Zum ersten Mal in der Geschichte haben die drei Gemeinderäte der Städte Bad Säckingen, Wehr und Schwörstadt einem A98-Trassenvorschlag zugestimmt und damit ein deutliches Zeichen der Region nach Berlin geschickt. Historisch ist dieser Beschluss aus zwei Gründen: Erstmals hat nämlich auch die Gemeinde Schwörstadt, die nach bislang geltender Beschlusslage auf einer Bergtrasse beharrte, einer Talvariante bei Wehr-Brennet zugestimmt.

Und auch die grünen Stadträte aus Bad Säckingen und Wehr haben ihre grundsätzlichen Bedenken gegen einen Autobahnbau mehrheitlich zurückgestellt und erkennen die Notwendigkeit eines Straßenneubaus zur Entlastung der Ortsdurchfahrten an.

Drei Gremien, eine Haltung: Bei der gemeinsamen Sitzung sprachen sich die Gemeinderäte von Bad Säckingen, Wehr und Schwörstadt für die ...
Drei Gremien, eine Haltung: Bei der gemeinsamen Sitzung sprachen sich die Gemeinderäte von Bad Säckingen, Wehr und Schwörstadt für die Vorzugsvariante aus. Bild: Markus Baier | Bild: Baier, Markus

Auch wenn noch viele Fragen der drei Betroffenen Städte und Gemeinden offen bleiben: Mit ihrer gemeinsamen Sitzung in der Wehrer Stadthalle versuchten die drei Bürgermeister alte Gräben der Autobahndiskussionen zuzuschütten und den Weg für eine gemeinsame Realisierung freizumachen. Dies sah auch Waldshuts Landrat Martin Kistler so, der das kreisüberschreitende Signal der Einigkeit lobte.

Mehrheit der Bad Säckinger Gemeinderäte fehlt

Formal musste jeder Gemeinderat einzeln abstimmen, folglich kamen auch unterschiedlich formulierte Beschlüsse zustande. Problematisch erwies sich dabei, dass von den 22 Gemeinderäten gerade einmal acht bei der Sitzung in Wehr anwesend waren. „Ein rechtsbindender Beschluss wäre somit nicht möglich“, erklärte Bürgermeister Alexander Guhl auf Nachfrage unserer Zeitung. Doch dieser war in der gemeinsamen Sitzung auch nicht vonnöten. Vielmehr ging es um ein Stimmungsbild.

Bild 2: A98: Die Region gibt ein Signal an Berlin – allerdings mit Schönheitsfehlern
Bild: Schönlein, Ute

Das fiel im ersten des dreiteiligen Beschlussvorschlags dann auch eindeutig aus: Alle Bad Säckinger Ratsmitglieder begrüßten die Vorzugstrasse zwischen Schwörstadt und Bad Säckingen. Jedoch stimmte Ruth Cremer-Ricken (Grüne) gegen die Kenntnisnahme der in diesem Zusammenhang präsentierten Verkehrsuntersuchung. Sie forderte zunächst genauere Einblicke in das präsentierte Zahlenwerk, das von einer drastischen Verkehrszunahme entlang des Hochrheins in den nächsten 20 Jahren ausgeht. Zudem gehen die Experten auch nicht von einer so deutlichen Entlastung der Ortsdurchfahrten aus, wie das bisher der Fall war. Alles Aspekte, die Cremer-Ricken nicht ungeprüft stehen lassen wollte.

Eine Gegenstimme aus Wehr

Die Bitte an den Vorhabensträger, die weitere Planung in enger Abstimmung mit den Beteiligten vor Ort fortzusetzen, quittierten die Bad Säckinger Grünen mit drei Enthaltungen.

Wesentlich pragmatischer war die Haltung der Ratsgremien aus Wehr und Schwörstadt. Sie einigten sich darauf, ein Votum abzugeben, mit dem die Vorzugstrasse begrüßt wurde. Im Fall von Schwörstadt geschah dies einstimmig. In Wehr stimmte Vito Doria (Grüne) dagegen. Zuvor hatte er sich dafür ausgesprochen, die Trasse komplett in Tunnelform zu planen, um Eingriffe in die Natur zu minimieren.

Der Variantenvergleich: So kam es zur Vorzugstrasse

Fünf Hauptvarianten für eine Trassenführung der A98 zwischen Schwörstadt und Murg gab es 2017, als die Autobahnplanungsgesellschaft Deges die Aufgabe übernahm. Zwei Tal- und drei Bergvarianten. „Wir haben versucht, aus allen bestehenden Varianten das Optimum herauszuholen“, beschrieb Projektleiter Johannes Kuhn das Vorgehen der Deges. Dabei ging es weniger um Kosten als um technische Belange und die Einhaltung der Naturschutzvorgaben.

Durch Kombinationen sind weit über ein Dutzend Untervarianten entstanden, die teilweise wieder verworfen wurden. Beispielsweise bot sich durch den Wegfall des Projekts Atdorf die Nutzung des Haselbachtals an, allerdings stellte sich schnell heraus, dass in diesem Gebiet als naturnahes ungestörtes Bachtal ein Autobahnbau nicht genehmigungsfähig ist.

Bewertet wurden die verbliebenen Varianten nach technischen Belangen, nach Umweltaspekten und nach Belangen des Gebietsschutzes. In der Summe stellte sich die nun vorgestellte Vorzugsvariante, die Deges-intern den sperrigen Namen „5b+Tunnel Süd+Röthekopf-Variante“ trägt, als die verträglichste heraus – selbst bei unterschiedlicher Gewichtung der Kriterien, wie der Projektleiter feststellte.

Lange Tunnel und Brücken

Zentrale Merkmale der Vorzugsvariante sind die vielen Ingenieurbauwerke: 56 Prozent der Strecke verlaufen über Brücken oder Tunnel. Dies verursacht zwar deutlich höhere Kosten, schont dafür die beiden durch EU-Richtlinien geschützen FFH Gebiete „Dinkelberg und Röttler Wald“ sowie „Murg zum Hochrhein“. Nur wenn es keine Alternativen gibt, darf ein solches FFH-Gebiet gestört werden. Und eine solche Alternative ist die Deges-Trasse.

So verläuft die Trasse

Die Vorzugsvariante des A98-Abschnitts nördlich an Schwörstadt vorbei und schwenkt beim Lachengraben ins Tal. Dort verläuft sie zunächst parallel zu Bundesstraße und Bahnlinie.

Bild 3: A98: Die Region gibt ein Signal an Berlin – allerdings mit Schönheitsfehlern
Bild: Müller, Cornelia

Eine Untertunnelung des Naturschutzgebietes auf dem Dinkelberg mit anschließender Talbrücke über Brennet sei nicht möglich ohne den schützenswerten Hangwald am Humbel zu zerstören, erklärte die grundsätzliche Entscheidung für eine Tallösung. Bei der Wehramündung wird die Autobahn über eine elf Meter hohe und 1140 Meter lange Talbrücke geführt und durchquert in Wehr-Brennet das Gewerbegebiet Nagelfluh zwischen Kläranlage und der Firma Rota Yokogawa – sozusagen auf Stelzen. Kurz hinter dieser Firma schwenkt sie nach Norden und überquert Bahnlinie und B 34. Östlich des Wohngebiets Weckertsmatt befindet sich die Anschlussstelle Wallbach.

Anschließend wird die Autobahn in den 2700 Meter langen Röthekopf-Tunnel geführt, der nördlich des Bergsees verläuft. Zwischen Bad Sänkinger Waldstadion und Obersäckingen verläuft die Autobahn wieder überirdisch, bevor sie im 1200 Meter langen Spitzbühltunnel unter dem FFH-Gebiet „Murg zum Hochrhein“ bis zur Anschlussstelle Murg geführt wird.

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