Das ehrgeizige Bad Säckinger Gesundheitsprojekt braucht Geld und einen neuen Geschäftsführer: Das Medizinische Versorgungszentrum Bad Säckingen (MVZ) verliert den bisherigen Geschäftsführer. Jörg Blattmann, der neben der Campus-Geschäftsführung auch den Aufbau des kommunalen MVZ organisieren sollte, ist mit Wirkung vom 1. Juli raus.
Einen Nachfolger will die Stadt in den kommenden drei bis vier Monaten finden, sagte Bürgermeister Alexander Guhl gegenüber unserer Zeitung. Als Interimslösung ist Fred Thelen eingesprungen. Das Gemeinderatsgremium hat laut Guhl der Personalie in einer nicht-öffentlichen Sitzung zugestimmt. Fred Thelen ist kommunalpolitisch aktiver Pensionär, er leitet die Gemeinderatsfraktion der Freie Wähler und ist Wallbachs Ortsvorsteher.

Jörg Blattmann soll die Geschäftsführung der Campus GmbH weiterführen. Gleichzeitig brennt es aber auch dort. Denn auf der Campus-Baustelle laufen die Kosten davon. Die Stadt wird hier weiteres Geld in Millionenhöhe nachschießen müssen.
Warum kam es zum plötzlichen Vakuum in der Geschäftsleitung?
Jörg Blattmann ist nicht direkt bei der Campus GmbH angestellt, sondern über eine Berliner Beratungsfirma, erklärt Guhl die Hintergründe. Das Problem: Laut Bürgermeister habe Blattmann kein volles Deputat gehabt. Teilzeit hätten sich beide Geschäftsführerposten nicht erfüllen lassen. Verhandlungen mit der Berliner Beraterfirma auf Anpassung des Vertrages seien erfolglos gewesen. Da der befristete Vertrag zum 30. Juni endete, stand zumindest das MVZ ohne Leitung da.
Die Geschäftsleitung des Campus soll Blattmann nach Guhls Worten aber weiterführen. Das wolle die Stadt und das wolle auch Blattmann, der sich dann ausschließlich auf den Campus konzentrieren könne. Gespräche zu diesem Thema liefen noch mit der Berliner Beratungsfirma.

Fred Thelen als Interimslösung
Die Ankündigung, dass Fred Thelen die Geschäftsführung übernimmt, überraschte dann doch einige. Guhl sagte gegenüber dem SÜDKURIER, er sei Thelen für die Bereitschaft dankbar. Es habe schnell eine Lösung gefunden werden müssen. Thelen werde in seiner Aufgabe flankiert von Fachleuten im Bereich Medizinmanagement und betriebswirtschaftlicher Führung.
Thelens Stärke sei, dass er gut mit Menschen umgehen können und Zeit habe, so Guhl, mithin habe er gewissermaßen die Rolle eines lenkenden Moderators. Es sei auch an ihm, im MVZ ein Art Corps-Geist zu entwickeln. „Eine Dauerlösung wird das nicht bleiben“, sagte Guhl. Die Stelle soll ausgeschrieben werden. Er hofft, dass sie in drei bis vier Monaten wieder besetzt werden kann.

Gute Nachricht: MVZ kriegt Geld aus Stuttgart
Die aktuell gute Nachricht für das MVZ: Durch die Förderung von so genannten Primärversorgungszentren im Land Baden-Württemberg hat das Bad Säckinger MVZ aus Stuttgart 290.000 Euro Zuschuss bekommen. „Das ist mehr als andere Versorgungszentren in Land erhalten haben“, so Guhl: „Das zeigt uns, wir werden wahrgenommen in Stuttgart.“
Millionenloch auf der Campusbaustelle
Eine ganz andere Dimension hat allerdings der zusätzliche Finanzbedarf beim Spitalumbau. Bekanntlich entsteht im alten Krankenhaus aktuell der neue Gesundheitscampus. Die Ärzte sollen bereits im Frühjahr 2023 einziehen. Allerdings steigen die kalkulierten Baukosten extrem. Sie wurden bereits von 29 Millionen auf 35 korrigiert, so Guhl.
Der Gemeinderat hat dem Bürgermeister deshalb in nichtöffentlicher Sitzung die Ermächtigung erteilt, eine weitere Millionen Euro für aktuelle Rechnungen flüssig zu machen. Der Campus wird so am Ende den Kostenrahmen „bestenfalls um 4 bis 5 Millionen sprengen“, sagt Guhl, „im schlechtesten Fall um 7 bis 8 Millionen.“ Das Finanzproblem ist freilich nicht hausgemacht. Die explodierenden Baukosten spürt jeder, der im Moment baut. Grund ist vor allem die durch Putins Krieg ausgelöste Inflation.
Ob Ukrainekrieg oder eine andere Krise – das Ergebnis für die Stadt bleibt dasselbe: Den zusätzlichen Finanzbedarf kann sie voraussichtlich nur mit zusätzlichen Schulden stemmen. Das heißt, sie muss auf dem Weg der Finanzkonsolidierung wieder einige Schritte rückwärts machen. Dazu braucht es schnell einen Nachtragshaushalt, der wohl noch vor der Sommerpause fällig wird.