Martha Weishaar

Das kollektive Schweigen über die finanziellen Unstimmigkeiten in der SeelsorgeeinheitBonndorf-Wutach ist gebrochen. Auf Drängen dieser Zeitung übermittelte Pfarrer Fabian Schneider auch im Namen des Pfarrgemeinderates eine von ihm verfasste Stellungnahme.

Schock für den Pfarrgemeinderat

Der Pfarrgemeinderat habe es sich nicht leicht gemacht, eine Stellungnahme zu den Unstimmigkeiten in der Seelsorgeeinheit zu verfassen, dennoch sei ihm das ein großes Herzensanliegen, teilt Schneider mit. Das Gremium leide mit allen Gläubigen der Seelsorgeeinheit sehr unter der gegenwärtigen Situation. Es sei beim Bekanntwerden der Unstimmigkeiten schockiert gewesen. Das Vertrauen auf eine ordentliche Verwaltung der Einnahmen der Kirchengemeinde sei enttäuscht worden.

Schadenshöhe lässt sich nicht beziffern

Dass mit der Stellungnahme etwas Frieden gestiftet werden kann, hofft Marco Johner, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates. Leider könnten nicht alle Fragen restlos beantwortet werden, etwa die nach der Schadenshöhe. Diese sei nicht eindeutig zu beziffern, teilt er mit. Das Gremium habe jedoch versucht, die Sachlage so gut es gehe aufzuschlüsseln und zu erklären.

Unsichere Faktenlage

Der Pfarrgemeinderat bedaure sehr, dass die Gläubigen der Seelsorgeeinheit durch die Zeitung informiert wurden, ist der Stellungnahme zu entnehmen. Aufgrund der unklaren und unsicheren Faktenlage sei, auch aus rechtlicher Sicht, eine direkte Information durch den Pfarrgemeinderat gleichwohl nicht möglich. Man sei zutiefst bestürzt über die in den vergangenen Wochen entstandenen Gerüchte und Verdächtigungen sowie den immensen Schaden, die diese bereits bei einzelnen Personen angerichtet hätten.

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„Der Pfarrgemeinderat betont, dass er zu keiner Zeit Pfarrsekretärinnen, Mesner oder andere Personen, die in irgendeiner Weise durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit mit Geld in Berührung kommen, zum Beispiel Lektoren oder Kommunionhelfer, in Zusammenhang mit den finanziellen Unstimmigkeiten gebracht hat. Die genannten Personen haben ohne Ausnahme das vollste Vertrauen des Gremiums“, so der Wortlaut der Erklärung.

Jetzt geht es an die Ursachenforschung

Nicht weniger betroffen mache die Verunsicherung und Enttäuschung von Gläubigen der Seelsorgeeinheit. Man teile deren Gefühle und die Wut, die manche befalle, „dass solche Zeitungsartikel überhaupt möglich wurden“. Der Pfarrgemeinderat wolle mithilfe der Fachleute der Erzdiözese Freiburg die Ursachen der Unstimmigkeiten in der Kirchengemeinderechnung Bonndorf-Wutach möglichst gründlich herausfinden, um dann gerechte Konsequenzen daraus ziehen zu können.

Klingelbeuteleinnahmen betroffen

Antwort gibt es nun auf die Frage, um welche Gelder es sich bei diesen Unstimmigkeiten handelt. Es seien unter anderem Klingelbeuteleinnahmen, vor allem von Trauungen und Beerdigungen. Nach Einführung des Vier-Augen-Prinzips im Dezember 2016 seien die Einnahmen der Kollekten im Vergleich zu den Jahren 2014 bis 2016 um mindestens 50 Prozent angestiegen. In den drei Jahren vor Dezember 2016 gebe es jeweils einen vierstelligen Differenzbetrag. Dieser werde zusätzlich durch eine mindestens zehnprozentige Steigerung des Erlöses der Klingelbeuteleinnahmen im Jahr 2018 gegenüber 2017 bestätigt.

Auch Spenden wurden nicht vollständig erfasst

Auch Spenden von Gläubigen, unter anderem nach Taufen, Trauungen, Ehejubiläen, Krankenbesuchen oder Beerdigungen, seien nicht vollständig im Kassenbuch der Kirchengemeinde erfasst worden. Es fehle der Nachweis über deren Verwendung. Die Gesamthöhe der Spenden lasse sich somit nicht mehr feststellen. Differenzen in fünfstelliger Höhe gebe es zwischen 2014 und 2017 ferner bei Einnahmen aus dem Verkauf von Opferlichtern. Es seien weit mehr Opferlichter bestellt und ausgeliefert worden, als Einnahmen zurückkamen. Der diözesane Vergleich zeige indes, dass die Gläubigen für ein Opferlicht eher mehr als den geforderten Betrag bezahlen, selbst wenn der eine oder andere vergessen haben sollte, eine Münze einzuwerfen.

Bestätigung der Messstipendien schwierig

Ein kompliziertes Thema seien Messstipendien. Die fünf Euro, die im Pfarrbüro jeweils für eine Messe bezahlt würden, seien anders als in der Erzdiözese Freiburg geregelt und vorgeschrieben gehandhabt worden. Folglich könnten nicht alle der bestellten heiligen Messen als „gelesen“ bestätigt werden. Auch hier sei der Nachweis, was mit dem Spendengeld geschehen ist, nicht vollständig erfasst. Es gehe wiederum um einen vier- bis fünfstelligen Betrag. Nicht auffindbar sei ein weiterer vierstelliger Betrag, welcher der Kirchengemeinde von den Familien als Auslagenerstattung bei der Vorbereitung der Erstkommunion bezahlt worden sei. In allen Bereichen, in denen es Unstimmigkeiten gebe, sei nicht festzustellen, welche Beträge genau fehlen. Es handle sich nur um Hochrechnungen und Schätzungen.

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Der Pfarrgemeinderat hoffe nun, dass die Unstimmigkeiten bald und möglichst umfassend aufgeklärt werden und der entstandene Schaden in den Herzen der unschuldig Verdächtigten sowie der Gläubigen durch die Anwendung von Recht und Gerechtigkeit Heilung erfahre. Die Gemeinde wünsche sich eine glaubwürdige und glaubensstarke Kirche zurück, die für den christlichen Glauben werbe und nicht abschreckend wirke.

Was die Anwendung von Recht anbelangt, teilte der Pressesprecher der StaatsanwaltschaftWaldshut mit, diese habe einen allgemeinen Vorgang angelegt, in dessen Rahmen geprüft werde, ob ein Anfangsverdacht auf ein strafbares Verhalten gegeben und ein Ermittlungsverfahren einzuleiten sei.

Die Seelsorgeeinheit und ihre Gremien

  • Die Seelsorgeeinheit: Die Seelsorgeeinheit Bonndorf-Wutach zählt 4850 Katholiken. Leiter der Seelsorgeeinheit ist seit März 2018 Pfarrer Fabian Schneider. Er löste Pfarrer Michael Hipp ab, der zuvor die Leitung innehatte und Ende Februar zur Seelsorgeeinheit Wollmatingen-Allensbach wechselte. Pfarrer Eckart Kopp, der seit 1. September 2000 in Bonndorf-Wutach wirkt, unterstützt Fabian Schneider „in solidum“.
  • Pfarrgemeinderat: Vorsitzender Marco Johner, Thomas Weishaar, Ingeborg Götz, Alissa Zeien, Tamara Tietz, Melanie Mutter, Rolf Gantert, Kerstin Stegerer, Harald Müller, Udo Huber, Nadine Zimmermann, Ulrike Krause, Bruno Morath, Thomas Troll und Hilda Woll.
  • Stiftungsrat: Marco Johner, Harald Müller, Melanie Mutter, Udo Huber, Bruno Morath und Thomas Troll. Vorsitzender ist seit März kraft Amtes Pfarrer Fabian Schneider. Der Stiftungsrat ist für Vermögens- und Personalverwaltung verantwortlich, ebenso für die Einhaltung der vorab durch den Pfarrgemeinderat abgesegneten Finanzpläne. Jede Kirchengemeinde muss außer ihrer Stellung im Kirchenrecht auch über eine Rechtspersönlichkeit im Bereich des staatlichen Rechts verfügen. Sie könnte sonst nicht im juristischen Sinne handeln.