Michael Gottstein

Anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht laden die christlichen Kirchen für Freitag, 9. November, zu einem ökumenischen Gottesdienst ein, der um 18 Uhr in der evangelischen Stadtkirche beginnt.

Vertreter der Stadt und Bürgerschaft sind eingeladen, und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) hofft, dass zahlreiche Besucher kommen. Es ist das erste Mal in Bad Säckingen, dass der Reichspogromnacht in dieser Form gedacht wird. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden im ganzen Reich jüdische Friedhöfe, Synagogen, Geschäfte und Wohnungen zerstört und zahlreiche Juden fielen dem Pogrom zum Opfer.

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Die ACK möchte deutschlandweit Gedenkveranstaltungen anbieten, und die ACK Baden-Württemberg gibt dazu eine Handreichung an die einzelnen Gemeinden heraus, in der es heißt: „Die Kirchen in ihrer breiten Mehrheit ließen dieses Verbrechen in mutlosem Schweigen geschehen.“

Mitverantwortung herausheben

Der evangelische Pfarrer Winfried Oelschlegel möchte die Mitverantwortung der Kirchen herausheben. Deren Antijudaismus war zwar nicht rassistisch fundiert wie der Antisemitismus der Nazis, sondern theologisch, aber nichtsdestotrotz verhängnisvoll, weil er durch die Geschichte hindurch erhalten blieb und dazu führte, dass hebräische Schriften verbrannt und den Juden die Erwähnung abgesprochen wurde.

„Da müssen wir auch die Rolle Martin Luthers kritisch sehen – er glaubte, er könne durch die Rückbesinnung auf das Evangelium die Juden für das Christentum gewinnen, doch als er sah, dass die Juden ihrem Glauben treu blieben, verwandelte sich die Enttäuschung in Wut und Hass“, so Pfarrer Oelschlegel: „Dieser Antijudaismus hatte durchaus Anteil an der Entstehung des Antisemitismus, und auch die Bekennende Kirche hat sich nicht genügend für die Juden eingesetzt.“

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Zelebriert wird der ökumenische Gottesdienst von dem römisch-katholischen Dekan Peter Berg, dem altkatholischen Pfarrer Armin Strenzl und Winfried Oelschlegel, der die Predigt halten wird. Es gibt ein Schuldbekenntnis, außerdem werden Erlebnisberichte von Betroffenen verlesen – Zeitzeugen werden bei dem Gottesdienst nicht zugegen sein. Begleitet wird der Gottesdienst von meditativer Orgelmusik.