Unser Bericht über Anwalt Andreas Wissmann schlägt Wellen. Der Überlinger berichtete davon, wie ihm ein Strafzettel auf den Tisch flatterte, dem jegliche Berechtigung fehlte. Er sollte 35 Euro dafür bezahlen, dass er angeblich eine Nacht lang sein Auto auf dem Kundenparkplatz eines Edeka-Marktes in Überlingen parkte. Er konnte das Gegenteil beweisen: Sein Auto, ein Elektro-Fahrzeug, hing die Nacht über nämlich an der Wallbox in seiner Garage. Zum Zeitpunkt des Berichts über Wissmann lagen unserer Redaktion insgesamt drei ähnlich gelagerte Fälle vor. Nun kommen drei weitere Fälle hinzu.

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1. Franz Schmidt aus Uhldingen

Franz Schmidt wohnt in Uhldingen-Mühlhofen. „Mir wurde vorgeworfen, über Nacht dort geparkt zu haben“, berichtete Schmidt dem SÜDKURIER nach Veröffentlichung des Berichts über Wissmann. Er sei an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zum Einkaufen gewesen, habe sein Auto über Nacht aber zu Hause geparkt. „Durch meine zuhause installierte Überwachungskamera konnte ich die Zeiten bei Ankunft und Abfahrt ermitteln. Dadurch hatte ich den Nachweis, dass mein Auto weder über Nacht noch zu lange auf dem Parkplatz war.“ Die Firma Betterpark habe sich bei ihm entschuldigt. „Ich frage mich allerdings, was wäre geschehen ohne meine Kamera?“

2. Roland Hipper aus Überlingen

Roland Hipper verfügte über keinen Nachweis. „Auch ich bekam überraschend letzten Monat eine Zahlungsaufforderung über 35 Euro wegen angeblicher Überschreitung der Parkzeit“, berichtet er. Er habe gründlich nachgedacht und weiß: Das kann gar nicht sein. Er habe das Gespräch mit dem Marktleiter gesucht, der ihm den Vorhalt gemacht habe, dass die Ein- und Ausfahrt per Videokamera überwacht werde. Auf diesen Einschüchterungsversuch hin musste Hipper einräumen, dass er kein beweiskräftiges Gegenargument wie Anwalt Wissmann mit seiner Wallbox zur Hand hatte.

„Wer hat das schon? Nicht mal das Datum oder die Uhrzeit konnte ich kontrollieren, denn den Kassenzettel hatte ich schon entsorgt.“ Beleg-Fotos der Überwachungskamera seien dem Schreiben der Firma Betterpark allerdings nicht beigelegen. Hipper: „Man hat also die Wahl zu bezahlen, oder sich mit der Firma Betterpark auseinanderzusetzen. Da ich kein Rechtsanwalt bin, schien mir das Gespräch mit dem Marktleiter am sinnvollsten. Ich konnte ihn überzeugen, dass ich nicht so lange geparkt haben konnte, und er hat dann den Eintrag gelöscht. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl.“ Nach seiner Beobachtung als langjähriger Kunde war auf dem Parkplatz stets genügend Platz. Die Notwendigkeit der Parkraumüberwachung zweifelt er deshalb grundsätzlich an.

Die Firma Betterpark ist mit der Überwachung des Edeka-Parkplatzes in der Lippertreuter Straße in Überlingen beauftragt. Dafür hat sie ...
Die Firma Betterpark ist mit der Überwachung des Edeka-Parkplatzes in der Lippertreuter Straße in Überlingen beauftragt. Dafür hat sie an verschiedenen Stellen Kameras installiert. | Bild: Hilser, Stefan

3. Günter Oellinger aus Überlingen

„Mir ist es genauso ergangen wie Herrn Wissman. Ich konnte belegen, dass mein Fahrzeug nicht über Nacht am Edeka-Parkplatz, sondern auf meinem Grundstück geparkt war“, berichtet Günter Oellinger. Er verwies Betterpark gegenüber auf Zeugen, die sein Alibi belegen könnten. Zunächst wollte er die Sache mit dem Marktleiter vor Ort klären, das klappte aber nicht.

„Die Marktleitung sei dafür nicht zuständig, so die Antwort nach meinem Vorsprechen, ich müsse mich direkt an Nexobility wenden.“ Er schrieb an Nexobility (die Firma, die hinter Betterpark steht) in einer Form, die einem Anwaltsschreiben gleich kommt. Es entsprach dem Duktus, den zuvor Nexobility in seiner einschüchtern wirkenden „Zahlungsaufforderung“ anklingen ließ. Und siehe da: „Die Zahlungsaufforderung wurde nach meinem Widerspruch storniert“, berichtet Oellinger. Was ihn allerdings enttäuschte, war der Umstand, dass Nexobility aus „Kulanzgründen“ einen Rückzieher machte, wo er sich eine Entschuldigung gewünscht hätte.

Und was antwortet die Überwachungsfirma?

Den Strafzettel verschickte nicht die Marktleitung, sondern die Firma Betterpark, die im Auftrag von Edeka den Parkplatz mit Kameras überwacht. Betterpark ist ein Tochterunternehmen der Nexobility GmbH in Stuttgart. Ein Unternehmenssprecher spricht von „seltenen Fällen, in denen es zu fehlerhaften Strafzetteln kommen kann“. Gegenüber unserer Redaktion begründete ein Unternehmenssprecher die Fehler mit „schlechten Witterungsbedingungen“, die Einfluss hätten auf die Lesbarkeit der Autonummern, oder „Reflexionen, die die Erkennung der Kennzeichen beeinträchtigen“.

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Zu der Frage, ob Nexobility Provisionen erhält, abhängig von der Zahl der beanstandeten Autofahrer, machte das Unternehmen mit Verweis auf Vertragsdetails, die man nicht offenlege, keine Angaben. Philipp Diebold vom Projektmanagement bei Nexobility ergänzt in einer E-Mail an unsere Redaktion: „Hierbei kann ich Ihnen und Ihren Lesern versichern, dass wir in keinster Weise irgendwelche ‚Abzockmethoden‘ betreiben. Dies können wir uns als europaweiter Vertragspartner aller großen Einzelhändler nicht leisten.“