„Wir müssen unbequem werden.“ Karl Niedermann, Rektor der Gemeinschaftsschule in Überlingen, kündigte an, dass er sich noch öfter zu Wort melden werde, um auf die Mängel hinzuweisen, die auf der Wiestorschule lasten. Ausdrücklich geht es ihm um das Schulgebäude. Der Unterricht sei gut, trotz der eingeschränkten Möglichkeiten. Sein Kollegium mache durch Kreativität und Engagement vieles wett. Er frage sich aber, wie lange das noch gut geht.
CDU-Veranstaltung mit allen Rektoren
Gelegenheit zu einer Wortmeldung bot ihm der CDU-Ortsverein von Überlingen in der Reihe „Ochsengschwätz“. Anlass war der aktuell diskutierte Schulentwicklungsplan, der als Option eine Verkleinerung der Realschule vorsieht. Wobei die Realschule nur ein Aspekt an diesem Abend im Ochsenkeller gewesen ist. Vielmehr ging es um den Zustand aller drei Schulen in Überlingen: Gemeinschaftsschule, Realschule und Gymnasium.
Millionen für Campus, Wiestor- und Realschule
Die drei Rektoren Karl Niedermann (Gemeinschaftsschule), Karin Broszat (Realschule) und Hans Weber (Gymnasium) wiesen auf einen riesigen Investitionsstau hin, der sich seit Jahrzehnten aufgebaut habe.
Gymnasium: Seit zwölf Jahren, sagte Hans Weber, liegen die Forderungen nach mehr Schulraum auf dem Tisch. Es sei bekannt und anerkannt, dass 700 Quadratmeter Unterrichtsfläche fehlen, und dass das alte Gebäude nicht sanierungsfähig ist. Ende 2019 habe die Schulbaukommission des Landes den Bedarf bestätigt und die finanzielle Förderung für den Campus zugesichert. Weber: „Die Planungsphase dauert nun schon eine Ewigkeit, wir müssen endlich in die Puschen kommen.“

Wiestorschule: Hier fehlen 1000 Quadratmeter, sagte Karl Niedermann. Das sei bekannt, seit die Gemeinschaftsschule an den Start ging. Seit 2014 gebe es das Versprechen für Baumaßnahmen, „seit 2019 ist der Raumnutzungsplan fertig, trotzdem passiert nichts“. Er nannte als Stichworte fehlende Rückzugsräume, fehlende Ästhetik, fehlendes Licht, fehlenden Schallschutz. „Wir brauchen einen Start, beziehungsweise eine Terminierung der Baumaßnahme. Schon aus psychologischen Gründen.“ Er fürchte, dass Kreativität und Engagement, das zur Kompensation der baulichen Mängel pädagogisch eingebracht werde, irgendwann nachlassen könnte: „Wenn wir wieder vertröstet werden!“
Realschule: An der Realschule gibt es, wenn man die prognostizierten Schülerzahlen zugrunde legt und Auswärtige nicht abweist, ebenfalls einen steigenden Raumbedarf. Zudem sei die Schule energetisch am Ende, wie Schulleiterin Karin Broszat berichtete.

FDP bangt um den Fortbestand der Realschule
Parallel zur CDU organisierte die FDP einen Ortstermin an der Realschule. Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Timm Kern, bezeichnete es als „den großen Traum von SPD und Grünen, eine Schule für alle zu schaffen“. Die FDP dagegen bevorzuge ein System, „bei dem jedes Kind die passende Schule“ findet. Die Diskussion am Abend stand unter dem Vorwurf der Partei, wonach „zum wiederholten Mal eine gut funktionierende Realschule der grünen Bildungsideologie geopfert werden“ solle.

Damit nimmt die FDP Bezug zu Salem, wo die Realschule unter Grün-Roter-Landesregierung in eine Gemeinschaftsschule umgewandelt wurde. Mit dem Ergebnis, so Überlingens Realschulrektorin Karin Broszat, dass die Eltern diese Schulform nicht annähmen, sondern weiterhin an der Realschule – in diesem Fall in Überlingen oder Markdorf – anmeldeten. Broszat: „Die Realität in Überlingen ist eine vier- oder fünfzügige Realschule.“ Überlegungen, sie auf drei Züge zu reduzieren, erteilte sie eine Absage.
Millionen müssen auch in die Grundschulen fließen
Warum überhaupt die Option einer Verkleinerung der Realschule? OB Jan Zeitler hatte einen Umzug schon 2018 ins Gespräch gebracht, wie einem Interview zu entnehmen ist, das er dem SÜDKURIER damals gab. Aktuell begründet die Stadtverwaltung einen möglichen Umzug damit, dass damit Platz geschaffen werden könne für die Ganztagsbetreuung an Grundschulen. Platzbedarf entsteht, weil ab 2026 ein Rechtsanspruch darauf besteht, zunächst für die Erstklässler, und mit jedem Jahrgang eine Klasse mehr.

Carmen Kindler, geschäftsführende Schulleiterin, bei der CDU-Veranstaltung: „Ab 2029 hat jeder Grundschüler Anspruch auf die ganztägige Förderung an fünf Tagen zu je acht Zeitstunden.“ Die rechtlichen Feinheiten müssten noch geklärt werden. In den Kommunen müsse man sich aber jetzt schon Gedanken machen „über Räume, Personal und pädagogische Konzepte“. Sie appellierte an die Stadtverwaltung und an den Gemeinderat, die Rektorate nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen, sondern sie in die Beratungen einzubinden.