Die kreativen Mitstreiterinnen des Frauenkaffees haben anscheinend jede freie Minute der kurzen Vorbereitungszeit genutzt und ein beeindruckendes Programm auf die Bühne gebracht. Gesamtleiterin Beate Braun begrüßt die Gäste in elegantem Glitzeroutfit, zu denen in diesem Jahr auch erstmals die ehemalige Bundesministerin Annette Schavan an der Seite von Gerlinde Kretschmann zählt. Die Moderatorin macht neugierig, welche ihrer Ausblicke in das Superwahljahr vielleicht Realität werden könnten.
Bei der Premiere im voll besetzten Kursaal geht es mit einer Entscheidung von Pfarrer Walter los, einem Lieblingsthema der Autorinnen. Auf der Bühne haben sich die Glocken der Überlinger Kirchen versammelt. Der Fuchs der Franziskanerkirche läutet zu früh und die Idee, „Hennefurz“, des Pfarrers, die Osanna-Glocke jeden Samstag zur Marktzeit läuten zu lassen, irritiert die Damen in ihren goldenen Glockenröcken. Auch die eifersüchtig beäugte Osanna-Glocke (Marianne Schappeler) mault: „Meine Work-Life-Balance ist durcheinander.“ Schließlich klappt die Ökumene, alle sind sich einig, das leer stehende Pfarrhaus zu besetzten, damit in Überlingen die Uhren nicht mehr anders laufen.
Die Akteure
Sticheleien, Gelächter und tolles Schlussbild
Das gelungene Bühnenbild und die toll gestalteten Kostüme greifen die Tänzerinnen von Ute Schröder für ihre erste Choreografie auf. Dem Glocken-Tanz sollen noch weitere sehenswerte in fantasievollen Kostümen folgen.
Beim zweiten Stückle geht es um Überraschungen im Familienkreis. Viel Stoff für Sticheleien und Missverständnisse sowie Gelegenheit für Marga Lenski (Mutter) und Heidrun Dett (Vater) zu glänzen. Bis sie endlich ihr Coming-out haben, wird viel spekuliert und in Erinnerungen gekramt. Dazu gehören auch die Oberbürgermeister der vergangenen Jahrzehnte – „alle haben sich stets ziemlich bemüht!“. Beim abschließenden „Familientreffen“ löst sich alles in einem tollen Schlussbild und viel Gelächter des Publikums auf.
Frauen ziehen alle Register
Für Erholung der Lachmuskeln und Zeit zum Schunkeln sorgt wie immer die Frauenkapelle Cellolitis. Musik ist auch das nächste Thema, bei dem die Damen auf der Bühne alle Register ziehen. Vor der Musikschule (Bühnenbild von Diana Lukas) wollen ehrgeizige Mütter ihren Nachwuchs zur musikalischen Früherziehung anmelden. Schnellsprecherin Frau Maier-Bödefeld (Elke Wigger) hetzt verbal durch die Überlinger Themenlandschaft. Das reicht von gesperrten Straßen über die rhythmische Namensfindung der Sprösslinge bis zur Frage, wem Ralf Ochs mit dem Muttertagskonzert eigentlich einen Gefallen tun will. In der Rolle der ambitionierten Schwangeren gibt Stephanie Wiest ihren gelungenen Einstand auf der Bühne.
Auch die Kommunalwahl ist Thema
Hoch hinaus geht es im nächsten Stück. Autorin Beate Braun holt die Horloch Wieber in die Stadt und verpasst der Gruppe frischen Wind. Die Damen wollen endlich wieder Sport machen, verwechseln aber Bowlen mit Bouldern und finden sich in einer perfekt nachgebauten Kletterhalle inklusive Trainerin (Alexa Wohlt) wieder. Beim Rätseln, was sie mit ihrer Freizeit machen könnten, kommt die rettende Idee: „Wir kandidieren alle für den Gemeinderat!“. Flugs ist die neue Partei „Starke Frauen für Überlingen“ erfunden. Auch Baptist darf mitmachen: „Du wirst der Quoten-Mann, nimmst uns die Arbeit ab, siehst nett aus, tust, was wir sagen und quasselst uns nicht so viel rein!“ So motiviert erklimmt Paula (Martina Porst) die Kletterwand und ruft unter begeistertem Jubel des Publikums: „Ich werde im Herbst die neue Oberbürgermeisterin von Überlingen!“.
Kulinarische Besonderheiten zum Spottpreis
Noch weiter „Uf de Heh‘“ geht es nach der Pause zur Besenwirtschaft nach Hödingen. Hier dominieren die Fragen, „Wie seid ihr hergekommen?“ – „Zu Fuß, also vom Parkplatz“ und „Was gibt es noch zu essen?“. Zuerst müssen die sprachlich überforderten Touristen auf Abstand gehalten werden, bevor es in einer kulinarischen Besonderheit zum Spottpreis gipfelt – veganer Wurstsalat ohne Zwiebeln.
Bei der ideenreich und technisch perfekt in Szene gesetzten SWR3-Quizshow werden der Moderator, die Sipplinger und die Überlinger gleichermaßen durch den Kakao gezogen. Ein drehbares Bühnenelement lässt die Orte mit ihren lokalpatriotischen, aber überforderten Kandidaten im schnellen Wechsel auftreten. Die Entscheidung liefert der größte Skandal: das Hotel Adler in Sipplinger oder der Schockanruf bei der stets lächelnden Elke Renker (gespielt von Elke Wigger).
Felchen schwimmen vor der Bodensee-Kulisse
Zum Schluss taucht das gesamte Ensemble ab. Beate Braun gibt vorab der Traditionsveranstaltung einen modernen Kick mit einer von künstlicher Intelligenz verfassten Anmoderation. Einziger Makel: „Die ist leider nicht auf Überlingerisch.“
Dann „schwimmen“ Felchen und Co. in fantasievollen Kostümen in einer von David Sorms kunstvoll gestalteten Bodensee-Kulisse. Dazu gesellen sich Oli Garch, Chef der Quagga-Muscheln aus dem Schwarzen Meer, und seine Helferinnen. Außer ihm sind alle schlecht gelaunt. Die Fische haben Hunger, der Kormoran bemängelt die mageren Felchen und nicht einmal der Müll, ein E-Roller, ist essbar. Es endet mit einem Lied der kleinen Felchen im See, die in den Obersee umziehen wollen. Ein wenig fröhliches Thema als Abschluss für einen lustigen, kurzweiligen Nachmittag mit einem gut gelaunten Ensemble, ideenreichen Stücken und sehenswerten Kulissen.