Sarah Heidinger aus Lauchringen ist 37 Jahre alt und trägt viel Verantwortung. Als Leiterin des Controlling bei der Firma Alfer in Horheim hat sie die Finanzen fest im Blick und arbeitet eng mit der Geschäftsleitung zusammen. Um in dieser Führungsposition erfolgreich zu sein, braucht es viel persönlichen Einsatz. Die Diplom-Betriebswirtin hat hohe Ansprüche an sich selbst. Beruflich, aber auch in ihrer Rolle als zweifache Mutter. Sie spricht darüber, wie sich Kinder und Karriere vereinbaren lassen.
Über die Familie
„Wenn Kinder in dein Leben kommen, ändert sich alles. Meine Kinder Frederick und Lilly sind wunderbar. Sie bereichern mein Leben und ich genieße die Zeit mit ihnen. Aber ich bewundere auch alle Mütter, die Vollzeit zu Hause sind. Davor habe ich sehr großen Respekt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein sehr sensibles Thema. Es ist natürlich immer vom Typ Mensch abhängig, für welche Regelung man sich entscheidet. Und ich bin mir sicher: Jede Familie muss ihr eigenes Konzept finden.“
Sarah Heidinger und ihre Familie haben einen Weg gefunden, mit dem alle zufrieden sind.
Über die Arbeit:
„Mir macht mein Beruf unwahrscheinlich viel Spaß. Für mich war es gar keine Frage, dass ich auch mit Kindern wieder berufstätig sein möchte. Angefangen habe ich nach der Geburt meines Sohnes mit 80 Prozent bei meinem früheren Arbeitgeber. Nach der Geburt meiner Tochter wechselte ich nach Horheim und bin ich gleich mit 100 Prozent eingestiegen. Aber ich habe ganz klare Vorstellungen gehabt.“
Einer der zentralen Punkte, den Sarah Heidinger vereinbaren wollte, war die zeitliche Flexibilität: Vollzeittätigkeit, aufgeteilt auf vier Präsenztage in der Firma.
Wie wichtig Verbindlichkeit ist
„Natürlich war es eine Herausforderung, meinen Arbeitgeber zu überzeugen. Entscheidend waren aber ganz klare Regeln. Es muss eine Verbindlichkeit bestehen. Das gilt für beide Seiten, für den Arbeitgeber und auch für mich als Arbeitnehmerin. Entscheidend – und das ist auch mein persönlicher Anspruch – ist, dass ich meine Aufgaben pünktlich und zuverlässig erledige. Unter dem Strich kann man sagen, mein Arbeitgeber und ich wissen gegenseitig, was wir aneinander haben. Die Orientierung ist dabei ein ganz wichtiger Faktor. Mir ist bewusst, was ich möchte. Die Flexibilität der Arbeitszeiteinteilung bringt dabei aber auch Nachteile mit sich, oder vielmehr Situationen, die andere Menschen als Nachteil empfinden würden. So kommt es durchaus vor, dass ich abends noch mal am Laptop sitze, um meine Arbeit fertigzustellen.“
Wenn Sarah Heidinger in der Firma ist, muss sie sich darauf verlassen können, dass daheim alles funktioniert. Nur so hat sie den Kopf frei für ihre anspruchsvolle Tätigkeit.
Verlässliche Strukturen
„Bei uns ist die Woche klar strukturiert: Montags bin ich daheim bei den Kindern, das ist mir sehr wichtig. Dienstag und Mittwoch übernimmt das mein Mann und am Donnerstag und Freitag sind dann die Großeltern dran. Damit kommen wir alle gut zurecht. Mein Mann hat seine Arbeitszeit reduziert. Zunächst auf 80 Prozent und nun auf 90 Prozent. Klar ist aber: Alles steht und fällt mit der Organisation zu Hause und in der Firma. Und ganz wichtig: Man muss auch als Paar immer im Gespräch bleiben.“
Die Familie ist Sarah Heidingers Ausgleich zur Arbeit.
Über die Bedeutung des Familienlebens
„Ich nutze die Zeit mit den Kindern viel intensiver und komme mit einer anderen inneren Haltung nach Hause. Ich bin wesentlich entspannter, wenn ich vom Arbeiten komme, als wenn ich rund um die Uhr praktisch nur mit den Kindern zusammen bin. Man freut sich einfach viel mehr aufeinander. Wir haben es so geregelt, dass wir am Wochenende immer ganz bewusst Unternehmungen planen, die dann auch allen Spaß machen. Natürlich ist es nicht immer einfach, in allen Bereichen gleich stark zu sein. Hier musste ich lernen, dass man Abstriche machen muss, vor allem, wenn es um Dinge wie den Haushalt geht.“
Sarah Heidingers Kinder haben sich von klein auf daran gewöhnt, dass ihre Mama arbeitet. Und kommen damit gut zurecht.
Wie reagieren die Kinder?
„Interessant ist es zu sehen, dass die Kinder sich sehr gut in geschaffene Situationen einfinden können. Neben der Erziehung durch die Eltern profitieren unsere Kinder von der Zeit mit den Großeltern.“
Vor allem Müttern rät Sarah Heidinger zu Offenheit gegenüber dem Arbeitgeber und dazu, eventuelle Schwierigkeiten im Dialog zu lösen.
Arbeitswelt eröffnet neue Möglichkeiten
„Die Arbeitswelt ist im Wandel. Heutzutage bieten sich unglaublich viele Möglichkeiten. Wir haben die Technik, Handys, Laptops. Das eröffnet für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ganz neue Möglichkeiten der Gestaltung. Natürlich ist es vom Beruf selbst abhängig, ob Flexibilität überhaupt möglich ist, aber nicht selten ist mehr machbar, als auf den ersten Blick ersichtlich. Ob eine Führungsposition und ein erfülltes Familienleben zusammen passen? Selbstverständlich! Allerdings mit einer Bedingung: Man muss es wollen.“
Die Serie
„Starke Frauen“ ist eine Reihe von Frauenportraits, die einmal wöchentlich erscheint. Sie stehen mitten im Leben und sprechen darüber, wie sie es schaffen, Beruf, Familie und soziales Engagement im Alltag miteinander zu verbinden. Kennen Sie eine Frau aus der Region, die wir portraitieren sollten? Schreiben Sie an: monika.olheide@suedkurier.de
Frauen in Führungspositionen: Statistik und Maßnahmen
Frauen arbeiten weniger häufig in einer Führungsposition als Männer. Insbesondere angesichts des Fachkräftemangels gibt es in Politik und Wirtschaft Bemühungen, das zu ändern.
- Statistik: Bezogen auf die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse waren laut Statistischem Landesamt im Jahr 2017 in Baden-Württemberg 88,5 Prozent der Männer in Vollzeit beschäftigt, bei den Frauen waren es 49,8 Prozent. Der Frauenanteil unter den Führungskräften in Deutschland lag 2017 laut Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes bei 29,2 Prozent und damit niedriger als der Anteil der Frauen an allen Erwerbstätigen in Deutschland (46,5 Prozent).
- Initiative der Politik: Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau startete 2013 die Initiative „Vollzeitnahe Beschäftigung“. Das Ziel: Beschäftigte und Unternehmen in Baden-Württemberg über die Chancen einer vollzeitnahen Beschäftigung zu informieren und Anstöße zu geben. Eine Übersicht der Initiativen des Landes sind online unter
www.frauundwirtschaft-bw.de verfügbar. - Initiativen der Wirtschaft: Der Deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) beispielsweise wirbt für eine Personalpolitik der Unternehmen, die die Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen fördert. Um die Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben zu stärken, empfiehlt der DIHK unter anderem, durch Familienfreundlichkeit Hürden für eine rasche Rückkehr von Müttern an ihren Arbeitsplatz abzubauen und Karrierechancen von Frauen zu fördern. Mehr dazu unter www.dihk.de und www.konstanz.ihk.de