Über den Einwohnerantrag zur Einführung der Tempo 30 Zone in den Klettgauer Wohn- und Mischgebieten wurde im Gemeinderat ausführlich diskutiert. Letztlich kam es aber zu keiner Entscheidung, da das Gremium mehrheitlich beschloss, in dieser Frage alle Bürger mittels eines Bürgerentscheides über dieses Thema entscheiden zu lassen.
Um einen Bürgerentscheid herbeizuführen, braucht es 539 Unterschriften von wahlberechtigten Klettgauern. Für die Antragsteller heißt das folglich erneut ausrücken und Unterschriften sammeln.
Bereits in der überaus gut besuchten Bürgerfrageviertelstunde nutzten zwei Klettgauer die Gelegenheit, um ihren Standpunkt klarzustellen. Luca Jäckel erklärte, er habe bereits unabhängig von der Bürgerinitiative Unterschriften für einen Bürgerentscheid zum Thema gesammelt, dabei geht es ihm ausschließlich darum, dass die Bürger über das Thema entscheiden, egal wie sie sich zu Tempo 30 positionieren. Er wolle weiter Unterschriften sammeln. Walter Scheyer befürchtete einen Schilderwald, und argumentierte: „Wir sind doch alles erwachsene Bürger.“
Das steckt hinter der Initiative
Der in der Sitzung vorliegende Antrag der Initiatoren Katharina KunzeHoernstein, Michael Ehm und Susanne Göbelbecker für Tempo 30 in den Wohn- und Mischgebieten Klettgaus war von 287 Personen unterschrieben, davon waren 169 gültig, das Quorum von 200 damit nicht erfüllt. Dennoch wurde der Antrag zu Beratung zugelassen.
Die gut vorbereiteten Initiatoren hatten vorab die Gelegenheit, ihr Anliegen und ihre Vorgehensweise vorzustellen. Aufgrund einer Umfrage an allen Klettgauer Schulen und einer späteren Umfrage unter über 16-jährigen Klettgauern habe sich der Wunsch nach Tempo 30 Zonen in Wohn- und Mischgebieten deutlich herauskristallisiert. Vorrangig die Sicherheit von Fußgängern, insbesondere von Kindern auf dem Weg zur Schule oder dem Kindergarten, aber auch aller anderen Verkehrsteilnehmer sprechen naturgemäß für Tempo 30.
Ebenso die Verringerung der Emissionen wie Lärm und Abgase. Die bestehenden 30er Zonen, als da sind die Straßenzüge bei Kindergärten und Schulen, reichten bei weitem nicht aus. Ein schlagendes Argument ist die Zunahme des Verkehrsaufkommens. Im Zeitraum von 1991 bis 2019 habe dieses um 34 Prozent zugenommen, der Straßengüterverkehr gar um 103 Prozent, führten die Initiatoren an.
Der Blick der Verwaltung auf das Thema
Indes erläuterte Bürgermeister Ozan Topcuogullari die einzelnen bereits getroffenen Maßnahmen zur Sicherheit der Fußgänger sowie zur Drosselung der Verkehrsgeschwindigkeit. Er informierte, dass es an der Erzinger Hauptstraße in naher Zukunft eine Fußgänger-Ampel und Fahrbahninseln geben werde. Auch legte er statistische Daten vor, die keinerlei Unfallschwerpunkte oder drastische Geschwindigkeitsüberschreitungen aufwiesen. Sein Fazit: „Ich appelliere an die Vernunft der Menschen.“
In der folgenden Diskussion wurde das Für und Wider kontrovers diskutiert, für die zahlreichen Sitzungsbeobachter ergab sich vorerst der Eindruck, dass die Tempo 30-Befürworter im Rat überwiegen.
Pro-Stimmen zum Thema Tempo-30
Rosemarie Hartmann (Grüne): „Ich plädiere zum Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmer für Tempo 30.“ Sie habe noch nie negative Rückmeldungen zum Thema Tempo 30 -Zonen erhalten.
Ihr Fraktionskollege Philipp Budde sagte: „Ich habe mich im Vorfeld mit dem Thema befasst und in meiner Umgebung umgehört und alle haben sich für Tempo 30 ausgesprochen.“ Man solle jetzt über den Antrag entscheiden, alles andere sei ein Hinauszögern, schließlich sei man gewählt worden, um Entscheidungen zu treffen.
„Ich bin beruflich viel in den Nachbargemeinden unterwegs, dort ist allerorts Tempo 30 in Wohngebieten die Norm“, so Marianne Hässler (Grüne).
Heinz Beetz (SPD) stellte folgende Fragen: „Kann mir jemand überhaupt Nachteile von Tempo 30 nennen? Vergeben wir uns was mit Tempo 30?“ – Fragen, die unbeantwortet blieben.
Contra-Stimmen zum Thema Tempo-30
Sabine Budde FWV) waren 169 Stimmen „zu wenig“. „Diese Entscheidung muss auf eine breitere Basis gestellt werden. Alle Bürger sollten darüber entscheiden. Und 30er-Zonen sind kein Allheilmittel.“
Bürgermeister Ozan Topcuogullari sagte: „Wir sollten die breite Basis entscheiden lassen.“ Er wolle nicht in dieser Sache über alle Köpfe der 7700 Einwohner entscheiden. Deshalb schlug er das Mittel des Bürgerentscheides vor und ließ darüber abstimmen.
Gemeinderätin Gabi Gäng-Schmid (Grüne) gab die dadurch entstehenden Kosten zu bedenken. Für den Bürgermeister war dies kein Argument: „Demokratie kostet eben Geld.“
Die Entscheidung
Letztlich wurde bei einer Gegenstimme (Rosemarie Hartmann) für die Durchführung eines Bürgerentscheides gestimmt, unter der Voraussetzung, dass die Tempo 30- Befürworter die notwendige Unterschriftenzahl von 539 für einen Bürgerentscheid zusammen bekommen.