Zwei Waldrapp-Weibchen haben Anfang Mai etwas für die Biologen ganz Erstaunliches getan. Anstatt aus dem WWF-Wintergebiet in der Toskana, der Laguna di Orbetello, in ihr Brutgebiet im bayerischen Burghausen zurückzukehren, flogen sie gemeinsam in Richtung Süden. Das ist hinsichtlich des teils wundersamen Verhaltens der Waldrappe aber nicht die Besonderheit. Auch andere Waldrappe kamen schon vom erwarteten Kurs ab.
Hannibal und Smudo legen gemeinsam fünf Eier
Speziell an den beiden Weibchen ist, dass sie in Rom am Südrand der Stadt auf einem Fenstersims landeten, wo sie sich in einem von besorgten Menschen bereitgestellten Pappkarton gemeinsam ein Nest einrichteten und Eier legten. Zunächst war von drei Eiern die Rede, die Hannibal und Smudo versuchten auszubrüten. Diese Zahl korrigierte Johannes Fritz, Biologe und Leiter des österreichischen Waldrappteams, Mitte Juni jedoch nach oben. „Hannibal und Smudo hatten insgesamt fünf Eier gelegt. Die übliche Gelegegröße ist drei bis vier Eier“, teilte er auf Anfrage mit. Die fünf Eier stammten wohl von beiden Weibchen
Zu diesem Zeitpunkt war aber noch kein Küken geschlüpft, auch waren nur noch zwei Eier im Nest auf dem Fenstersims mit Blick auf Rom. „Der Rest (der Eier) ist verschwunden – geplatzt, zerstört worden, runtergefallen. Sie brüten aber noch“, berichtete Johannes Fritz. Der Waldrapp-Chef erklärte allerdings wie schon im Mai: „Wird aber wohl nicht.“ Die Wissenschaftler gingen nämlich von Anfang an davon aus, dass die Eier der beiden Waldrapp-Weibchen nicht befruchtet sind, also gar keine Küken entstehen können. Auch im weiteren Verlauf der Brutsaison gab es keine Erfolgsmeldungen über Hannibal und Smudo.
Trotzdem werden sie im Zuge des Wiederansiedlungsprojekts immer die ersten Waldrapp-Weibchen sein, die zusammen brüteten – und das auch noch ganz unerwartet in Italien im geschichtsträchtigen Rom. Die ewige Stadt ist nun um eine Legende reicher.
Der erste offizielle Überlinger Waldrappnachwuchs nach 400 Jahren wurde Ende Juni beringt. Taufpate des Erstgeborenen namens Professor war kein geringerer als Ornithologe Peter Berthold, Experte im Bereich Vögel.