Martha Weishaar

216 Sagen und Geschichten aus Bonndorf, Stühlingen, Wutach und der näheren Umgebung hat Emil Kümmerle im Verlauf etlicher Jahre gesammelt und sie in einem Buch zusammengestellt. In einer Serie veröffentlichen wir Auszüge oder Zusammenfassungen aus den Erzählungen.

Ortsadel

Teufel, Hexen und Geister sollen zu Zeiten der Altvorderen vor allem in Dillendorf in Unwesen getrieben haben. Andererseits sei der idyllische Flecken auch für den Adel interessant gewesen, heißt es in alten Überlieferungen. Mitte des zwölften Jahrhunderts habe ein eigener Freiherren-Ortsadel seinen Sitz in einem steinernen Wohnturm bei der ehemaligen „Unteren Mühle“ gehabt.

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Das Schloss sei im Bauernkrieg allerdings zerstört worden. Mauerstücke seien danach für den Aufbau anderer Häuser geschleift worden. Noch im 19. Jahrhundert hätten Mauerreste sowie ein Graben an den einstigen Prachtbau erinnert. Zu einem Schloss gehörte natürlich immer auch ein Geheimgang. In Dillendorf wird gar gemunkelt, in jenem Gang sei eine Menge Waffen zu finden. Der Straßenname „Burgrain“ erinnert heute noch an diese Ära, ebenso der Flurname „Schlossbuck“.

Die Hölle

Andererseits gibt es in Dillendorf auch einen Flurbezirk „Höll“. Kindern sei streng verboten worden, dort zu spielen, denn in einer dortigen Mauerhöhle wurde der leibhaftige Teufel vermutet. Tatsächlich sei es jedoch so gewesen, dass sich dort in zehn Metern Tiefe eine Höhle mit Stalaktiten und einem Wasserlauf befunden habe. Irgendwann wandelte sich vermutlich die einsturzgefährdete Höhle im Sprachgebrauch zur Hölle, in der der Teufel den armen Seelen auflauert.

„Hexenchuchi“

Einer etwas anderen Höhle nahe der Dillendorfer Säge wurde das Treiben einer Hexe zugesprochen. „Bettler“- oder „Hexenchuchi“ wurde dieser Felsvorsprung im Volksmund genannt. Bettler, Landfahrer oder Handwerksburschen sollen dort Unterschlupf zum Übernachten gesucht und sich vermutlich ein Nachtmahl zubereitet haben. Ein Wandergeselle, der an einem Karfreitag sein Speckvesper verzehrt habe, sei vom Blitz getroffen worden.

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Kindern habe man den Platz verboten, auch Erwachsene mieden ihn, zumal Geschichten von geraubten Kindern oder Überfällen kursierten. Nachts habe nahe der Dillendorfer Säge ein Mann ohne Kopf sein Unwesen getrieben. Ein weiterer Grund, diesen Ort nach Einbruch der Dunkelheit zu meiden.

„Ornewibli“

Das „Ornewibli“ soll den Dillendorfern dereinst gehörig zugesetzt haben, vor allem nächtlichen Spätheimkehrern.
Das „Ornewibli“ soll den Dillendorfern dereinst gehörig zugesetzt haben, vor allem nächtlichen Spätheimkehrern. | Bild: Martha Weishaar

Im Dunkeln war sowieso seit Alters her Vorsicht geboten. Denn auch im Ornewald, an der Gemarkungsgrenze zwischen Brunnadern und Dillendorf, soll es nicht immer mit rechten Dingen zugegangen sein. Dort, so die Legende, habe das „Ornewibli“ gespukt. Es habe nächtliche Heimkehrer geplagt, Kinder und Fußgänger vom Weg gelockt oder auch Zugtiere scheuen lassen.

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Andererseits habe es Kirchgängern, die sich am Klingelbeutel großzügig zeigten, auf dem Heimweg ihre Spende wieder zugesteckt. Bei manch einem geschädigten Spätheimkehrer indes keimte der Verdacht auf, dass ihm weniger das „Ornewibli“ als die erboste Gattin aufgelauert und ihn mit Dornenzweigen oder Knüppeln malträtiert hatte.