Sabine Busse

Die Arbeit ist anstrengend und pingelig sollte man auch nicht sein. Doris Waggershauser sortiert aus der Kiste mit den Tomaten die matschigen aus. Dann sieht die ehrenamtliche Helferin der Überlinger Tafel noch die Obst- und Gemüsekartons durch. Was in einwandfreiem Zustand ist, bringt sie in den Verkaufsraum. Da haben die Kollegen die Kühltheke schon mit Wurst, Käse und Fleisch bestückt. Die Brotregale füllt Fred Frank gerade. Der pensionierte Wirtschaftsingenieur hat heute um 7.30 Uhr angefangen, damit um 14 Uhr, wenn die Kunden kommen, alles bereit ist. "Uns geht es darum, Lebensmittel zu retten, Bedürftige teilhaben zu lassen und ihnen einen Treffpunkt zu bieten", sagt er. Fred Frank ist auch im Leitungsteam der Tafel aktiv, das die Dienstpläne für 60 ehrenamtliche Helfer macht und den Ablauf organisiert.

Lebensmittel aus Überlingen

Die Lebensmittel, die hier an Menschen mit einem Tafelausweis abgegeben werden, stammen von rund 50 Geschäften und Lieferanten aus Überlingen. Die Kunden zahlen pro Einkauf zwischen drei und sieben Euro, je nach Haushaltsgröße. Zwei Fahrer holen die Ware jede Woche mit dem Fahrzeug der Tafel ab. "Was wir bekommen, wissen wir vorher nicht", erläutert Fred Frank. Manchmal gibt es Schokolade, wie die Kisten mit den Nikoläusen im Eingang, aber wenig Grundnahrungsmittel. "Öl, Mehl und Reis sind lange haltbar und werden selten aussortiert, aber für unsere Kunden sind sie am wichtigsten." Diese Lücke stopft regelmäßig Franz Einsiedler vom Rotary Club, der dort Spenden sammelt und das Fehlende zukauft. Auch das Fahrzeug hat der Club gespendet.

Doris Waggershauser ist mit den Tomaten fast fertig. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern und ist seit 2004 dabei. "Ich möchte gerne helfen und dazu beitragen, dass die Leute, die hierher kommen weniger Sorgen haben." Auf die Migrantenfamilien angesprochen, die andernorts einheimische Kunden verdrängt haben sollen, meint sie: "Das ist hier kein Problem. Die Leute sind in der Regel freundlich und dankbar." Außerdem bekämen sie Hilfe von zwei Flüchtlingen. Die beiden Familienväter sind als Kunden zur Tafel gekommen und packen jetzt regelmäßig mit an. "Die meisten von uns sind ja schon ein bisschen älter. Da können wir junge Männer, die helfen Kisten auszuladen, gut gebrauchen."

Claudia Groß räumt nebenan im Café die Kuchentheke ein. "Wir wollen etwas Lebensqualität bieten", sagt sie und weist auf die mit Blumen dekorierten Tische. Jeder Gast bekommt hier für wenig Geld Kaffee und Kuchen. "Arm sein macht einsam", ergänzt sie. Dieser Treffpunkt sei wichtig für Begegnungen und Austausch.

Natürlich läuft auch hier nicht immer alles harmonisch. "Wir haben klare Regeln und ein gerechtes System", stellt Norbert Sieveking fest. Eine Viertelstunde vor Öffnung beginnt die Losausgabe. Jeder zieht eine Nummer, die besagt, wann er dran ist. "Es kommt schon einmal zu Diskussionen, aber wenn man es ruhig erklärt, ist das meistens schnell erledigt."

Die Ehrenamtlichen sorgen dafür, dass jede Woche 150 bis 200 Menschen für sich und ihre Familien im Tafelladen einkaufen können. Sie haben beobachtet, dass immer mehr alleinstehende ältere Frauen auf die Tafel angewiesen sind und vermuten eine höhere Dunkelziffer. Ihnen macht Fred Frank Mut: "Bei uns wird jeder wertgeschätzt als Gast und als Kunde."