Bonndorf – Mit einem Umtrunk in der Schwanke-Halle für die Anwohner hat die Stadt Bonndorf am Mittwochnachmittag offiziell die Fertigstellung der 16 Monate dauernden Bauarbeiten in der Straße Im Bierbrunnen begangen. Bürgermeister Marlon Jost kam, der Planer Ingenieur Marcus Greiner vom gleichnamigen Büro in Donaueschingen, einige Gemeinderäte, Vertreter des Bauhofs sowie von der ausführenden Firma Strabag und natürlich etliche Anwohner. Bei diesen bedankte sich Bürgermeister Jost für ihre Geduld. Er hob in seiner Begrüßung auch die Bauarbeiter hervor. „Danke, dass ihr das so gut gemanagt habt.“
Ingenieur Marcus Greiner hielt einen Rückblick. Die ersten Gespräche zwischen Stadt und seinem Büro hatten schon im Jahr 2020 stattgefunden, weil Im Bierbrunnen Handlungsbedarf bestand. Die Kanalisation war dort unterdimensioniert: Die Rohre mussten Regenwasser sowie Abwässer aus den Haushalten simultan aufnehmen. Das ging stets zum Beispiel bei der Schneeschmelze schief. Regelmäßig standen Keller unter Wasser. Die Frischwasserleitungen unter der Straße waren auch nicht mehr die neuesten. Daher entschloss sich die Stadt 2021 zum großen Wurf, Kanalisation und Wasserleitungsnetz zu erneuern – und im Anschluss auch den Straßenbelag aufwendig wieder herzustellen. Nach mehr als zwei Jahren des Planens begannen die Arbeiten im Sommer 2023.
Noch bevor aber der erste Bagger anrollte, gab es Ärger in Bonndorf: Nach Berechnungen des Planungsbüros vom August 2021 hätten die Baukosten rund 2,1 Millionen Euro betragen. Nur lag diese Schätzung im Rathaus offenbar nicht vor. Michael Glück, seit Februar 2022 Stadtbaumeister, war daher von den im Haushalt vorgesehenen 1,2 Millionen Euro ausgegangen. Erst das Ergebnis der Ausschreibung offenbarte 2023 die tatsächlichen Kosten von 2,3 Millionen Euro. In der Folge des Streits verließ der langjährige Bauamtsmitarbeiter Werner Steiert die Bonndorfer Verwaltung. Und Ingo Bauer, Sprecher der CDU-Fraktion im Rat, warf wütend sein Amt als stellvertretender Bürgermeister hin, weil er mit den Vorgängen im Rathaus nicht einverstanden sei. Stadtbaumeister Glück erlebte die Vollendung des Großprojektes auch nicht mehr im Amt: Er habe seinen Posten „in beiderseitigem Einverständnis“ aufgegeben, wie Bürgermeister Marlon Jost am 10. September ohne nähere Erläuterungen mitteilte. Wer das Verschwinden der Schätzung zu verantworten hatte, blieb ungeklärt – oder wurde nie öffentlich gemacht. Weniger ins Gewicht fielen Pannen bei den Arbeiten am Kanal und an der Straße: Ein Bagger durchtrennte ein Internetkabel, und neuerliches Grummeln im Gemeinderat löste Anfang des Jahres aus, dass ein weiterer Teil des alten Straßenbelags als Sondermüll entsorgt werden musste. Die Bauzeit sei aber im Rahmen des Erwartbaren geblieben, sagte Greiner: „Außenstehenden kommt das lange vor, aber da ist doch viel Kleinteiliges zu erledigen.“ Er wies unter anderem auf die Vielzahl der Leitungen unter der Straße hin. Insgesamt habe die Baufirma Strabag einen guten Job gemacht, so der Ingenieur. Er bedankte sich auch bei den Anwohnern für ihre Geduld.
Zu Wort meldete sich anschließend Bernhard Amann, ehemaliger Rat und Sprecher der Anwohner. Er gab dem neuen Erscheinungsbild der Straße beste Noten. Kritik übte er an der Kommunikation der Stadt. „Mit einer Informationsveranstaltung vor den Baumaßnahmen hätten viele Spannungen vermieden werden können“, sagte er. Ein Info-Abend war 2023 bereits in Aussicht gestellt worden, fand aber nie statt. Auch Anwohnerin Susanne Kaufmann blickt im Ärger zurück: „Ich würde keinem anderen wünschen, das durchzumachen.“ Unter anderem hatten es die Bewohner immer wieder mit einer gesperrten Straße zu tun. Auch Kaufmann kritisierte aber vor allem die Informationspolitik der Stadt. Sie ist stellvertretende Leiterin des Bauamts von Waldshut-Tiengen. „Bei uns“, sagt sie, und meint damit die Behörde, für die sie tätig ist, „werden Anwohner bei solchen Arbeiten ein Jahr im Voraus informiert.“
Das lief im Bierbrunnen anders. Erst drei Wochen vor Baubeginn sei den Bürgern per Flugblatt mitgeteilt worden, was konkret auf sie zukommt. „Wir fanden einen Zettel im Briefkasten, dass bis Dezember unsere Straße nicht befahrbar sein würde“, berichtet Kaufmann. Mit Schrecken erinnert sie sich daran, dass sie damals auf die Zustellung eines neuen Sofas wartete. Nachbarn hätten in heller Panik schnell Heizöl geordert, damit es noch vor der Sperrung geliefert würde. „Ältere Menschen waren beim Einkaufen komplett überfordert“, stellt Kaufmann fest. Und es gebe Pflegefälle in der Straße, für die Mobilität ohne Auto eine große Herausforderung sei. Dafür habe es keine vorausschauende Planung der Stadt gegeben, eben so wenig, ob die Feuerwehr hätte durchkommen können.