40 Jahre Schüleraustausch feierten die englischen Gäste der Broughton High School gemeinsam mit den Bonndorfer Realschülern. Eine so lange währende konstante Verbindung ist etwas Besonderes. Dazu braucht es vor allem Lehrkräfte, die sich über das gewöhnliche Maß hinaus für diese Art von Völkerverständigung engagieren.
Die Geburtstagsfeier wurde sogar vom Südwestfernsehen übertragen, was nicht zuletzt der politischen Situation um den Brexit geschuldet ist.
Austausch ist jetzt noch wichtiger
Vor diesem Hintergrund ist den organisierenden Lehrkräften auf britischer wie auch deutscher Seite klar, dass der Austausch unbedingt aufrechterhalten werden muss. „Jetzt ist er sogar noch wichtiger“, sagt Bianca Burke stellvertretend für ihre Kollegen.
Gemeinsam mit Andi Ellis und Catherine Gelder begleitet sie die 23 Mädchen der Broughton High School, die im Rahmen des Jubiläumsaustauschs bis Donnerstag in Bonndorf zu Gast sind.
„Sie haben der Stadt Bonndorf den wichtigsten Friedensdienst erbracht“, sagte Michael Scharf und dankte allen, die in den zurückliegenden vier Jahrzehnten in irgendeiner Weise am Austausch beteiligt waren. „Sie haben Schüler aus zwei Nationen zusammengebracht, deren Großeltern sich noch feindselig gegenüberstanden“, merkte der Bürgermeister im Hinblick auf die Vergangenheit an.
„Mag in der Politik auch vieles fraglich sein, die Herzen bleiben zusammen. Nutzt diese Chance und bleiben Sie dem Schüleraustausch gewogen“, appellierte Scharf an Schüler sowie Lehrer.
Zeichen europäischer Verbundenheit
„An die 1000 junge Briten und Deutsche, die während dieser 40 Jahre am Austausch teilgenommen haben, sind eine beeindruckende Zahl europäischer Verbundenheit“, sagte Tilman Frank. Der derzeitige Leiter der Realschule würdigte die Courage sämtlicher ehemaligen und jetzigen Schüler, sich überhaupt auf einen Austausch einzulassen.
Wichtiger Bestandteil der lange währenden Freundschaft seien jedoch vor allem die Lehrerkolleg, welche die gegenseitigen Besuche organisieren.
„Ohne Theresia Schwenninger gäbe es den Englandaustausch heute nicht mehr“, lobte Tilman Frank deren jahrzehntelanges Engagement. Gleichzeitig dankte er der ehemaligen Kollegin Ute Zumkeller sowie den jetzigen Organisatorinnen Jasmin Schwarz und Anne Urbanke. Beinahe wie ein Familientreffen sei die Feier, nicht jede Partnerschaft habe 40 Jahre Bestand, merkte Frank humorig an.
Mut für ein Abenteuer
„Zum Austausch braucht es Schüler, Eltern und Lehrer, die den Mut haben, sich auf das Abenteuer einzulassen“, würdigte auch Moderatorin Ulrike Dietsche das Mitwirken aller Seiten an dieser langjährigen Verbundenheit. Mit Heidrun Meyer war eine Vertreterin der Geburtsstunde des Schüleraustauschs vertreten.
Die einstige Schulsekretärin hatte die erste Zugfahrt Bonndorfer Schüler nach Preston begleitet. Die zweite Fahrt unternahm Heinz Vesenmayer vor 39 Jahren mit seinem Reisebus. Auch für ihn sei die Fahrt auf der Insel mit ihrem Linksverkehr seinerzeit ein großes Abenteuer gewesen, räumte der Busunternehmer am Rande ein.
Erlebnisse aus 40 Jahren
Erlebnisberichte von Lehrern und einstiger Austauschschüler ließen 40 Jahre Austausch Revue passieren.
- Teatime: Jochen Schäuble pflegt mit seiner Frau Regina bis auf den heutigen Tag den Brauch des britischen Teatime mit Gingercake, vor allem aber den Kontakt mit seinem einstigen Austauschpartner. Den habe er dereinst noch mit handgeschriebenen Briefen, die per Luftpost verschickt wurden, aufrechterhalten.
- Berufswahl: Auch Jasmin Dziwietzki kam durch den Austausch zum ersten Mal in Kontakt mit einer anderen Kultur. „Ich verliebte mich damals in die britische Kultur und Sprache, heute bin ich Englischlehrerin“, fasste die junge Frau ihre Erlebnisse zusammen. Den Kontakt zu ihrer einstigen Austauschpartnerin pflegt auch sie nach wie vor, sogar die Eltern schreiben sich regelmäßig.
- Linksverkehr: „Mein Austauschpartner sah so britisch aus, wie es britischer kaum geht – rote Haare, blasse Haut, Sommersprossen“, erinnert sich derweil Martin Blum. 1982 war er in England. Er habe durch die länderübergreifende Begegnung vor allem gelernt, dass man in Großbritannien nicht auf der falschen, sondern einfach nur auf der linken Seite fahre.
- Aus dem Nähkästchen: Einige Anekdoten gab Theresia Schwenninger zum Besten. Etwa, dass ein Fotograf der Lokalpresse beim Bürgermeisterempfang im Rathaus von Preston Michael Scharf einst bat, auf die Knie zu gehen, damit der Größenunterschied zum englischen Amtskollegen nicht allzu sehr ins Auge fiel. Die Englischlehrerin verriet zudem, dass Axel Thumm, als er Lancaster Castle besichtigen wollte, statt am Schlosstor am Gefängnis anklopfte. Und dass Clemens Weisheit seinen, zugegebenermaßen sehr klein geratenen, Partner Dean kurzerhand schulterte, als dieser zu müde zum Laufen war. Die beiden Jungs verstanden sich damals so gut, dass Dean seinen Aufenthalt in Bonndorf spontan verlängerte.
- Gemeinsamer Urlaub: Eine besondere Freundschaft verbindet Familie Gromann mit den einstigen Gastgebern ihres Sohnes. Beide Familien verbringen immer wieder ihre Ferien gemeinsam auf einer griechischen Insel.