Planung und Organisation sind für alle beruflich Selbstständigen entscheidend. Noch wichtiger sind sie aber wohl für Mütter wie Stephanie Lovisi. Denn sie startete als dreifache Mutter mit der eigenen Firma durch.

Über die Ausgangssituation

„Mein Mann und ich sind beide berufstätig. Ich selbst bin gelernte Bankerin. Als ich 2001 mein erstes Kind bekam, wollte ich eigentlich schnell wieder in den Job zurück. Ich musste aber feststellen: Mit den Betreuungsangeboten, die es damals gab, funktionierte das nicht. Dann bin ich in die Firma meines Onkels Thomas Schäuble eingestiegen und arbeitete fortan im Versicherungswesen. Als mein zweiter Sohn geboren wurde, wechselten meine Schwägerin und ich uns ab mit der Betreuung der insgesamt vier Kinder. Einfacher wurde es, als meine Söhne in den Kindergarten gingen und ich mein Arbeitspensum erhöhen konnte.“

2011, nach der Geburt ihrer Tochter, übernahm Stephanie Lovisi das Unternehmen, wurde ihre eigene Chefin und startete mit einer Mitarbeiterin.

Über die Entscheidung

„Für mich war das ein schwieriger Schritt, über den mein Mann und ich uns viele Gedanken gemacht haben. Denn für mich war ganz klar: Wenn ich die Firma übernehme, dann mit ganzer Kraft und sie wird wie mein viertes Kind sein.“

Aus 1000 Kunden werden bis heute rund 2500, die den Service der Firma Lovisi Versicherungsmakler GmbH nutzen. Das bedeutet eine hohe Arbeitsbelastung für die Chefin.

Über die Folgen

„2012 haben wir unsere Öffnungszeiten so angepasst, dass wir eine relativ lange Mittagspause einlegen können. Meine Tochter kam mit vier Monaten in die Kita. Es war die beste Entscheidung für uns alle und ich sage immer, dass jeder für sich die Lösung finden muss, mit der er leben kann. Ich kam Mittags recht früh nach Hause und konnte meine Mutterrolle genießen, bis mein Mann, der Maschinenschlosser ist, gegen halb vier am Nachmittag nach Hause kam und die Kinder übernahm.

Klar war, dass ich die war und bin, die viel weg ist. Der Erfolg macht mich natürlich stolz und das Geschäft ernährt uns, aber das alles hat seinen Preis. Es ist eine große Aufgabe, seine Partnerschaft, seine Kinder mit der Selbstständigkeit in Einklang zu bringen, ohne dabei sich selbst aus den Augen zu verlieren. Und ja: Auch ich hatte Phasen, in denen ich ein schlechtes Gewissen hatte. In denen ich traurig war, dass ich nicht diejenige war, die die Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hat. Aber wir haben uns mit der Situation so arrangiert, dass es für alle ok ist. Meine Jungs sind mittlerweile 15 und 17 und ich bin so stolz, auf die beiden und wie selbstständig sie sind. Vielleicht wäre das anders, wenn ich immer daheim gewesen wäre.“

Doch Stephanie Lovisi ist nicht nur selbst Mutter, sie ist auch Arbeitgeberin und Chefin von einem Team von mittlerweile vier festangestellten Frauen. Drei von ihnen arbeiten in Teilzeit.

Über Familienfreundlichkeit

„Für mich stand immer fest: Ich will die Kinder und das Business miteinander verbinden. Ein krankes Kind hat immer Priorität. Das räume ich auch meinen Mitarbeiterinnen ein. Aber es ist natürlich immer ein Geben und Nehmen. In unserem Team ist es kein Problem, kurzfristig einzuspringen, aber das muss Konsens sein, der von allen gelebt wird. Ich denke, diese Gewissheit ist eine Grundbedingung, die berufstätige Mütter brauchen. Insgesamt habe ich im Team mehr Bedarf an Arbeitszeit, als wir derzeit abdecken können. Doch ich habe mich ganz bewusst dazu entschieden, Frauen die Möglichkeit zu geben, auch ihrer Rolle als Mutter gerecht werden zu können. Mein Rat an alle Mütter ist, ihrem Arbeitgebern gegenüber möglichst offen mit den Themen Kinder, Betreuungszeiten, Möglichkeiten und Grenzen zu sein.“

Aktuell bereitet Stephanie Lovisi den Umzug des Unternehmens in den Riedpark vor. Ein großes Projekt, bei dem alle Teammitglieder gefordert werden.

Über Lösungen

„Das Mindset ist so extrem wichtig. Ich muss meinen Mitarbeiterinnen vertrauen. Wenn ich hier schon Zweifel habe, dass jemand im Homeoffice produktiv ist, dann sollte ich das Ganze schnell vergessen. Ich habe bei mir selbst und bei meinen Mitarbeiterinnen aber die Erfahrung gemacht, dass man richtig viel schafft, wenn die Umstände stimmen. Bei uns wichtig: Alle Mitarbeiterinnen müssen auskunftsfähig sein, auch Kunden gegenüber, die sie nicht kennen. Diese Transparenz zu schaffen, durch Dokumentation, geeignete Software und entsprechende Übergaben, ist ein Punkt, den wir fortwährend verbessern und perfektionieren müssen. Mir ist es ganz wichtig, dass wir als Team an einem Strang ziehen. Dazu gehört es, Erfolge messbar zu machen und klare Ziele vorzugeben, denn ohne meine Mitarbeiterinnen geht es nicht.“

Neben Familie und Firma engagiert sich Stephanie Lovisi beispielsweise im Gewerbekreis und kandidierte jüngst auf der CDU-Liste für den Gemeinderat.

Über Familienzeit

„Es ist manchmal eine echte Herausforderung und mit viel Aufwand verbunden, allen Interessen zu entsprechen. Wir gehen als Familie den Weg, dass wir ganz bewusst gute gemeinsame Zeit miteinander planen. Fixe Termine, an denen nicht gerüttelt wird. Denn auch bei uns zu Hause ist Transparenz einer der wichtigsten Faktoren, damit es allen gut gehen kann.“

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Selbstständigkeit und Teilzeit

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