Sophie Harnisch aus Rickenbach kommt ursprünglich aus Thüringen und hat sich nach ihrer Elternzeit dazu entschlossen, ihren erlernten Beruf der Diätassistentin aufzugeben und Erzieherin zu werden. Neben ihren Aufgaben als zweifache Mutter ist die Umschulung zur Erzieherin bei „Stiftung Lernen Fördern Arbeiten“, welche als Schulfremdenprüfung an der Fachschule für Sozialpädagogik abgeschlossen wird, eine Herausforderung, aber auch ein Weg, der ihr viel Spaß macht. Sie spricht darüber, wie es ihr gelingt eine Vielzahl an Aufgaben zu bewältigen.

Warum die Umschulung?

„Der Beruf Erzieherin fand ich schon früher sehr spannend. Allerdings habe ich dann meine Ausbildung zur Diätassistentin gemacht und sehr gerne in diesem Bereich gearbeitet. Nach der Geburt meiner Kinder war aber klar, dass sich die Arbeitszeiten nicht mit der Mutterrolle vertragen. Darum habe ich mich entschieden, in einem neuen Beruf Fuß zu fassen. Seit Oktober 2017 bin ich in der Ausbildung und werde diese im Juli 2019 abschließen.“

Sophie Harnischs jüngerer Sohn ist drei Jahre alt und geht in den Kindergarten, der große ist acht und mittlerweile in der Schule.

Die Herausforderung: Keinfamiliäres Netz

„Wir sind aus Thüringen nach Rickenbach gezogen. Uns fehlt hier natürlich das familiäre Netz. Die Oma, die mal für ein paar Stunden einspringt und auf die Kinder aufpasst, das ist für uns keine Option. Wir müssen die Betreuung komplett selbst regeln. Und das war für uns schon ein Umdenken.“

Keine einfache Situation für die vierköpfige Familie, die sich auch an die vergleichsweise eingeschränkten Möglichkeiten der Fremdbetreuung gewöhnen musste.

Unterschiede bei der Kinderbetreuung

„In Thüringen ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Kinder mit einem Jahr in die Krippe gehen. Die haben übrigens von früh bis spät geöffnet. Hier ist das ganz anders. Drei Jahre Elternzeit sind eigentlich der Standard. Und auch die Betreuungszeiten sind deutlich kürzer. Daran mussten wir uns gewöhnen und uns anpassen. Natürlich bin ich gerne mit meinen Kindern zusammen, aber auch der Beruf ist mir wichtig. Was ich lernen musste, war tatsächlich die richtige Grundhaltung. Es ist völlig egal, was andere über einen denken. Wichtig ist, dass die Familie sich wohlfühlt.“

Sieben Prüfungen, davon zwei schriftliche, wird Sophie Harnisch in einem Zeitraum von nur vier Wochen ablegen. Geprüft wird sie an der Fachschule in Waldshut. Acht Umschüler haben mit Sophie Harnisch die Ausbildung begonnen. Nun sind sie noch zu fünft. Alle Umschülerinnen in Bad Säckingen sind Frauen.

Ausbildung ist anspruchsvoll

„Eine Ausbildung in Teilzeit klingt erstmal recht angenehm. Tatsächlich ist es aber so, dass wir in der gleichen Zeit, das selbe Pensum an Stoff durchnehmen, wie Vollzeit-Auszubildende, nur mit dem Unterschied, dass wir weniger Zeit dafür haben. Das ist schon ein immenser Druck und ein großes Lernpensum. Ich glaube, das gelingt einem wirklich nur, wenn es der eigene Herzensberuf ist. Für mich ist das so.

„Es ist völlig egal, was andere über einen denken. Wichtig ist, dass die Familie sich wohlfühlt“, sagt Sophie Harnisch, die ...
„Es ist völlig egal, was andere über einen denken. Wichtig ist, dass die Familie sich wohlfühlt“, sagt Sophie Harnisch, die mit ihrer Familie in Rickenbach lebt. | Bild: Olheide, Monika

Und es ist der ideale Beruf für mich, um Kinder und Familienleben vereinbaren zu können. Gerade hier schätze ich den Kindergarten Kunterbunt in Rickenbach als familienfreundlichen Arbeitgeber.“

Die Beschäftigung mit Kindern macht Sophie Harnisch Spaß. In Rickenbach leitet sie das Mutter-Kind-Turnen. Im Moment muss sie damit zwar pausieren, will es nach ihrer Prüfung aber wieder aufnehmen.

Prioritäten setzen

„Ich empfinde es als großen Vorteil, bereits Mutter zu sein. ich bin sicher, dass das grundlegende Verständnis ein anderes ist, als wenn man noch keine Kinder hat. So sehe ich es zumindest, wenn ich mich zurückerinnere. Diese Lebenserfahrung hilft. Doch es ist auch so, dass die vielen Dinge die parallel nebenher laufen, also nicht nur die reine Betreuung, sondern Termine, Elternabende, Haushalt und mehr.

Erzieherin ist der „Herzensberuf“ von Sophia Harnisch. Ihre Ausbildung ist ihr sehr wichtig.
Erzieherin ist der „Herzensberuf“ von Sophia Harnisch. Ihre Ausbildung ist ihr sehr wichtig. | Bild: Caroline Seidel, dpa


Man muss ganz klar Prioritäten setzen. Für mich ist es entscheidend, dass die Familie an erster Stelle steht. Das bedeutet aber auch, dass im Haushalt mal etwas liegenbleiben darf und ich mich abends nicht zurücklehnen kann, sondern noch lernen muss. Ebenso am Wochenende. Im Prinzip bin ich seit Anfang des Jahres in der Prüfungsphase. Natürlich geht das auch nur, wenn sich mein Mann in dieser Zeit freinimmt. Es wäre eine Katastrophe, wenn plötzlich durch etwas Unvorhersehbares wie eine Krankheit meine Prüfungsteilnahme nicht möglich wäre.“

Sophie Harnisch ist ehrgeizig. Sie möchte eine gute Abschlussprüfung ablegen, und dann – zunächst im Anerkennungsjahr – im Team des Kindergartens Kunterbunt Fuß fassen.

Gespannt auf die Zukunft

„Ich freue mich auf die Arbeit im Kindergarten, auf die Aufgaben, die auf mich zukommen werden. Ja, es ist wirklich eine große Herausforderung, alles miteinander zu vereinbaren, aber es lohnt sich. Wenn man dann zurückschaut und sieht, wie weit man es schon geschafft hat, dann darf man auch stolz auf sich sein.“

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Ausbildung in Teilzeit

Über das Thema Ausbildung in Teilzeit gibt die Agentur für Arbeit in Lörrach Auskunft:

  • Wie funktioniert eine Teilzeitausbildung? Die Teilzeitberufsausbildung ist ein flexibles Ausbildungsmodell, das zu einem vollwertigen Berufsabschluss führt und grundsätzlich in allen anerkannten Berufen des dualen Ausbildungssystems möglich ist. Es ist zwischen Erstausbildung und erwachsenengerechter betrieblicher Einzelumschulung zu unterscheiden. Unabhängig von der jeweiligen Variante ist der Berufsabschluss bei der Voll- und Teilzeitform gleich.
  • Für wen ist das Konzept interessant? Das Modell ist vor allem für Menschen interessant, die wegen familiärer Gründe oder individueller Lebensumstände keine Vollzeitausbildung absolvieren können, aber einen qualifizierten Berufsabschluss erlangen wollen. Das sind beispielsweise Alleinerziehende, Mütter und Väter mit familiären Betreuungspflichten, Menschen mit Pflegeaufgaben oder Behinderungen, die Familie oder bestimmte Lebensumstände und Berufsausbildung miteinander vereinbaren müssen. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass vor allem diese Auszubildenden hoch motiviert sind und ihre Ausbildung zielstrebig und erfolgreich abschließen.
  • Wie sieht die gesetzliche Regelung aus? Eine Berufsausbildung findet grundsätzlich in Vollzeit statt, weshalb sie auch nicht neben dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule erfolgen darf. Allerdings kann seit der Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) im Jahr 2005 die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit reduziert werden, wenn es dafür ein „berechtigtes Interesse“ gibt. Der Berufsschulunterricht findet in der Regel in Vollzeit statt und kann dann auch nicht verkürzt werden. Die Teilzeitberufsausbildung ist gesetzlich geregelt im § 8 Abs. 1 BBiG bzw. im § 27b der Handwerksordnung (HwO).
  • Wer entscheidet darüber? Die Entscheidung über die Teilzeitform trifft die zuständige Stelle im Einzelfall – in der Regel eine Kammer (beispielsweise die Handwerkskammer). Allerdings muss ein berechtigtes Interesse des zukünftigen Auszubildenden für die Teilzeitberufsausbildung vorliegen. Weitere Voraussetzung ist, dass das Ausbildungsziel voraussichtlich in der verkürzten Zeit erreicht werden kann.
  • Wann liegt ein berechtigtes Interesse vor? Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere dann vor, wenn die oder der Auszubildende ein eigenes Kind betreut oder eine Angehörige bzw. einen Angehörigen pflegt oder selbst von einer Behinderung betroffen ist, die eine Vollzeitausbildung erschweren würde. Es ist auch dann gegeben, wenn eine Auszubildende schwanger wird und nicht in der Lage ist, die Ausbildung in Vollzeit abzuschließen. Zu den weiteren Voraussetzungen zählt, dass das Ausbildungsziel voraussichtlich in der verkürzten Zeit erreicht werden kann. Der Ausbildungsbetrieb und die oder der Auszubildende müssen die Teilzeitberufsausbildung gemeinsam bei der zuständigen Stelle beantragen. Das ist vor und während der Ausbildung bzw. Umschulung möglich.
  • Wo findet man Stellen? Voll- und Teilzeitstellen können – neben Inseraten, Aushängen, Homepage der Firma – über die Arbeitsagentur gefunden werden.