Die Pläne waren da, doch es kam anders: Wegen des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) und der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre wurde keine Eisenbahnlinie durch den Hotzenwald gebaut. Es entstand nur ein Bahnhof in St. Blasien, doch dieser sah nie eine Eisenbahn – in Seebrugg am Schluchsee endet die von Freiburg ausgehende Dreiseenbahn, heute die DB Regio.

Dabei waren die Hausaufgaben gemacht: Ingenieur Friedrich Reitmeyer hatte den Planungsauftrag für eine Strecke durch den Hotzenwald mit Anbindung an St. Blasien im Norden und an die Hochrheinbahn im Süden sowie eine Verbindung zur Höllentalbahn erfüllt. „Die Streckenführung sollte möglichst viele Ortschaften berühren“, erklärte Norbert Lüttin am gut besuchten jüngsten Geschichtsstammtisch Hotzenwald in Niederwihl.

Norbert Lüttin (rechts) mit Geschichtsstammtisch-Initiator Gerhard Krug nach seinem Referat über die Hotzenwaldbahn.
Norbert Lüttin (rechts) mit Geschichtsstammtisch-Initiator Gerhard Krug nach seinem Referat über die Hotzenwaldbahn. | Bild: Peter Schütz

Von St. Blasien aus sollte die Trasse via Mutterslehen, Ober-Ibach, Todtmoos, Großherrischwand, Herrischried, Hottingen und mit einer Schleife über Oberwihl sowie Hänner nach Murg oder Laufenburg führen. Tunnelbauten sollten im Winter vor Schneeverwehungen schützen. Argumente für die Hotzenwaldbahn gab es reichlich. 1907 stimmte der Badische Landtag der Petition zum Bau einer Bahn von St. Blasien ins Rheintal zu.

Die Wirtschaft brummte

Die wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Hotzenwald sprachen dafür: In St. Blasien gab es eine mechanische Spinnfabrik mit der ersten Hochdruck-Wasserturbine Deutschlands, in Görwihl entstand um 1880 die Seidenstoffweberei Setalin, um die Jahrhundertwende waren in 44 Gemeinden des Hotzenwalds 2000 Heimweber für die Seidenbandweberei Bally & Söhne in Säckingen tätig, in Murg liefen 1914 rund 500 Webstühle, in Hänner wurde 1896 eine Seidenband-Weberei errichtet, 1906 in Hottingen eine mechanische Buntweberei mit 166 Webstühlen. Zur Stromgewinnung wurde 1908 das Wasserkraftwerk unterhalb der Schlag-Säge in Betrieb genommen.

Weitere Argumente für die Hotzenwaldbahn waren der zunehmende Tourismus, vor allem in Todtmoos (Pilger, Kurgäste), und die 1903 in Görwihl gegründete „Kraft-Absatz-Genossenschaft Elektra“, ursprünglich „Wald-Elektra“ genannt, die erste ländliche Elektrizitätsversorgungsgesellschaft Deutschlands. Strom war vorhanden, ebenso viele wirtschaftliche Güter wie Holz, die mit der Bahn hätten transportiert werden können. 1907 wurde ein Stammkomitee für die Vorbereitungsarbeiten des Bahnbaus St. Blasien-Murgtal-Rheintal unter dem Vorsitz des Herrischrieder Bürgermeisters Peter Matt gegründet.

Die Ewigkeitsbahn kommt zu ihrem Namen

Die Finanznot in Baden vor dem Ersten Weltkrieg verlangsamte den Bau der Dreiseenbahn, weshalb sie den Namen „Ewigkeitsbahn“ erhielt. Die Strecke von Freiburg bis Seebrugg wurde erst 1926 eingeweiht und der Weiterbau der nach St. Blasien geplanten Bahnlinie durch die Weltwirtschaftskrise gestoppt.

Obwohl vom badischen Landtag weiterhin unterstützt, hatte das Projekt aus finanziellen Gründen bei der Regierung in Karlsruhe keine Chance auf Verwirklichung – aus heutiger Sicht eine fatale Entwicklung, wie Norbert Lüttin mit Blick auf die erst kürzlich im Görwihler Gemeinderat, dem er angehört, vorgestellte Regionalplanung 3.0 berichtete. Demnach sei eine Entwicklung im Hotzenwald in Form von Gewerbegebieten nicht möglich, was für Lüttin „eine Herabstufung des Hotzenwaldes“ bedeuten würde. Als er den Vertreter des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee nach den Gründen fragte, soll dieser geantwortet haben: „Weil es hier keine Bahnverbindung gibt.“

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