In jedem noch so kleinen Dorf gibt es ihn, den Friedhof, den Gottesacker oder Totenacker. Es ist der Ort des Abschiedes und der Erinnerung. Auch wenn sich die Bestattungskultur geändert hat, dem Ort der Verstorbenen kommt nach wie vor eine große gesellschaftliche Bedeutung zu.

Die letzte Ruhestätte eines Angehörigen oder eines nahestehenden Menschen ist für viele ein bedeutsamer Ort, um sich zu erinnern. Andere wiederum meiden ihn, denn die Auseinandersetzung mit der Sterblichkeit des Menschen ist nicht jedermanns Sache. Der Friedhof ist ein Spiegel der gesellschaftlichen Veränderungen, so gesehen ein Kulturdenkmal.

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Wie auf allen Friedhöfen ist auch dem Erzinger Friedhof der gesellschaftliche Wandel deutlich zu erkennen: an der Gestaltung der Grabsteine, an Urnenanlagen, dem anonymen Urnenfeld und bis Ende des Jahres wird es in Klettgau auch einen Ruhewald beziehungsweise Waldfriedhof geben.

Friedhöfe sind durchaus auch kommunikative Orte.
Friedhöfe sind durchaus auch kommunikative Orte. | Bild: Eva Baumgartner

Die Mobilität der Gesellschaft, die Auflösung traditioneller Bindungen und anderes mehr spiegelt sich zweifelsohne in der Bestattungskultur wider. Ist die klassische Erdbestattung mit Grabstein und Namenszug bald passé? Für die Zunft der Bestatter, Steinmetze und Bildhauer wäre das dramatisch.

Die griechische Mythologie findet sich auf diesem Erzinger Grabstein wieder. Das Boot des Charon bringt die Seele des Verstorbenen über ...
Die griechische Mythologie findet sich auf diesem Erzinger Grabstein wieder. Das Boot des Charon bringt die Seele des Verstorbenen über den Styx in den Hades. | Bild: Eva Baumgartner

Der Erzinger Steinmetzbetrieb Boll und Granacher hat bislang noch alle Hände voll zu tun, denn noch ist auf dem Lande die traditionelle Bestattung vorherrschend. Die beiden Bildhauer stehen für die individuelle Grabgestaltung, und haben für ihre Arbeiten erneut beim Gestaltungwettbewerb 2020 des Landesverbandes ihres Handwerks eine Silbermedaille und zwei Bronzemedaillen errungen. Für Walter Boll ist ein Grabstein gelungen, „wenn er eine Geschichte erzählt“.

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Und wirklich ein Gang über den Erzinger Friedhof mit zahlreichen Grabdenkmalen aus der Erzinger Bildhauerwerkstatt zeigt durchaus die Individualisierung der Friedhöfe auf. Neben den christlichen Symbolen finden sich vermehrt in Stein gehauene Bilder und Symbole, die Aufschluss über den Verstorbenen geben. In der Winzergemeinde Erzingen sind Weinreben ein wiederkehrendes Grabmotiv, sogar die Bergkapelle ist auf einer Grabstele verewigt. Auf einem Urnengrab ist gar ein Fußball zu entdecken, hier fand ein Freund dieses Sportes seine letzte Ruhe. Blumen, Bäume schmücken die Grabsteine, aber genauso abstrakte Symbole, die die Fantasie des Betrachters beflügeln und für die Angehörigen von großer Aussagekraft sind.

Die letzte Entscheidung

Dennoch die Bestattungskultur wird sich auch auf dem Lande dramatisch ändern, die kostengünstigere Beisetzung, die naturnahe und die anonyme, wird auch hierzulande mehr nachgefragt. Dabei spielt auch der Gedanke eine nicht unwesentliche Rolle, niemand mit der Grabpflege zur Last fallen zu wollen.

Ein Urnengrab mit der Erzinger Bergkapelle und Weinreben.
Ein Urnengrab mit der Erzinger Bergkapelle und Weinreben. | Bild: Eva Baumgartner

Diana Hessels, bei der Gemeinde zuständig für das Friedhofswesen, bestätigt: „Der Trend zu diesen Bestattungsformen nimmt zu und mit dem Ruhewald/Waldfriedhof kommt nun die Gemeinde Klettgau dieser Nachfrage entgegen.“ Im Hardtwald an der Weisweiler Straße auf einer Fläche von 1,7 Hektar Wald mit altem Baumbestand wie Eichen, Buchen Eschen, Kirsche besteht zum Jahresende die Möglichkeit für Urnenbeisetzungen unter einem Baum. Schon zu Lebzeiten könne ein Baum ausgesucht werden, Familien könnten auch einen Familienbaum kaufen. Auf Wunsch mit Namenstafeln, die einheitlich gestaltet sein werden.

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