Juliane Kühnemund

Die Hänge in der erdgeschichtlich gesehen noch jungen Wutachschlucht sind instabil, das Gelände rutscht und mit ihm auch die L 170, die als wichtige Verbindung zwischen den Landkreisen Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald durch die Schlucht führt. In schon fast steter Regelmäßigkeit muss die Straße saniert und stabilisiert werden. Derzeit laufen dort erneut umfangreiche Bauarbeiten mit einem Kostenvolumen von mindestens einer Million Euro.

Rund 130 Drainagepfähle werden mit der mächtigen Bohrmaschine 20 Meter tief im Erdreich verankert.
Rund 130 Drainagepfähle werden mit der mächtigen Bohrmaschine 20 Meter tief im Erdreich verankert. | Bild: Juliane Kühnemund

Am stärksten in Bewegung ist ein etwa 70 Meter breiter Hangbereich zwischen der Kreuzung L 170/B 315 und dem Abzweig nach Bonndorf-Boll. Bis zu 30 Zentimeter pro Jahr verschiebt sich hier das Gelände, erläuterte Projektleiterin Maren Schäpers vom Baureferat Bad Säckingen des Regierungspräsidiums Freiburg im Gespräch mit dieser Zeitung bei einem Vor-Ort-Termin. Um diese Rutschungen auszubremsen, wurden bereits im Jahr 2017 auf einer Strecke von etwa 150 Metern 76 Bohrpfähle bis zu 13,5 Meter tief im Untergrund verankert – mit einem Teilerfolg. An den Rändern führte dieses etwa 1,3 Millionen teure Projekt zu einer Stabilisierung des Hangs und der Straße. In dem etwa 70 Meter breiten mittleren Bereich allerdings rutschte das Gelände weiter ab – die Straße warf Wellen und konnte nicht mehr befahren werden.

Wasser wirkt wie Schmiermittel

Nach den Worten von Maren Schäpers liegt die Problematik hier in zwei Gleitzonen – zwölf und 18 Meter tief gelegen – in denen Wasser fließt. Das Wasser wirke wie ein Schmiermittel, mit der Folge, dass der Hang rutscht. Das Wasser muss also aus den Fugen heraus fließen und gezielt in Richtung Wutach abgeleitet werden. Ein entsprechendes Konzept hat die Ingenieur-Gruppe Geotechnik aus Kirchzarten in Zusammenarbeit mit dem Geologischen Landesamt und dem Ingenieurbüro Tillig ausgearbeitet.

Auch unterhalb der L 170 sind große Maschinen im Einsatz. Beim Abgraben des Erdreiches wird sichtbar, wie viel Wasser aus den ...
Auch unterhalb der L 170 sind große Maschinen im Einsatz. Beim Abgraben des Erdreiches wird sichtbar, wie viel Wasser aus den Gleitfugen des Hangbereiches fließt. Dieses Wasser soll nun durch die Drainagepfähle abgefangen und kontrolliert zur Wutach abgeleitet werden. | Bild: Juliane Kühnemund

Zur Umsetzung des Konzepts rückte vor rund einer Woche eine rund 160 Tonnen schwere Bohrmaschine an. Zwei Tage lang war der Schwertransport von Oberbayern nach Bonndorf unterwegs. Hinzu kam der Transport eines zweiteiligen Bohrmasts (mit jeweils 21 Tonnen Gewicht), der mithilfe eines Autokrans vor Ort zusammengebaut wurde und eine Länge von 28 Metern aufweist. Der Bohrgigant hat mittlerweile seine Arbeit aufgenommen und kommt auch nachts nicht zur Ruhe: „Menschen und Maschinen arbeiten fünf Tage in der Woche rund um die Uhr“, sagte Maren Schäpers. Die Projektleiterin im Regierungspräsidium verwies dabei auch auf das relative kleine Zeitfenster, in dem solche Mammutarbeiten in dem sensiblen Naturschutzgebiet Wutachschlucht möglich sind.

Ehrgeiziger Zeitplan

Projektleiterin Maren Schäpers rechnet damit, dass die Arbeiten zur Verankerung der Pfähle bis Anfang Dezember abgeschlossen werden können. Bis zum Ende des Jahres soll das Gesamtprojekt abgeschlossen sein. Man habe großes Interesse daran, die L 170 so bald wie möglich wieder für den Verkehr freigeben zu können. Schließlich handle es sich hier um eine wichtige Verbindungsstraße.

Ziel sei es ferner, den Baustellenbereich schnell wieder zu begrünen und aufzuforsten. Im kommenden Sommer, so Schäpers, soll nicht mehr viel von den gigantischen Geländebewegungen zu sehen sein. Der Zeitplan ist ehrgeizig, räumte Schäpers ein, sie glaubt aber – sollten sich keine unvorhersehbaren Probleme oder Wetterkapriolen einstellen – dass die gesteckten Ziele erreicht werden können.

Bei allem Optimismus, was den Erfolg des erneuten Millionenprojekts zur Stabilisierung der Landesstraße betrifft, ist Maren Schäpers aber auch realistisch. Man werde es auch mit dem Einsatz modernster technischer Mittel nicht schaffen, die Rutschungen an dem Hang für immer komplett zum Stillstand zu bringen. Welche gewaltigen Kräfte hier wirken, sei schon allein an den 2017 gesetzten Bohrpfählen zu erkennen, die sich – vor vier Jahren senkrecht gesetzt – mittlerweile etwas in Richtung Tal neigen.

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Mit der jetzigen Maßnahme hofft man aber, die Hangverschiebung stark zu verlangsamen. Das jetzige Konzept verspreche unter etlichen anderen geprüften Lösungsmöglichkeiten den größten Erfolg, sagte Maren Schäpers.

Und wie wäre es mit einer Brücke über die Schlucht? Diese Frage tauche immer wieder auf, meinte Schäpers dazu. Nach ihrem Dafürhalten würden aber auch bei einer Brücke die instabilen Hangbereiche der Wutachschlucht Probleme bereiten.