsprechenden Verstößen schreiten wir ein."
"Fußgänger platt gemacht"
Hermann-Josef Faupel betont, dass es ihm gar nicht darum gehe, einzelne Autofahrer zu drangsalieren. Außerdem glaube er gar nicht daran, dass das Problem mit der Verteilung von Strafzetteln signifikant zu beheben ist.

"Ursache bleibt die Verkehrserschließung der Aufkircherstraße", so Faupels Auffassung. Im Zusammenhang mit der Planung zur Umwidmung der alten B 31 als künftigen Stadtring habe man den Fahrzeugverkehr in der Aufkircherstraße priorisiert, "und mit der Verschmälerung der Gehwege die Fußgänger geradezu platt gemacht". Faupels Traum: "Wie idyllisch könnte das Dorf ohne die Flut der einfahrenden Fahrzeuge sein?!"
Dazu die Frage an die Stadtverwaltung, ob es Überlegungen gebe, das Problem grundsätzlich anzugehen, statt die Verstöße nur zu sanktionieren. Antwort Pressesprecherin Hohage: "Der betreffende Bereich wird bei der nächsten Verkehrsschau mit der Polizei erneut untersucht. Derzeit sieht es aber so aus, dass aus technischer Sicht keine Änderungen möglich sind."
Parken beim Zugmantel: Es geht nur kurz um einen Wurstwecken
Wenn die Stadt davon spricht, Einzelhändler und Kunden sensibilisieren zu wollen, dann ist damit unter anderem die Metzgerei Zugmantel gemeint. Frieder Zugmantel verweist auf den für ihn positiven Effekt, dass die Kontrollen den Umschlag an den Kurzzeitparkplätzen beschleunigen und Dauerparker, die schlecht fürs Geschäft wären, vertreiben. Wobei er der Auffassung ist, dass bei "nicht groben Verstößen" die Gesetzeshüter ein Auge zudrücken könnten. Ihn störe, dass zwei Kurzzeitparkplätze an der Jodokkirche gestrichen wurden, sie sollten wiedereröffnet werden. Doch sei er froh, dass, im Vergleich zur Metzgerei in der Fußgängerzone, der Handwerker bei ihm für einen schnellen Wurstwecken vorbeifahren kann. (shi)