Ohne Urteil ging der zweite Verhandlungstag im Prozess um eine mögliche Vergewaltigung am Bad Säckinger Busbahnhof zu Ende. Zeugenaussagen brachten vor dem Amtsgericht Bad Säckingen keine entscheidenden neuen Erkenntnisse. Stattdessen legte sich Verteidiger Dubravko Mandic mit mehreren Prozessbeteiligten an und stellte einen Befangenheitsantrag gegen Richterin Stefanie Hauser.
Weiterhin ist offen, ob der 47-jährige Angeklagte seine ehemalige Geliebte im Sommer 2020 tatsächlich vergewaltigt hat oder es sich um einvernehmlichen Geschlechtsverkehr handelte. Auch ob der Prozess überhaupt fortgesetzt wird, ist nicht klar, denn die Auswertung des Handys der Geschädigten könnte deutlich länger dauern als es die dreiwöchige Frist bis zur Prozessfortsetzung erlaubt. Diese Verzögerung könnte den Prozess zum Platzen bringen.
Anwalt Mandic mit Spitzen gegen Richterin
„Die Ermittlungen sind nicht ideal verlaufen“, gestand Stefanie Hauser, die Vorsitzende des Schöffengerichts, gleich zu Beginn ein. Das Handy der Geschädigten, die vor Gericht als Nebenklägerin auftritt, war bis zum Verhandlungsbeginn nie ausgewertet worden, obwohl Verteidiger Mandic im Vorfeld mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass diese Durchsuchung für die Wahrheitsfindung unerlässlich sei. „Das ist das Recht des Angeklagten, dass sie sich ein umfassendes Bild machen und das Handy auswerten“, so der bekannte Freiburger Anwalt. Er forderte, den Prozess sofort abzubrechen und erst nach der Auswertung wieder aufzunehmen.
Als Richterin Hauser der Aufforderung nach Abbruch des Prozesses nicht nachkommen wollte, warf er ihr vor, den Angeklagten über einen langen Prozess finanziell ausbluten zu lassen und ihn damit kleinkriegen zu wollen. „Das haben Sie schon mit anderen Mandanten gemacht“, sagte Mandic. Hauser zeigte sich irritiert von derartigen Vorwürfen: „Werfen Sie mir Strafvereitelung vor?“, fragte sie Mandic, woraufhin dieser provokant antwortete: „Sie haben kürzlich ein falsches Urteil gemacht. Denken Sie, alle ihre Urteile sind richtig?“
Mandic stellt Befangenheitsantrag
Die Atmosphäre im Gerichtssaal war bereits wenige Minuten nach Verhandlungsbeginn aufgeheizt. Auch mit der Verteidigerin der Nebenklage Claudia Meng lieferte sich Mandic ein Wortgefecht. „Es bringt doch nichts, wenn wir uns alle gegenseitig anschreien“, versuchte Hauser die Stimmung zu beruhigen. Doch statt einem gesitteten Prozess folgte zunächst ein Befangenheitsantrag von Verteidiger Mandic, den dieser in einer Pause handschriftlich verfasst hatte.
In diesem warf er der Richterin erneut vorwarf, die Verhandlung „planlos“ fortzusetzen, um dafür zu sorgen, dass sich der Angeklagte die Anwaltskosten nicht mehr leisten kann. Entgegen der Aufforderung des Anwalts, die Verhandlung abzubrechen, setzte Richterin Hauser fort. „Ich breche doch hier nicht einfach ab. Wir müssen das Verfahren irgendwie zu Ende kriegen“, so Hauser. „Und zwar mit einem Freispruch!“, rief Mandic von der Anklagebank.
Staatsanwalt wirft dem Verteidiger vor, den Zeugen zu diffamieren
Die eigentlichen Tatvorwürfe, die die Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten erhebt, wurden in der aufgeheizten Stimmung vor dem Amtsgericht zum Nebenthema. Der Angeklagte soll seine frühere Geliebte nach der Trennung im Jahr 2020 in einem Bus vergewaltigt und bereits zuvor gegen ihren Willen Videos veröffentlicht haben, die die beiden beim Sex zeigen. Zur Beantwortung der Frage, ob es beim Treffen am Bad Säckinger Busbahnhof tatsächlich zu einer Vergewaltigung kam oder der Geschlechtsverkehr einvernehmlich stattfand, konnte der zweite Prozesstag wenig beitragen.
Auch die Befragung von zwei Polizeibeamten brachte außer kleinen Details zum möglichen Tathergang wenig neue Erkenntnisse. Beide Zeugen bestätigten wie erwartet die Ausführungen der Nebenklägerin. Im Mittelpunkt stand auch bei der Zeugenbefragung Rechtsanwalt Mandic. Dem geladenen Kriminalhauptkommissar warf er vor, die Vergewaltigung „aus der Frau rausgekitzelt“ zu haben. Dieser hatte zuvor berichtet, dass die Nebenklägerin zunächst nur die Veröffentlichung von Sexvideos anzeigen wollte und erst im Laufe des Gesprächs mit ihm von einer Vergewaltigung erzählte. Staatsanwalt Martin Fleiner warf dem Verteidiger „Diffamierung“ vor.
Dubravko Mandic: „Die babbelt immer dazwischen“
Auch an der Professionalität der zweiten Zeugin, die die Vernehmung der Nebenklägerin durchgeführt hatte, äußerte der streitbare Anwalt Zweifel. Sie hatte erklärt, dass sich die ehemalige Geliebte des Angeklagten zunächst aus Angst nicht zu einer Anzeige durchringen konnte. Die offensive Verteidigungstaktik Mandics erreichte ihren Höhepunkt als er die Verteidigerin der Nebenklage während deren Ausführungen mit einem lauten „Quak, quak, quak“ übertönte und sich hinterher damit rechtfertigte, dass Meng „immer dazwischen babbelt“.
Wie und ob das Verfahren fortgesetzt wird, ist unklar. Im Falle eines möglichen Abbruchs müsste der Prozess zu einem späteren Zeitpunkt neu aufgenommen und die Zeugenbefragungen wiederholt werden. In der kommenden Woche wird sich zeigen, wie es weiter geht. Solange kein Urteil gesprochen ist, gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.