Alte Villa mit viel Grün im Garten: Abgerissen. Das Grundstück wird nachverdichtet, aus zwei werden acht und noch mehr Wohnungen. Bei diesem Vorgang sind große Wertsteigerungen möglich, womit Reiche in der ganzen Welt hellhörig werden: Überlingen am Bodensee scheint ein gutes Pflaster für Bauträger und Spekulanten zu sein. Hier lässt sich Geld in Sachwerte ummünzen, und zwar in der berechtigten Hoffnung auf saftige Renditen.

Die Leidtragenden sind die Normalverdiener, die sich die Mieten nicht mehr leisten können. Die Situation klingt paradox: Bei einer Zunahme an Wohnfläche müsste der Preis eigentlich sinken. Macht er aber nicht, unter anderem, weil hier teils Wohnungen entstehen, die nur als Wochenenddomizil oder gar nicht genutzt werden, sondern rein als Spekulationsanlage.

„So kann es mit der Nachverdichtung weitergehen.“ Jan Zeitler, Oberbürgermeister
„So kann es mit der Nachverdichtung weitergehen.“ Jan Zeitler, Oberbürgermeister | Bild: Hilser, Stefan

Dem versucht die Stadt Überlingen entgegenzutreten. In einem Sommergespräch äußerten sich Oberbürgermeister Jan Zeitler und Baubürgermeister Thomas Kölschbach ganz grundsätzlich zu dem Thema. Kölschbach: „Das Thema Spekulationen haben wir abgeräumt.“

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Das Treffen mit den Rathauschefs findet an einem Ort statt, wo Normalverdiener sich noch Wohnraum leisten können: Im neuen Wohnquartier an der Anna-Zentraf-Straße (nördlich Hildegardring). Überlingens Baugenossenschaft hat hier zuletzt 180 Wohnungen geschaffen, mit einer von der Stadt vorgegebenen Quote für preisgedämpften Wohnraum von 30 Prozent. Für Zeitler ein gelungenes Beispiel: „So kann es mit der Nachverdichtung weitergehen.“ Es gebe bereits einen Antrag der BGÜ auf eine weitere Nachverdichtung, nämlich der Aufstockung ihrer Bestandsimmobilien am Hildegardring. Für Bürgermeister Kölschbach ist das „ein praktikabler Weg der Nachverdichtung“.

„Damit haben wir das Thema Spekulation mit Grundstücksflächen in teuren Lagen abgeräumt.“  Thomas Kölschbach, Baubürgermeister
„Damit haben wir das Thema Spekulation mit Grundstücksflächen in teuren Lagen abgeräumt.“ Thomas Kölschbach, Baubürgermeister | Bild: Hilser, Stefan

Überlingen sitzt am längeren Hebel

Die Kommune hat in den vergangenen Jahren Instrumente geschaffen, mit denen sie trotz aller Begehrlichkeiten der Bauherren für das Allgemeinwohl Werte schaffen kann. „Wir tun was, wir schauen der Preisexplosion am Immobilienmarkt nicht zu“, sagte der Baubürgermeister und verwies auf das Überlinger Wohnbaulandmodell.

„Perspektivisch betrachtet, wird das Wohnbaulandmodell am Wohnungsmarkt zu einer Entspannung führen. Erste Effekte zeigen sich jetzt schon, indem manche Investoren nicht mehr so schnell zum Kauf eines Grundstücks in Überlingen bereit sind, wenn sie hören, dass sie eine Sozialquote erfüllen müssen. Das senkt den Druck auf dem Immobilienmarkt, senkt mittelfristig die Preise und öffnet den Wohnungsmarkt für breite Schichten.“

Instrumente zur Regulierung am Immobilienmarkt

Stadt kann Planungsgewinn abschöpfen

Zudem verweist Kölschbach auf die seit 2019 in Überlingen geltende Wohnbaulandrichtlinie. „Sie ermöglicht es uns, 50 Prozent und mehr des Planungsgewinns abzuschöpfen. Die Richtlinie wenden wir bei privaten Vorhabenträgern an. Sie müssen sich bereiterklären, bevor wir überhaupt einen ersten Schritt in Richtung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans machen, dass sie dazu bereit sind, einen Teil ihrer Flächen für öffentliche Zwecke abzutreten. Damit haben wir das Thema Spekulation mit Grundstücksflächen in teuren Lagen abgeräumt.“

Das Beispiel Kramerareal

Weiterer bezahlbarer Wohnraum soll auf dem ehemaligen Kramerareal entstehen. Das Grundstück in Seenähe gehört einem privaten Eigentümer. Dazu OB Zeitler: „Das Grundstück weckt viele Begehrlichkeiten. Wie jedoch können wir es entwickeln, dass es unserer Stadt dienlich ist?“ Es gelte, die Interessen des Eigentümers „angemessen zu berücksichtigen“, und gleichzeitig Platz, zum Beispiel für einen Kindergarten oder eine neue Grundschule, zu schaffen.

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