Weil er mehr als 900 kinderpornografische Bilder und Videos auf seinem Rechner hatte und sie mit anderen Usern im Internet austauschte, musste sich ein Mann aus einer Linzgaugemeinde vor dem Amtsgericht Überlingen verantworten. Amtsrichter Alexander von Kennel verurteilte den 52-Jährigen am Ende des Verfahrens zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die er auf Bewährung aussetzte.
„Ich fühle mich nicht pädophil und hätte niemals Kinder im realen Leben angefasst“, erklärt der Angeklagte, während ihm Tränen die Wange hinunter laufen. Der Angeklagte unterrichtete als Lehrer viele Jahre an einer staatlichen Schule und behauptete, dass er nie den Wunsch verspürte, die Szenen aus den Filmen nachzustellen. Mit angewinkelten Ellbogen auf dem Holztisch abstützend, legte der Angeklagte immer wieder seine Stirn in beide Hände und starrte ins Nichts. Er wirkt während der Vernehmung stets abwesend und in sich gekehrt.
„Es begann am Anfang harmlos in einem Schwulenchat und entwickelte sich dann weiter“, sagte der Angeklagte. Er sei durch seine hypersexuelle Veranlagung gezwungen gewesen immer perversere Themen anzuschauen, um weiterhin Lust zu verspüren. Zudem sei die Hemmschwelle gefallen, weil er jeden Abend mehrere Flaschen Bier getrunken hätte. „Es war ein vernebeltes Spiel mit dem Feuer“, erklärte er. „Im Nachhinein kann ich froh sein, dass ich erwischt wurde, weil ich nicht wusste wo und wann das endet.“
„Als wir die Wohnung des Angeklagten morgens um 6 Uhr durchsucht haben, hatte ich den Eindruck, dass er nicht begriffen hat, was er da gemacht hat“, erklärte der leitende Kriminalbeamte aus Friedrichshafen bei der Zeugenvernehmung. Er hätte damals nicht wirklich begriffen, dass die Kinder auf den Bildern und in den Filmen leiden. Laut Kriminalbeamten war der Angeklagte trotzdem froh, dass die Polizei ihn erwischt hat. „Das ist in vielen Fällen so. Wenn man Ihnen klar macht, dass da echte Kinder abgebildet sind, dann merken viele erst, was da passiert“, sagte er.
In seinem Schlussplädoyer machte der Staatsanwalt deutlich, dass das Geständnis des Angeklagten umfassend und glaubhaft ist. „Trotzdem gab es einige Momente in denen ich stutzig wurde“, sagte er. Das Desinteresse an realen Kindern und die Unwissenheit wo alles geendet hätte, wenn er nicht erwischt worden wäre, passten laut Staatsanwalt nicht zusammen. Zudem hätten die Ermittlungen ergeben, dass der Angeklagte auch morgens die Bilder und Videos angeschaut hat. „Auch das Alkohol-Argument des Angeklagten ist deshalb hinfällig“, erklärte er. Zugunsten des Angeklagten sprach, dass er kooperativ im Ermittlungsverfahren gewesen sei, keine Vorstrafen habe und geständig gewesen sei. „Deshalb beantrage ich elf Monate Haft, die auf Bewährung ausgesetzt werden kann“, sagte der Staatsanwalt.
„Das sind Kinderpornos der übelsten Sorte. Durch den Konsum und die Weitergabe der Dateien ermöglichen Sie nicht nur anderen Menschen diese Bilder zu sehen, sondern füttern die ganze Szene mit Material“, sagte Richter von Kennel lautstark bei seiner Urteilsverkündung. Die höchste Strafe des Angeklagten sei, dass er seine berufliche Existenz verloren hätte. Trotzdem reiche eine Geldstrafe, aufgrund der Vielzahl an Bildern und der schrecklichen Videos, hier definitiv nicht aus. „Der Angeklagte wird deshalb zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt und muss bis Ende 2018 2000 Euro an den Kinderschutzbund Friedrichshafen bezahlen“, verkündete Richter von Kennel. Er hoffe, dass der Angeklagte daraus gelernt habe und wünsche ihm endlich selbst erwachsen zu werden.
Auswertung der Dateien
Zunächst werden die Festplatten der sichergestellten Geräte vom IT-Fachpersonal der Polizei gesichert. Sowohl die gelöschten Dateien, als auch die Ordner auf den Festplatten werden dabei berücksichtigt. Die Sichtung der Dateien findet erst im nächsten Schritt statt: Jede Datei wird dann von Ermittlern einzeln untersucht und klassifiziert. Um die zeitintensive Arbeit effizient zu erledigen, werden die vielen hundert Bilder und Videos auf großen Bildschirmen nebeneinander aufgerufen. Die Klassifikationsgruppen sind etwa Jugendpornografie, Kinderpornografie oder sogenanntes Posing.