Zweimal innerhalb kurzer Zeit trafen eine Überlingerin und ein 47-jähriger Mann an einem Morgen im September vergangenen Jahres aufeinander. Sie kannten sich nicht. Und ein Grund für das, was dabei passierte, ist auch nach den Schilderungen der Geschädigten und der Zeugen nicht erkennbar.
Der Mann, der sich jetzt vor Gericht wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung verantworten muss, äußert sich dazu nicht. Seit seine Einwände beziehungsweise Anträge zu Beginn der Verhandlung abgelehnt wurden, schweigt er.
Der Angeklagte behauptet, aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig zu sein, außerdem hält er den Richter für befangen und auch die Protokollantin will er ablehnen. Der Vorsitzende, Alexander von Kennel, sieht für keinen Punkt hinreichende Gründe und lehnt sie ab.
Mann bedroht Hundebesitzerin
Als erste tritt die Geschädigte in den Zeugenstand. Sie bittet darum, die persönlichen Angaben nicht öffentlich machen zu müssen, sie habe Angst, sagt sie mit Blick auf die Anklagebank. Die Überlingerin berichtete, wie sie an dem Tag im vergangenen Jahr gegen 8 Uhr morgens mit ihrem kleinen Hund an der Leine die Jakob-Kessenring-Straße entlang ging. Dort begegnete sie dem Angeklagten. Die Straße war zu der Zeit noch Baustelle und die Passanten mussten eng aneinander vorbeigehen.
Wie es ihre Gewohnheit sei, habe sie den entgegenkommenden Mann mit der Plastiktüte auch unbekannterweise gegrüßt, fügt sie an. Dann jaulte ihr Hund plötzlich auf. Die Ursache dafür konnte sie nicht erkennen, beruhigte das Tier und ging weiter. Auf dem Rückweg von ihrer Besorgung traf sie am Landungsplatz erneut auf den Mann.
Dieses Mal ging er sie offen an, fasste sie fest am Oberarm und drohte, erklärt sie vor Gericht: „Wenn dein Drecksköter wieder an mein Bein geht, trete ich ihn, bis er fliegt und dich schlage ich zusammen.“ Ein Arzt wird später ein Hämatom an ihrem Arm feststellen, dazu kann sie sich an seine geballte Faust vor ihrem Gesicht erinnern. Außerdem versuchte der Angreifer, den Hund zu treten.
Zeuge eilt Frau zur Hilfe
Dies hat auch der zweite Zeuge des Verfahrens beobachtet. Er war auf dem Weg zur Arbeit, als er auf den Konflikt aufmerksam wurde und der Frau zur Hilfe kam. Auf die Frage des Richters, welchen Eindruck der Hund auf ihn gemacht hat, sagt er: „Das war ein sehr kleiner Hund, der machte einen verängstigten Eindruck.“ Im Gegensatz dazu hätte der Mann aggressiv gewirkt.
Wenig später stieß ein weiterer Mann dazu, der ebenfalls als Zeuge aussagt. Die beiden boten der Hundehalterin an, die Polizei zu verständigen, was diese zunächst ablehnte. „Ich wollte kein Aufsehen“, erläutert sie vor Gericht. Als zufällig eine Polizeistreife vorbeifuhr, hielt sie einer der Zeugen an und die Beamten nahmen zu Fuß die Verfolgung des 47-Jährigen auf, der sich bereits entfernt hatte.
Auch einer der Polizisten ist heute im Zeugenstand und schildert dem Gericht seine Erinnerungen an den Tag. Den Beschuldigten, der ihm bereits bekannt gewesen sei, habe er schnell ausfindig machen können.
Vorfall beschäftigt Frau bis heute
„Der Vorfall hat mich verändert, er hat mein Weltbild zerstört“, sagt die Überlingerin zum Schluss ihrer Befragung. Wie man, ohne jemanden etwas getan zu haben, so angegangen werden könne, mache sie ratlos. Seitdem sei sie unterwegs vorsichtig. Das Hämatom sei ein paar Tage schmerzhaft gewesen, aber die psychischen Folgen „beschäftigen mich mehr“.
Da der Angeklagte sich nicht äußert und die Schilderungen der Geschädigten, der Zeugen und der Polizisten deckungsgleich sind, wird die Beweisaufnahme beendet. Richter von Kennel listet noch die Vorstrafen des 47-Jährigen auf, darunter Sachbeschädigung, Körperverletzung, Diebstahl sowie Trunkenheit im Verkehr und Beleidigung.
Das ist das Urteil
Der Staatsanwalt sieht den Vorwurf der Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung für erwiesen an. Dem schließt sich der Richter an. Er verurteilt den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 2000 Euro, dazu muss er die Kosten des Verfahrens tragen. In seiner Begründung führt Alexander von Kennel aus, die Geschädigte hätte einen „absolut glaubwürdigen Eindruck“ gemacht und keinerlei „Belastungseifer“ an den Tag gelegt. Die ihm zur Last gelegten Punkte habe der Angeklagte zweifelsfrei begangen. Zwar wiege die Verletzung am Arm der Frau nicht besonders schwer, dafür wirkten die psychischen Beeinträchtigungen bis heute nach.