Tina Prause

Frau Preiser, was macht eine Sozialstation aktuell eigentlich genau?

Unsere Aufgaben sind sehr umfangreich. Bei uns gibt es keine Patienten, wir sprechen von Kunden. Wir versorgen also unsere Kunden zunächst in der Grundpflege. Das sind Menschen, die in einer Pflegestufe eins bis fünf eingestuft sind und Unterstützung bei der Körperpflege wie duschen oder waschen im häuslichen Umfeld benötigen. Ein weiter Bereich ist die Behandlungspflege. Hier handelt es sich um Leistungen, die der Arzt verordnet. Das ist ein Bereich, der im Moment einen Großteil unserer Arbeit einnimmt. Dinge wie beispielsweise Wundverbände wechseln wird aktuell viel angefragt und von uns übernommen. Dann gibt es die Tagespflege. Hier sind die Kunden den ganzen Tag bei uns und werden betreut. Und natürlich das Menü Mobil, mit dem wir unsere Kunden täglich mit Essen versorgen können. Auch bieten wir Hauskrankenpflegekurse für pflegende Angehörige an. Beratungen und Betreuungen werden auch individuell an die Kunden angepasst und durch qualifiziertes Fachpersonal durchgeführt.

Gibt es Angebote, die momentan aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden können?

Die Betreuungsgruppe, auch bekannt als Erzählcafé. Vor der Pandemie hat es ein- bis zweimal pro Woche in Dang­stetten stattgefunden. Wir holen die an Demenz erkrankten Kunden zu Hause ab und bieten Spiele oder Ausflüge, einfach eine schöne Zeit an. Wenn eine neue Ausstellung im Museum in Rheinheim eröffnet, besuchen wir diese oder nehmen in den Sommerferien am Bädle Café Treff teil. Für die betreuenden Familienmitglieder ist das immer eine große Entlastung gewesen. Aktuell kann dieses Angebot leider nicht stattfinden, was wirklich von den Teilnehmern und den Familien sehr bedauert wird.

Tina Prause
Tina Prause | Bild: privat

Seit wann arbeiten Sie für die Sozialstation Klettgau und was genau gehört hier zu Ihren Aufgaben?

Ich arbeite mit Unterbruch von eineinhalb Jahren im April 16 Jahre auf der Sozialstation Klettgau. Ich arbeite als Teamleitung im Bezirk Rheintal. Ich besuche selbst in meiner Tour pflegebedürftige Menschen und unterstütze danach meine Pflegedienstleitung in administrativen Arbeiten. Zu meiner Arbeit gehören auch Erstbesuche von neuen Kunden sowie Gespräche und Telefonate mit Angehörigen. Gespräche mit Ärzten und Therapeuten sowie Betreuern gehören auch dazu. Die Arbeit in dem Team macht mir unglaublich viel Spaß. Es ist ein Hand in Hand Arbeiten.

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Würden Sie sagen, Ihr Tagesablauf ist gut planbar oder ist er tendenziell mit immer wieder neuen Herausforderungen verbunden?

Planbar ist es nie und die Dienstzeit ist auch immer unterschiedlich. Aber das ist ja eigentlich auch normal, denn es sind Menschen, um die es geht und die sind nicht planbar. Es ist ja so, dass ich nie wissen kann, wie ich die Kunden zu Hause vorfinden werde. Dennoch haben wir natürlich unsere festen Abläufe, aber Routine im klassischen Sinn gibt es bei uns nicht. Wenn man in der Pflege arbeitet, passt das Wort Routine einfach nicht dazu. Aber das macht den Beruf eigentlich auch so spannend und abwechslungsreich.

Was hat sich Ihrer Meinung nach in den vergangenen zehn Jahren in Ihrer Branche verändert?

Prinzipiell ist die eigentliche Arbeit unverändert. Lediglich im administrativen Bereich ist auch bei uns die Digitalisierung eingezogen. Früher hatten wir alle Tourenpläne auf Zetteln. Das war rückblickend eher unübersichtlich. Heute arbeiten wir mit Tablets. Das ist schon genial. Aufgrund der Technik hat jeder Mitarbeiter Zugriff auf alle Daten. Das bringt eine große Übersichtlichkeit und final eine große Erleichterung. Prinzipiell ist heute der Dokumentationsaufwand um einiges ausführlicher geworden in den vergangenen zehn bis 15 Jahren. Aber das macht auch Sinn. So können wir unsere Kunden noch optimaler betreuen. Was sehr schade ist, ist die Tatsache, dass es immer weniger Leute gibt, die diesen Beruf erlernen möchten. Unsere Sozialstation selbst ist zwar ein sehr gut aufgestellter Ausbildungsbetrieb mit sechs Auszubildenden pro Jahr, aber wir erleben allgemein in der Branche einen deutlichen Rückgang. Das ist wirklich schade, da wir, gerade die Arbeitszeiten betreffend, sehr viel Flexibilität bieten können und auch gerne Quereinsteiger nehmen. Das bietet zum Beispiel für Mütter viele Möglichkeiten. Der Nachwuchs ist einfach wichtig für uns. Die Bevölkerung wird immer älter und der Pflegebedarf wächst.

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Wie erleben Sie Ihren Beruf seit dem Beginn der Pandemie?

Die Schutzmaßnahmen für uns und unsere Kunden sind sehr hoch. Wir arbeiten seit Beginn der Pandemie mit FFP2-Masken und müssten auch Kunden besuchen, die positiv sind. Darauf sind wir aber auch sehr gut vorbereitet. In so einem Fall müssten wir natürlich zusätzlich eine spezielle Schutzkleidung tragen. Diesen Fall gab es aber bisher noch nicht bei uns. Im ambulanten Dienst werden wir zweimal wöchentlich und in der Tagespflege dreimal wöchentlich getestet. Dieses wird von pensionierten Mitarbeitern übernommen. In den letzten zwei Wochen wurden die ersten Mitarbeiter gegen Covid-19 geimpft. Zusammengefasst werden wir wirklich toll von unserem Geschäftsführer unterstützt bei allen Belangen.

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Wie gehen Ihre Kunden und Ihre Mitarbeiter mit der Situation um?

Zusammengefasst kann man sagen, dass den Kunden In erster Linie die sozialen Kontakte fehlen. Ihnen fehlt das gesellige Beisammensein, die Möglichkeit, sich treffen zu können oder Besuch zu bekommen. Vielen fehlt auch der regelmäßige Kirchenbesuch sehr. Oftmals ist im Moment nur die Sozialstation ein Ansprechpartner für die Kunden. Wir haben für jeden ein offenes Ohr und geben unser Bestes, um so viel wie möglich auffangen zu können. Unser Team weiß, was es zu tun hat. Wir können uns nicht mehr als schützen. Im privaten Bereich schränken wir uns natürlich auch ein. Jeder Mitarbeiter trägt eine große Verantwortung für sich selbst und für die Kunden. Dennoch halten wir zusammen und gehen gemeinsam durch diese schwierige Zeit.

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Wie schaffen Sie sich einen Ausgleich zu Ihrem beruflichen Alltag?

Ich habe eine tolle Familie, die mich unterstützt und mir Rückhalt gibt. Wir sind eine Familie, die einfach funktioniert und das ist so toll. Ich koche gerne für alle und wir essen dann gemeinsam am Abend. Jeder erzählt dann von seinem Tag. Dieser Abend ist für uns alle sehr wichtig. Und da ja im Moment nicht so vieles möglich ist, haben mein Mann und ich begonnen, im Wohnzimmer zu tanzen. Am liebsten auf Schlager (lacht). Tatsächlich haben wir seit unserer Hochzeit nicht mehr getanzt. Das ist etwas Schönes, was die Pandemie gebracht hat und bringt uns viel Spaß.

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Gibt es Dinge, auf die Sie sich besonders freuen, wenn diese doch sehr aufwendige Zeit der Corona-Pandemie für Sie vorbei ist?

Reisen! Das macht uns unglaublich viel Spaß. Seit fünf Jahren ist Holland mein Traumreiseziel und wir haben seit unserem ersten Besuch schon sehr viel von dem Land entdecken können, sodass ich mittlerweile sehr viel kennenlernen durfte. Ich mag die netten Leuten mit ihrer offenen, unkomplizierten Art unglaublich gerne. Das Meer ist fantastisch und kulinarisch sind der Fisch und der Apfelkuchen mein absolutes Highlight. Das ist etwas, was ich aktuell unglaublich vermisse und mich schon heute so sehr darauf freue, wenn ich die Koffer packen kann.