Bonndorf – Die Aktion gibt es schon so lange, dass sich Susanne Spachholz, Vorsitzende des Bonndorfer Handels- und Gewerbevereins (HGV), gar nicht mehr daran erinnert, seit wann genau. „Das haben wir in der D-Mark-Zeit eingeführt“, weiß Spachholz gerade noch. Einen Gutschein für alles – das bieten der HGV in Bonndorf und seine Mitglieder schon seit mindestens 2001 an, dem letzten Jahr der guten alten D-Mark, wahrscheinlich sogar länger. Damals wie heute jedenfalls funktioniert das HGV-Angebot so: Wer einen Gutschein haben will, etwa zum Verschenken an die Liebsten zu Weihnachten oder zu anderen Gelegenheiten, der kann sich an die Sparkasse Bonndorf-Stühlingen oder an die Volksbank Hochrhein wenden. Entweder gegen Bargeld oder per Abbuchung vom eigenen Konto stellen die Bonndorfer Bankfilialen einen Gutschein in jeder gewünschten Höhe aus. Eingelöst werden kann er bei sämtlichen HGV-Mitgliedern – bei Einzelhändlern wie bei Dienstleistungsunternehmen, in der Gastronomie, bei Handwerkern oder Versicherungen.

Diese Vielfalt mache die Gutscheine des HGV überaus beliebt, mehrere hundert von ihnen gehen bei Volksbank und Sparkasse jedes Jahr über den Tresen, schätzt Susanne Spachholz. Die Nachfrage nach dem universellen Geschenk ist seit langer Zeit ungebrochen, meist mehr als 20.000 Euro landen jedes Jahr bei den Banken auf den eigens dafür eingerichteten Konten des HGV. Auch im gerade abgelaufenen Geschäftsjahr 2023/2024 betrug der Umsatz mit den Wertscheinen 23.000 Euro.

Sie teilen jedoch das Schicksal anderer ähnlicher Angebote aus dem Einzelhandel: Ein erheblicher Teil verschenkter Gutscheine wird nie eingelöst, obwohl sie bares Geld wert sind. „Viele Scheine lagern seit Jahren in Schubladen und Kommoden“, sagt Susanne Spachholz. Das ist für den HGV durchaus ein Problem. Denn die Mitglieder haben von dem Geld erst dann etwas, wenn ein Kunde kommt und mit einem Gutschein bezahlt. Nur damit können sich die Unternehmer an die Bank wenden, die ihnen dann den entsprechenden Betrag überweist.

Aber seit dem Beginn der Aktion bis zum Jahr 2016 wurden laut HGV Gutscheine im Wert von 6500 Euro nicht eingelöst. Die Zahl der vergessenen Geschenke in den Untiefen der Bonndorfer Schubladen hat seither sogar deutlich zugenommen: Weitere 45.000 Euro haben sich auf einem neueren Konto des HGV angesammelt, das erst seit 2016 existiert. Niemand hat etwas von diesem Geld. Es bringt noch keine Zinsen. Warum will sich von dem Betrag niemand etwas gönnen? Selbst mit sehr alten Gutscheinen wäre das kein Problem, sagt Susanne Spachholz. Zwar gilt für Geschenkgutscheine normalerweise die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren. Damit würde zum Beispiel ein Gutschein, der im Jahr 2021 erworben wurde, nach dem 31. Dezember 2024 ungültig. Der Aussteller müsste ihn nicht mehr einlösen, und noch ältere Scheine erst recht nicht. Das Geld wäre für den Kunden unwiederbringlich verloren.

Für die HGV-Gutscheine gilt das aber gerade nicht, betont Susanne Spachholz: „Wir nehmen auch sehr alte Exemplare gern an“, versichert sie. „Selbst wenn sie noch auf einen D-Mark-Betrag ausgestellt sind, finden wir eine Lösung.“ Viele der nicht eingelösten Wertscheine dürften allerdings inzwischen längst im Müll gelandet sein, zerstört oder nie mehr auffindbar. Deshalb überlegt man beim HGV gerade, was mit den Geldmitteln auf den Konten getan werden könnte, für die voraussichtlich auch in Zukunft kein Kunde mehr eine Leistung beanspruchen wird. Beim HGV kann man sich gut vorstellen, einige tausend Euro aus den nicht benötigten Mitteln zu entnehmen und den Betrag für einen gemeinnützigen Zweck in Bonndorf einzusetzen. Für welchen, das müsste noch geklärt werden. Aber das wäre ohnehin erst der zweite Schritt. Diese Überlegung müsse vorher gründlich durchdacht werden, schränkt Spachholz ein, und fügt hinzu: „Vor allem müssen wir uns juristischen Rat holen.“