Jadranka Amann, Unternehmerin aus Höchenschwand, verwirklicht ihr Herzensprojekt „Plötzlicher Pflegefall beim Kind“. Ein digitales Angebot, in das sie all ihre Erfahrungen einfließen lässt. Alleinerziehend, berufstätig, drei Kinder, davon eins schwerbehindert: Die heute 47-Jährige spricht über ihre Lebensgeschichte.

Elisabeth

„Elisabeth ist das zweite meiner drei Kinder. Sie ist schwerbehindert. Kann nicht laufen, reden oder essen. Der Grund war Sauerstoffmangel bei der Geburt. Eigentlich ein Unfall. Ihre Symptome sind ganz typisch für Menschen, deren Gehirn zeitweise nicht mit Sauerstoff versorgt wurde. 1999 kam Elisabeth auf die Welt. Die Geburt wurde eingeleitet. Dann der Notkaiserschnitt. Im Vorbeirennen zeigen sie mir ein aufgedunsenes blaues Bündel. Es atmet nicht. Ich habe alles erlebt wie im Traum, war von den Schmerzmitteln völlig benebelt. Das konnte doch nicht mein Baby sein?“

Jadranka Amann wird diese Bilder nie mehr vergessen. Die Kinderärzte schaffen es, Elisabeth zurück ins Leben zu holen. Was danach folgte, war emotional und organisatorisch eine große Herausforderung bei der sie auf sich allein gestellt war, wie sie sagt.

Der Umbruch

„Die Diagnose Schwerbehinderung, zieht einem den Boden unter den Füßen weg, man befindet sich im freien Fall. Es ist ein richtiger Schock. Es dauert, bis der Denkprozess wieder in Gang kommt. Heute kann ich aus tiefstem Herzen sagen: Ich bin so froh und zutiefst dankbar, dass meine Kleine überlebt hat. Sie ist ein wunderbarer Mensch und eine Bereicherung.“

„Ich lebe jetzt genauso, wie ich leben will!“, sagt Jadranka Amann aus Höchenschwand.
„Ich lebe jetzt genauso, wie ich leben will!“, sagt Jadranka Amann aus Höchenschwand. | Bild: Olheide, Monika

„Elisabeth lebte als Baby einige Zeit im Kinderheim Doll und ich habe anfangs versucht, den Balanceakt zu schaffen: Für meine Familie die fröhliche Mutter zu sein, der man nichts anmerkt, und gleichzeitig für Elisabeth da zu sein. Nach der Geburt meines dritten Kindes folgte dann die Scheidung. Und plötzlich stand ich alleine da: Ein Kleinkind, ein Baby und meine schwerbehinderte Tochter. Ich hatte das Gefühl, dass mein Leben vorbei ist und ich sah keinen Ausweg mehr. Das hat zu sehr schlechten Gedanken geführt. Die Last der Ängste war erdrückend.“

Es ist einige Jahre her, als die sogenannte Ich-AG einen einfachen Einstieg in die Selbstständigkeit möglich machte. Diesen nutzte sie.

Der Beruf

„2005 habe ich ein Gewerbe angemeldet und mich mit Sekretariatsarbeiten selbstständig gemacht. Ich hatte einen Kunden, der mir Aufträge gegeben hat, von denen ich viele von zuhause aus erledigen konnte. Dabei ging es um Buchhaltung, Rechnungen und Angebote – das ganz klassische Geschäft also. Schnell haben meine Kinder gelernt, zu akzeptieren, dass Mama Wichtiges zu tun hat und nicht gestört wird. Das hat sehr gut funktioniert.“

Dass Jadranka Amann Geld verdient, bedeutet einen immensen organsiatorischen Aufwand. Die Kinder müssen betreut sein, wenn eines krank ist, muss es versorgt werden. Doch als Berufstätige muss sie Fristen einhalten, ihr Pensum schaffen.

Das Netzwerk

„Rückblickend staune ich selbst, wie das damals alles geklappt hat. Ich bin meinen Verwandten und Freunden für ihre Unterstützung unendlich dankbar. Denn das ist es, worauf es ankommt: Ein funktionierendes soziales Netz, das dich auffängt, das dir hilft, das Unmögliche zu schaffen. Aber ich selbst war am Boden, habe nur noch funktioniert. Gearbeitet, um beruflich vorwärts zu kommen, geschaut, dass meine Kinder alles haben, was sie brauchen, ihre Bedürfnisse erfüllt sind. Ich habe mich zerrieben zwischen all den Erwartungen, aber vor allem an denen, die ich selbst an mich hatte.“

Vor zehn Jahren folgte dann der nächste Schicksalsschlag. Jadranka Amann muss ins Krankenhaus, wird operiert. Das erste Mal war sie unfähig, selbst die Situation zu beeinflussen.

Neues Ziel

„Ich habe viel nachgedacht und diesen Warnschuss ernst genommen. Mir wurde klar: Ich möchte mit meinem Herzensprojekt ‚Plötzlicher Pflegefall beim Kind’ – ein persönliches Online-Programm – Mütter unterstützen, dieses Schicksal mit positiver Kraft anzunehmen und die richtigen Entscheidungen für sich und für ihre Familien zu treffen.“

Das Internet und die digitale Kommunikation ermöglichen es der 47-Jährigen, dieses Projekt mit ihrem Familienleben zu vereinbaren und Mütter über große räumliche Distanzen hinweg zu unterstützen und zu begleiten.

Vorbild sein

„Mein persönliches Online-Programm ist für Mütter, die eine Diagnose für ihr Kind bekommen haben und seitdem nicht weiß, wo ihr der Kopf steht, wenn sie sich ständig fragt ‚warum mein Kind?‘, ‚warum ich?‘, wenn sie sich fragt, wo sie nun anfangen soll und wie sie das alles schaffen soll? Es ist unendlich wichtig, dass man sich selbst nicht unter der Last der Probleme aus den Augen verliert. Denn heute weiß ich es besser und kenne die Abkürzungen, die den Leidensweg um Jahre minimieren und damit wieder eine Chance und einen glücklichen Neustart bekommt.“

Der Kontakt zu Jadranka Amann ist über ihre Facebook-Seite möglich.

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Unterstützung bei der Gründung

  • Gründungszuschuss: Bis vor einigen Jahren gab es die Ich-AG als Sprungbrett in die Selbstständigkeit. Laut der Agentur für Arbeit besteht nun die Möglichkeit, dass Arbeitslose in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten können. Es besteht kein Rechtsanspruch.
  • Dauer und Höhe: Der Gründungszuschuss wird in zwei Phasen geleistet. Für sechs Monate wird der Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes und monatlich 300 Euro zur sozialen Absicherung geleistet. Für weitere neun Monate können 300 Euro pro Monat gezahlt werden.
  • Ziel: Die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit soll zu einer möglichst nachhaltigen beruflichen Integration führen. Der zeitliche Umfang der selbständigen Tätigkeit muss zur Beendigung der Arbeitslosigkeit führen und mindestens 15 Stunden wöchentlich betragen.
  • Antrag: Um einen Gründungszuschuss zu erhalten, müssen einige Bedingungen und Vorgaben erfüllt sein. Genauere Informationen gibt es unter www.arbeitsagentur.de