Die Fastnacht beginnt im Januar 2006 mit einem ordentlichen Rumms. Bevor in Überlingen die ersten Karbatschen schnellen, lösen sich in der Nacht auf den Dreikönigstag Felsbrocken am Sipplinger Ortseingang. Felsstücke, Erde und Bäume rollen den Hang hinab und bleiben auf der Seestraße liegen, wie der SÜDKURIER am Folgetag berichtet. Der betroffene Abschnitt wird für mehrere Tage gesperrt. Verletzte gibt es keine.

Dutzende Hilfskräfte und Behördenvertreter sind vor Ort. Sipplingens damaliger Bürgermeister, Anselm Neher, erklärt den Vorfall damit, dass Wurzeln womöglich die Molassefelsen gelockert haben könnten. „Wasser ist eingedrungen und die Sprengkraft des Frostes hat das seine dazu beigetragen“, sagt er.
Anwohner müssen nach Hangrutsch evakuiert werden
Dieser Vorfall bleibt nicht der Einzige in den folgenden Jahren. Immer wieder lösen sich Stücke am Felsen zwischen Sipplingen und Überlingen – oder der Hang gerät ins Rutschen. So auch im Frühling 2013: Einige Anwohner der Sipplinger Seestraße werden in dieser Zeit mehrmals evakuiert.

Stahlnetze, Schutzmauern, Tiefenanker oder etwa 250 mehrere Meter lange Felsnägel werden installiert, um für mehr Sicherheit zu sorgen.

Diese teuren Maßnahmen können weitere Vorfälle aber nicht verhindern. Im Mai 2016 rutscht der Hang erneut. Rund sieben Jahre später ist Überlingen-Goldbach der Schauplatz: In der Nacht auf den 27. Oktober 2023 stürzt nach Niederschlägen Geröll auf die Bahnhofstraße. Die Stadt sperrt die Strecke für fast zwei Wochen. Fast ein Jahr später kommt es wieder zu einem Felsabgang an dieser Stelle. Die Stadt sperrt den Abschnitt erneut ab und lässt ihn von Geologen untersuchen. Möglicherweise hängt dieser Vorfall mit starken Regenfällen zusammen, heißt es von der Stadt.

Klimawandel verschärft Risiko
Wie die Pressestelle des Regierungspräsidiums Freiburg erklärt, werden Felsstürze oder Hangrutsche auch in Zukunft am östlichen Bodenseeufer auftreten. „Wenn es im Zuge des Klimawandels zu vermehrten Starkregen- oder Dauerregenereignissen kommt, dann ist vermehrt damit zu rechnen“, erklärt Sprecher Matthias Henrich mit Bezug auf die Ingenieurgeologen des Regierungspräsidiums.
Im Sommer würden Felsstürze grundsätzlich durch Starkregenereignisse ausgelöst. Im Herbst oder im Frühjahr würden diese durch den Frost-Tau-Wechsel ausgelöst. Aber auch Stürme, die Entwurzelung von Bäumen, Erschütterungen, Wildtritt oder übermäßige Temperaturschwankungen könnten Sturzprozesse des Molassegesteins auslösen.
Wasser ist häufiger Auslöser
Bei Felsstürzen oder Hangrutschen spielt Wasser eine maßgebliche Rolle. Wie Henrich erklärt, haben Gesteinskörner bereits einen hohen Wassergehalt. Niederschläge könnten diesen erhöhen und somit auch das Gewicht der gesamte Gesteinsmasse verstärken. Das steigere wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass sich obere Gesteinsschichten oder Felsstücke in Bewegung setzen, so Henrich.
Wasser könne aber auch in Ritzen- oder Spalten der Molassefelsen gefährlich werden. Bereits bei kleinen Öffnungen können geringe Wassermengen einen hohen Wasserdruck erzeugen und dafür sorgen, dass sich Felsstücke an Hängen lösen.