Wer vor 25 Jahren durch die Schützenstraße ging, erinnert sich noch an die damalige Situation: Fahrbahn, Bürgersteige, Autoverkehr, Parkplatzreihen, Parkuhren und im Zentrum der Schützenstraße stand das heruntergekommene Vereinshaus. Drei Jahre zuvor war es samt Gaststätte geschlossen worden.

Das ganze Gebäude war von Unmengen an Ungeziefer wie Kakerlaken und Ratten befallen. Im Obergeschoss über der Gaststätte wurde in einer völlig vermüllten Wohnung ein Toter gefunden. Das war 1997.

Drei Jahre später stand fest: Der marode Bau wird abgerissen, an der Stelle entsteht das neue Einkaufszentrum Lohgerbe mitsamt Parkhaus. Und heute ist dieser Bereich einer der meistfrequentierten Ecken in der Altstadt.

Eine der letzten Aufnahme vor dem Abriss: Das Projekt Lohgerbe war bereits beschlossene Sache, als 2000 noch vor dem Abriss des ...
Eine der letzten Aufnahme vor dem Abriss: Das Projekt Lohgerbe war bereits beschlossene Sache, als 2000 noch vor dem Abriss des Vereinshauses eine Fasnachtsgruppe im Februar schon mal scherzhaft den Migros eröffnete. | Bild: 2014.09.08 14.10.10

Der damalige Stadtbaumeister Michael Roher erinnert sich noch gut. Auch wenn das Vereinshaus bei alten Bad Säckingern noch mit vielen persönlichen Erinnerungen behaftet war, sei der allgemeine Tenor doch gewesen: „Gut, dass sich hier mal was tut.“

Lohgerbe belebte die Innenstadt

Durch die Überplanung des Vereinshausareals und des dahinter liegenden Parkplatzes verfolgte die Stadt ein bestimmtes Ziel: „Das Projekt sollte der Stärkung der Innenstadt dienen,“ sagt Rohrer rückblickend. Und hat es diese Erwartungen erfüllt? „Voll und ganz“, meint der ehemalige Stadtbaumeister, „es ist aus meiner Sicht eine ansprechende Bebauung geworden, der Bereich ist mit Leben erfüllt.“

Die Lohgerbe sollte der dritte Innenstadt-Magnet werden

Ende der 1990er Jahre hatte die Stadt ein Einzelhandelsgutachten eingeholt, die sogenannte BBE-Studie, blickt Rohrer zurück. Quintessenz des Gutachtens sei gewesen, dass die Innenstadt neben Woolworth und dem Kaufhaus Groß und Hammer (heute Kaufhaus May) die Ansiedlung eines dritten Magneten brauche, um die Altstadt mehr zu beleben. Bei der Standortsuche sei der Blick schnell aufs Vereinshaus gefallen. „Das war schon sehr verkommen“, sagt Rohrer, „und die Rückseite wirkte wie ein heruntergekommenes Gewerbegebiet.“

Der alte Anblick von der Rheinbrückstraße über den Spitalplatz zum Vereinshaus vor dem Abriss.
Der alte Anblick von der Rheinbrückstraße über den Spitalplatz zum Vereinshaus vor dem Abriss. | Bild: Michael Rohrer
Der neue Blick von der Rheinbrückstraße über den Spitalplatz zum Neubau Einkaufszentrum Lohgerbe.
Der neue Blick von der Rheinbrückstraße über den Spitalplatz zum Neubau Einkaufszentrum Lohgerbe. | Bild: Michael Rohrer

Michael Roher weiß noch gut, dass der damalige Bürgermeister Günther Nufer unentwegt unterwegs war, um die nötigen Akteure an Bord zu holen: Investoren, Händler und vor allem einen Magnetbetrieb. „Nufer hat damals die Migros nach Bad Säckingen geholt“, erzählt der Alt-Stadtbaumeister.

Das könnte Sie auch interessieren

Es bildete sich in der Folge eine Projektgemeinschaft um den Stuttgarter Unternehmensberater Gerhard Krebs, die Firma Züblin übernahm den Bau, die Stadt sorgte für die planungsrechtlichen Grundlagen. Überplant wurde auch der Parkplatz hinterm Vereinshaus. Er bot 100 Stellplätze, das Parkhaus Lohgerbe verdreifachte das Angebot.

Das Bild entstand im Sommer 2000 beim Abriss des Vereinshauses.
Das Bild entstand im Sommer 2000 beim Abriss des Vereinshauses. | Bild: Michael Rohrer

Im Jahr 2000 verschwand das Vereinshaus

Am 13. Juni 2000 rückten die Bagger an, der Abriss des Vereinshauses begann. Grundsteinlegung für das Einkaufszentrum war am 15. November. Der Bau wurde in Rekordzeit hochgezogen, bereits ein Jahr danach, am 14. November 2001, fand die Einweihung statt.

Die Altstadt hatte an dieser Stelle ihr Gesicht grundlegend verändert. Das Vereinshaus, 1887 errichtet und 1959/60 umgebaut und saniert, hatte mit seinem großen Saal Jahrzehnte als Ort für Versammlungen und Feiern gedient.

Nach dem Abriss des Vereinshauses reichte der Blick von Bastelladen Butz ungebremst bis hinüber zum Friseur Hiemer.
Nach dem Abriss des Vereinshauses reichte der Blick von Bastelladen Butz ungebremst bis hinüber zum Friseur Hiemer. | Bild: Michael Rohrer

Schützenstraße wurde zur Fußgängerzone

An der Stelle entstand mit der neuen Lohgerbe ein Gebäude, das der Investor vor allem auf Wunsch von Michael Rohrer mehrfach umplante. „Die Optik war für mich wichtig“, betont Rohrer. Vor allem die im ersten Entwurf geschlossene Blechfassade fand Rohrers Gefallen ganz und gar nicht.

Das könnte Sie auch interessieren

Entstanden ist dann schlussendlich zwar etwas Modernes, aber dennoch Zeitloses, dass sich auch 25 Jahre später passend in die Häuserzeile einfügt. Im Zuge der Neubebauung gestaltete die Stadt auch die Schützenstraße in eine verkehrsberuhigte Zone um. 2007 wurde sie komplett zur Fußgängerzone umgewandelt.

Seltener Durchblick: Nach dem Abriss des Vereinshauses reicht der Blick vom Lohgerbe-Parkplatz hinüber zur Volksbank Rhein-Wehra und dem ...
Seltener Durchblick: Nach dem Abriss des Vereinshauses reicht der Blick vom Lohgerbe-Parkplatz hinüber zur Volksbank Rhein-Wehra und dem Kaufhaus Gross und Hammer (heute Kaufhaus May) bis zu den Münster-Türmen. | Bild: Michael Rohrer

Auch aus heutiger Sicht war das Lohgerbe-Projekt ein Volltreffer

„Die Gegenwart gibt der damaligen Idee meines Vorgängers recht“, findet Bürgermeister Alexander Guhl. Günther Nufer habe mit dem zusätzlichen Magnet an dieser Stelle die richtige Initiative ergriffen. „Was wir hier haben, ist ja gewissermaßen eine kleine Einkaufsmall, die die Bad Säckinger Innenstadt als Einkaufsziel erheblich aufwertet und attraktiver macht.“

Nachdem sich die Schweizer Einkaufskette Migros 2008 aus Bad Säckingen verabschiedet hatte, habe die Stadt mit dem Schmidts Markt einen mindestens gleichwertigen Partner gefunden, sagt Guhl.

Das könnte Sie auch interessieren

Lohgerbe – eine kleine Shoppingmall

Daneben biete das Shoppingzentrum auf 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche laut Guhl „einen hervorragenden Mix“ mit Lebensmittel, mehreren Modengeschäften, Drogerie, Parfümerie, Telefonladen sowie einer Apotheke. Zudem ist in der Lohgerbe ein Ärztehaus untergebracht.

Die Baustelle Lohgerbe: Die Baufirma Züblin errichtete 2000/2001 innerhalb eines knappen Jahres das Einkaufszentrum und das Parkhaus.
Die Baustelle Lohgerbe: Die Baufirma Züblin errichtete 2000/2001 innerhalb eines knappen Jahres das Einkaufszentrum und das Parkhaus. | Bild: Michael Rohrer

„Für eine Stadt wie Bad Säckingen ist ein solches Einkaufszentrum keine Selbstverständlichkeit“, sagt der Bürgermeister. Guhl erinnert daran, dass ebenfalls vor 25 Jahren die neuen Beck Arkaden entstanden, die sich mit den Jahren ebenfalls zu einem Einkaufszentrum entwickelten.

Das könnte Sie auch interessieren

Parkhaus bietet zentrumsnahe Parkmöglichkeiten

Als wichtig bezeichnet Guhl die damalige Entscheidung für ein Parkhaus. Betrachte man das Kundenverhalten, seien altstadtnahe Parkmöglichkeiten auch heute noch wichtig und tragen zur Attraktivität der Einkaufsstadt bei. Gleichwohl steckt im Parkhaus bis heute eine Subvention für den Innenstadthandel.

Denn seit Betriebsstart schreibt das Parkhaus bis auf wenige Ausnahmen ein jährliches Defizit, das die Stadtwerke beziehungsweise die Stadt begleichen. Allerdings verweist der Bürgermeister auf die Tatsache, dass der Kostendeckungszuschuss mit jedem Jahr kleiner werde. Der Wirtschaftsplan des Parkhauses weist für 2024 einen Fehlbetrag von 103.000 Euro aus.

Charme der Nachkriegszeit: Die Schützenstraße mit dem 1959/60 umgebauten und sanierten Vereinshaus (Bildmitte). Die Schützenstraße, ...
Charme der Nachkriegszeit: Die Schützenstraße mit dem 1959/60 umgebauten und sanierten Vereinshaus (Bildmitte). Die Schützenstraße, heute Fußgängerzone, war hier noch für den motorisierten Verkehr offen. Teerflächen, Fahrbahn, Gehwege und Parkplätze prägten das Straßenbild. | Bild: Michael Rohrer

Weitere Perspektiven für das Einkaufsziel Innenstadt

Wie entwickelt sich die Einkaufsstadt weiter? Bürgermeister Guhl denkt hier an zwei große Perspektivflächen: einmal das Areal St. Marienhauses sowie das Polizeigebäude. Beim Marienhaus sei die Kirche Eigentümer, bei der Polizei das Land Baden-Württemberg. Gespräche mit der Kirche seien wesentlich einfacher, betont Guhl.

Zum Marienhaus-Areal an der Waldshuter Straße könne er so viel sagen, dass dort mit einer Geschäfts- und Wohnbebauung wahrscheinlich ein weiterer Innenstadtmagnet entstehen werde. Was mit dem Gebäude gegenüber dem Rathaus nach dem Umzug der Polizei passieren soll, sei völlig unklar. Guhl: „Da hört man vom Land nichts.“