Martha Weishaar

So klein der Ortsteil Ebnet auch sein mag, so bedeutungsschwanger scheint er doch im Hinblick auf einige gruselige Überlieferungen zu sein. Eine davon bescherte einem Ebneter Gewann sogar die Bezeichnung „Totengraben“.

Zwei klapprige Schimmel sollen an einem düsteren Abend während des Dreißigjährigen Krieges einen Wagen durchs Dorf gezogen haben, der mit einem roh gezimmerten Sarg beladen war. Den Ebnetern grauste es. Keiner wagte es, den unter einer Kapuze zusammengekauerten Fuhrmann anzusprechen. Schon am folgenden Tag gab es in Ebnet den ersten Pesttoten. Die Seuche raffte in der Folgezeit jene dahin, die jenen furchteinflößenden Kapuzenmann nicht gesehen hatten.

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Nun mussten die Leichen der Menschen, die an der Seuche starben, nach Birkendorf geschafft werden, zu dessen Pfarrgemeinde Ebnet seinerzeit gehörte. Dabei rutschte eines Tages auf dem holprigen Weg ein Sarg vom Wagen. Da der Fuhrmann wusste, dass er am folgenden Tag erneut eine Fuhre Toter nach Birkendorf bringen würde, lehnte er den Sarg kurzerhand an eine Tanne. Er setzte seine Fahrt mit der Absicht fort, den Sarg erst am nächsten Tag wieder aufzuladen.

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Was der Mann allerdings nicht wissen konnte, war, dass er selbst den folgenden Morgen nicht mehr erleben würde. So verblieb der unglückselige Tote an jener Stelle. Die Ebneter nannten den Tobel fortan „Totengraben“.

Spekuliert werden kann darüber, ob diese Geschichte etwas mit dem „sonderbaren Zwischenhalt“ eines Grafenhauseners im Ebneter Loch zu tun hat. Besagter Bäckermeister fuhr nach ausgiebiger Einkehr im „Wilden Mann“ und müde vom Tagwerk von der Wellendinger Mühle zurück nach Grafenhausen.

Er war auf dem Kutschbock eingenickt, im Wissen, dass sein Pferd den Heimweg allein finden würde. Ohne ersichtlichen Grund blieb das Pferd plötzlich stehen. Als es hinter dem Rücken des Bäckers knarrte, ächzte und kratzte, spürte er unzweifelhaft, dass jemand hinter ihm auf dem Gefährt Platz genommen hatte.

Das trieb dem Mann nicht nur Angstschweiß aus den Poren, sondern verleitete ihn zum Beten. Beim Kreuzzeichen setzte das Pferd unvermittelt seinen Weg fort. Dem Bäcker war das eine Lehre. Nie mehr machte er sich so spät auf den Heimweg und von Müdigkeit war zumindest an jener Stelle des Weges nie mehr eine Spur.

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Keine Totenruhe soll es auch für den raffgierigen Bauern Peter Antoni gegeben haben. Der versetzte nicht nur Grenzsteine, während die Ebneter die Sonntagsmesse besuchten, sondern nahm auch sonst alles an sich, was nicht niet- und nagelfest war.

Auf dem Totenbett reute ihn sein Tun. Er bat seine Frau, alles unrechtmäßig Erworbene zurückzugeben. Diese jedoch dachte in ihrer Habgier gar nicht daran, den letzten Wunsch ihres Gemahls umzusetzen. Der Bauer fand keine Ruhe im Grab, seine Frau verlor den Verstand.

Viele Ebneter meinten daraufhin, Peter Antoni als zerlumpte Gestalt mit einer schweren Haue auf dem Rücken an den Grenzsteinen umherirren zu sehen, wenn sie zur Kirche gingen. Vor allem an Pfingsten soll es den Unseligen umhergetrieben haben.

Eine zweite Auflage des Buches, die in diesem Herbst erschienen war, ist bereits wieder vergriffen.

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