
Wenn die Bahn baut, wird‘s meistens kompliziert und umständlich. Die Strecke ist gesperrt, die Menschen wollen trotzdem an ihr Ziel kommen. Schienenersatzverkehr (SEV), also Busse, kommen seit 11. Oktober zwischen Albbruck und Bad Säckingen zum Einsatz. Fahrgäste müssen eine längere Reise in Kauf nehmen. Und dann noch die ganze Umsteigerei: Raus aus dem Zug, marsch, marsch zur Bushaltestelle. Manchen geht das auf die Nerven, andere sehen es eher gelassen.
Der Test beginnt

8 Uhr in Singen: Der Interregio-Express (IRE) aus Laupheim hat Verspätung – drei Minuten. In Erzingen muss er auf den Gegenzug warten – jetzt sind es acht Minuten. Bis er in Albbruck ankommt, ist er bereits zehn Minuten zu spät.

9 Uhr in Albbruck: Zwei Gelenkbusse warten an der Haltestelle. Geplante Abfahrt: 8:54 Uhr. Jetzt muss es schnell gehen. Die Fahrgäste eilen die Treppe hinauf, manche mit schweren Koffern, andere sind nicht so gut zu Fuß. Über die Brücke, rüber zum Bus.

„Jetzt muss ich 30 Minuten auf den nächsten Bus warten“, befürchtet ein Reisender, der nach Basel will. Eine Berufspendlerin berichtet vom ersten Tag der Sperrung: „Da war der Zug 20 Minuten zu spät, ich war dann erst um 10 Uhr am Arbeitsplatz.“ Durch den Ersatzverkehr verliere sie, wenn alles glatt läuft, 30 Minuten. Damit könne sie leben.
Schienenersatzverkehr: Das steckt dahinter
Der „Reisendenlenker“ hält die Busse auf
Der so genannte „Reisendenlenker“ steht bei den Bussen. Er soll dafür sorgen, dass die Reisenden beim Umstieg von der Schiene auf die Straße keine Unannehmlichkeiten haben. Er hat mitgedacht: „Ich habe die Busse aufgehalten, damit die Leute nicht stranden.“ So geht es mit etwas Verspätung nach Bad Säckingen.

„Am ersten Tag hatten wir ein Problem, als einmal alle Busse schon weg waren“, berichtet Nikolaus Albiez von der Südbadenbus GmbH (SBG) von Startschwierigkeiten. Einer sei überfüllt gewesen, einige Fahrgäste hätten zurück bleiben müssen. Am Wochenende habe ein Fahrer verschlafen, eine Tour sei ausgefallen.
Laut Albiez sind zehn zusätzliche Gelenkbusse mit 18 Fahrern (zehn von der SBG, acht von externen Unternehmen) für den Schienenersatzverkehr im Einsatz. Zwei Ersatzfahrzeuge stehen bereit. „Wenn wir sehen, dass es nicht reicht, können wir nachsteuern und weitere Busse anfordern“, sagt Albiez.
Schüler müssen früher aufstehen
12.45 Uhr in Waldshut: Eine kleine Gruppe Schülerinnen wartet. Sie besuchen die Justus-von-Liebig-Schule.

„Ich musste heute Morgen eine halbe Stunde früher aufstehen, die Busse waren überfüllt, wir mussten den ganzen Weg von Bad Säckingen stehen“, erzählt die 17-jährige Michelle. Sie ist auf dem Weg nach Hause. Heute ist das kein Problem. „Wenn ich bis nachmittags Schule habe, wird es problematisch, dann schaffe ich den Bus in Bad Säckingen auf den Berg nach Egg nicht.“ Normalerweise fährt sie mit RB oder IRE. „Da brauche ich höchstens 25 Minuten, mit dem Bus 40 bis 50 Minuten.“ Sie holt kurz Luft, lächelt und sagt: „Ich bin froh, wenn das zu Ende ist.“

Manche profitieren allerdings sogar von den zusätzlichen Bussen: Eine Stunde später fällt ein IRE aus. „Glücklicherweise fährt ein Bus“, sagt ein Berufspendler. Er fährt nach Albbruck. Ihn betrifft die Sperrung nicht. Drei Stationen, und er ist am Ziel.
17 Uhr in Bad Säckingen: Schüler und Berufstätige wollen nach Hause. Einige kommen mit dem IRE an. Auf dem Bahnsteig wird es voll. Drei Busse stehen bereit.
Bei manchen Fahrgästen herrscht ein wenig Verwirrung. „Wo soll ich einsteigen?“ Zwei fahren ohne Zwischenhalt zeitversetzt nach Albbruck, der andere nach Waldshut – mit Zwischenhalten in Murg, Laufenburg, Albbruck und Dogern. Doch auch hier steht ein „Reisendenlenker“, er weist alle ein, beantwortet geduldig Fragen.

Auch Bertram Amann aus Stühlingen muss sich erst orientieren. Er arbeitet in Bad Säckingen. Sein Auto steht in Lauchringen. Von dort hat er am Morgen die RB genommen, in Albbruck ist er mit einem Kollegen mitgefahren. Jetzt will er den Bus nehmen. Wie es klappt? „Weiß ich noch nicht, es ist ja das erste Mal“, sagt er. Pünktlich um 17.30 Uhr kommt der Bus in Albbruck an.
Bertram Adam steigt in die RB um – für ihn läuft alles glatt.

Zu den Stoßzeiten sind die Busse voll
Zu den Stoßzeiten am Morgen und Abend sind die Busse voll. Viele müssen stehen. 90 Personen passen in einen Gelenkbus. „Dann steht man aber beengt“, sagt Albiez. Generell sei es eine große Herausforderung, in den Spitzenzeiten alle unterzubringen. Wenn ein voll besetzter IRE ankommt, müssen schon mal weit über 100 Reisende bedient werden.

Bisher habe es bei der SBG keine Beschwerden gegeben. Albiez: „Der Mehraufwand an Zeit ist immer da, keine Frage. Ich denke, es wird sich alles einspielen und normalisieren.“ Dass einige währen der sieben Woche lieber aufs Auto umsteigen, schließt er nicht aus.
Das Fazit unseres Reporters: Ein Tag ist zu Ende. Wenn man mitfährt, fühlt sich alles hektisch an, es schlaucht. Der Schienenersatzverkehr funktioniert jedoch im Großen und Ganzen, so der Eindruck. Aber eben nur so gut, wie die Züge pünktlich sind. Dafür gibt es eine neue Brücke, und ab dem 29. November soll alles wieder normal laufen.