Bereits im September 2019 hatte der Gemeinderat auf Anregung des Gestaltungsbeirats der Architektenkammer den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan im Altstadtquartier Fischerhäuservorstadt gefasst. Wie eine angemessene Entwicklung aussehen könnte, die dem historischen Charakter und dem wachsenden Bedarf an Wohnraum gerecht wird, da gingen die Meinungen im Bauausschuss, aber auch zwischen Stadtplanung und Anwohnern, die überwiegend Grundstückseigentümer sind, lange weit auseinander. Erstmals befürwortete der Gemeinderat nun mit großer Mehrheit einen inhaltlichen Entwurf für die künftige Bebauung und dessen öffentliche Auslegung. Lediglich Dirk Diestel und Kristin Müller-Hausser (BÜB+) votierten dagegen, Roland Biniossek enthielt sich der Stimme.
Je nach Perspektive gehen die Bewertungen des Entwurfes nach wie vor auseinander. Baubürgermeister Kölschbach sieht „eine wahrhaft erkennbare Innenentwicklung unter zeitgemäßen städtebaulichen Gesichtspunkten“, ohne dass der Charakter des gewachsenen Quartiers verloren gehe. Ziel des Bebauungsplans sei es, „eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten“. Verbunden damit sei insbesondere „die baukulturelle Erhaltung der städtebaulichen Gestalt und Siedlungsstruktur“.
Für die Anwohnerinitiative, die die Veränderungen mit großem Aufwand und mehreren maßstäblichen Modellen sichtbar zu machen versuchte und die Bürger über Nachbarschaftsgespräche beteiligt hat, sind die im Entwurf festgeschriebenen Dimensionen noch immer zu massiv. Zudem sehen die dortigen Gewerbetreibenden ihre Zukunft möglicherweise gefährdet. Neu ausgewiesene Baufenster seien jetzt schon als asphaltierte Parkfläche versiegelt, hält die Stadtplanung entgegen. Zum anderen hätten es die kritischen Haus- und Grundstückseigentümer selbst in der Hand, inwieweit sie die Bebauungsmöglichkeiten überhaupt ausschöpften.
Ansonsten habe man viele Anregung des Bauausschusses und der Anwohner aufgenommen, sagte Baubürgermeister Thomas Kölschbach: „Nichts ist hinter verschlossenen Türen verhandelt worden. Auf jede Mail gab es eine Antwort.“ Gerne hätte die Verwaltung zusätzlich eine öffentliche Informationsveranstaltung angeboten, so Kölschbach, doch sei dies wegen der Pandemie einfach nicht möglich gewesen. Dies werde man während des Verfahrens noch nachholen.
Stadt hat hier keinen Grundbesitz
Wichtige Argumente der Eigentümer seien zu wenig berücksichtig worden, beklagte Stadtrat Dirk Diestel (BÜB+). Die Stadt habe hier keinen Grundbesitz, deshalb müsse sich die Planung an den Wünschen der Anwohner ausrichten. Mit der Planung werde die Tür „für den Kommerz und eine unsinnige Nachverdichtung“ geöffnet. Das sah Walter Sorms (LBU/Grüne) anders. „Auch die Fischerhäuservorstadt kann noch schöner werden“, sagte Sorms. „Wir müssen mit der Nachverdichtung Ernst machen, aber auch die Balance halten.“
Ein gelungenes Beispiel von Bürgerbeteiligung erkannte Alexander Bruns (CDU). „Es kann allerdings nicht unsere Aufgabe sein, in vollkommendem Konsens mit den Anwohnern zu entscheiden“, erklärte er: „Das wäre auch undemokratisch.“ Das würde darauf hinauslaufen, so Bruns, dass jeder Eigentümer ein Vetorecht hätte. Dagegen sei es Verpflichtung des Gremiums, die berechtigten Belange zu berücksichtiger. Im Moment sei er optimistisch, dass dies gelinge.
Eric Hueber sieht im Entwurf zahlreiche Ungerechtigkeiten
„Die Planung lässt keine Wünsche offen“, brachte Oberbürgermeister Jan Zeitler seine Einschätzung auf den Punkt. Diese Bewertung würde Eric Hueber, Sprecher der Nachbarschaftsinitiative, allerdings nicht unterschreiben. „In vielen Detailfragen wurde nicht auf die Wünsche der Anwohner eingegangen“, sagt Hueber. Zum anderen weise der Entwurf zahlreiche Ungerechtigkeiten auf. In einem Bereich seien deutliche Erhöhungen möglich, im anderen Bereich jegliche Anhebung des bestehenden Firstes untersagt. Insbesondere die ausgewiesenen zweigeschossigen Gebäude mit steilem Satteldach auf dem aktuellen Parkplatz missfallen der Initiative.