Gudrun Deinzer

Herr Ulmer, Sie kommen am 29. März mit Anyone’s Daughter nach Bonndorf. Waren Sie in der Ecke schon einmal?

Nee, also so nah am Schluchsee war ich mit Anyone’s Daughter noch nicht, nur im September letzten Jahres hatte ich ein Konzert mit „Pur“ in der Rothaus Brauerei.

Kaum hatte der Folktreff veröffentlicht, dass Anyone’s Daughter kommen wird, hatten wir schon Kartenbuchungen von recht weit her, die es kaum fassen konnten, dass Sie auftreten. Kann es sein, dass Sie zu wenig Konzerte geben?

Das ist ja schön. Wir würden gerne mehr Auftritte machen, aber es müssen halt auch die Rahmenbedingungen stimmen. Es ist heute sehr schwer, wirklich gute Veranstalter zu finden, die gute Werbung machen, so wie der Folktreff Bonndorf. Viele Clubs drucken ihr Programmheft, machen bisschen Facebook und denken, das reicht.

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Die Ur-Band Anyone’s Daughter wurde 1972 gegründet. Das war die Zeit des hymnischen Rocks von Queen. Hat Sie das beeinflusst?

Wir waren damals so um die 14 Jahre alt. 1979 erschien dann die erste CD von Anyone’s Daughter, ‚Adonis!‘. ‚Hymnischer Rock‘ hat mich damals schon beeinflusst, es waren aber weniger Queen, die waren mir immer etwas zu ‚operettenhaft‘, wenngleich auf ihre Art natürlich genial, aber eben nicht ganz mein Geschmack. Beeinflusst wurden wir damals eher von Genesis, Deep ­Purple oder Yes. Auch Jazzrock von Chick Corea’s ‚Return to Forever‘ stand ganz oben auf unsrer Liste.

Was hat Anyone’s Daughter heute noch mit den ersten Jahren zu tun?

Ich würde mal sagen: Die Atmosphäre der Musik ist immer noch dieselbe, so eine manchmal etwas melancholische Grundstimmung, die aber heute doch manchmal ins ‚Aggressivere‘ wechselt. Ich bin definitiv kein Freund von Bands, die versuchen, so wie zu ihrer Anfangszeit zu klingen beziehungsweise die Musik von damals zu kopieren. Musik hat etwas mit Zeitgeist zu tun, dem man sich nicht anbiedern muss, aber ich könnte heute nicht mehr dieselbe Musik machen wie in unsrer Anfangszeit. Das wäre sozusagen Anbiederung an die ‚Retrofraktion‘, im Sinne von ‚Ach war das früher alles toll‘. Klar war es das, aber ich für meinen Teil lebe trotzdem im Hier und Jetzt und mache die Musik, die mir heute einfällt, auch logischerweise beeinflusst von aktueller Musik.

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Sechs Alben hat die Band in der ersten Karriere aufgenommen, in nur sieben Jahre. Warum ist Anyone’s Daughter damals von der Bildfläche verschwunden?

Damals hat man noch jedes Jahr ein Album aufgenommen. Die Trennung der ‚alten‘ Anyone’s Daughter Besetzung hatte damit zu tun, dass mein Gründungspartner, Uwe Karpa, und ich unseren Zivildienst leisten mussten, und unser damaliger Sänger Harald Bareth in der Zwischenzeit zu studieren anfing und nicht mehr auf die Bühne wollte. Ich selbst hatte auch das Bedürfnis, mal was anderes zu machen.

Sie hatten Anfang des neuen Jahrtausends schon einmal ein Comeback. Bis 2004 sind zwei Alben erschienen, dann gab es wieder eine schöpferische Pause. Warum?

Ich bin halt Profimusiker und da macht man viele Sachen auch als Job, so wie jeder Handwerker auch, wobei ich das Glück hatte, immer in Bands zu spielen oder für Bands im Studio zu arbeiten, deren Musik mich auch emotional berührte. Und da hat man eben nicht immer Zeit, sich um sein eigenes ‚Baby‘, sprich Anyone’s Daughter, zu kümmern.

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2018 erschien Ihr neues Album „Living in the Future“. Wo kam der neue Schaffensdrang her?

Schaffensdrang habe ich eigentlich immer. Es wahr eher so, dass das Album „Living the Future“ eine Art Best off aller Songs der letzten 14 Jahre seit ‚Wrong‘ ist. Ich persönlich finde, dass heute sowieso viel zu viel veröffentlicht wird, und bin der Meinung, dass auch nicht alles, was mir einfällt veröffentlicht werden muss, eben nur das Beste davon.

Die Songs stammen aus Ihrer Feder. Was ist Ihnen wichtig als Komponist?

Für mich gibt es zwei Arten zu Komponieren: Die eine ist die Auftragskomposition, das heißt, jemand sagt dir, schreib mal einen Song, eine Musik, das muss in die und die Richtung gehen. Das macht man dann, und versucht natürlich trotzdem, soviel wie möglich seiner eigenen ‚Personality‘ einzubringen. Also zumindest bei mir ist das so. Die andere Art zu komponieren ist bei mir: Ich sitze am Klavier, habe zuvor 3 Wochen keinen Job zu erledigen gehabt, spiele irgendwas und denke, ‚oh da könnte was draus werden‘. Und an dem Thema mache ich dann solang weiter, bis es für mich fertig ist, das kann schnell gehen oder auch sehr lange! Dabei entstehen dann meistens Anyone’s Daughter-Songs, eben sehr inspirierte Musik, wie ich denke!

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Worauf legen Sie in Ihren Texten Wert?

Die Texte des letzten Anyone’s Daughter Albums ‚Living the Future‘, stammen hauptsächlich von Mick Jackson. Ich selbst schreibe nur Musik, weshalb ich mich niemals als Songwriter bezeichnen würde. Das ist sowieso das Ding bei Anyone’s Daughter, die Musik ist zuerst da. Aber in Mick Jackson, der auch drei Songs auf dem Album ,Living the Future’ gesungen hat, habe ich einen perfekten Songwriting-Partner, der mich auch sehr gut kennt und deshalb auch immer die Stimmung der Musik trifft. Auf jeden Fall sollte auch der Text, ebenso wie die Musik, eine Emotion transportieren.

Sie selbst gehören zur aktuellen Bandbesetzung von Pur – beeinflusst Sie diese Musik?

Alles was man tut beeinflusst einen natürlich. Dazu muss ich allerdings sagen: Ich befürchte es ist andersrum, zumindest was die alten Anyone’s Daughter angeht. Wir sind ja drei bis vier Jahre älter, als die Jungs von Pur, ja die Band gab’s damals auch schon und Hartmut Engler war damals auf einem runden Dutzend von Anyone’s Daughter Konzerten, in den 70ern und 80ern. Er kennt die Texte übrigens besser als ich.

Ist Anyone’s Daughter ein Ausgleich für Sie?

Naja, da kann ich musikalisch machen, was ich will, ohne Kompromisse.

Nach Bonndorf kommen Sie als Trio mit zwei anderen, sehr erfolgreichen Musikern – Lead-Sänger John Vooijs und Gitarrist Uwe Metzler. Wie sind Sie zusammen gekommen?

Unser Schlagzeuger, Peter Kumpf, der in der Trio-Besetzung nicht dabei ist, hatte John Vooijs beim Musical Tarzan kennengelernt. Er sagte, der würde passen als neuer Sänger. Und er passt zu 1000 Prozent. Uwe Metzler habe ich kennengelernt, als wir beide bei einem Solo-Konzert von Roland Bless, ein früheres Bandmitglied von Pur, spielten. Ich fand ihn einfach super.

Was schätzen Sie an Ihnen?

Geile Typen und geile Musiker.

Wenn Sie mit Ihrem engen Zeitplan ein Konzert (in Bonndorf) geben, worauf freuen Sie sich am meisten?

Auf das Publikum.