Große war die Aufregung am Tag der Abreise, turbulent und beeindruckend die eigentliche Reise nach Israel. Doch am Ende landete der Freiwilligendienstleistende Nico Richter doch ohne nennenswerte Zwischenfälle in Israel. „Nach der Landung ging alles ziemlich einfach und schnell, viele Kontrollen verliefen digital und man hatte den Eindruck, man sei zehn Jahre in die Zukunft gereist, zumindest was die Bürokratie betraf“, schildert Richter seine ersten Eindrücke vom Flughafen und der Weiterreise zum Kibbutz (eine ländliche Siedlung) Lotan. Hier wurde er dann 14 Stunden nach der Abreise in Deutschland herzlich empfangen.
Die ersten sieben Tage standen im Zeichen der Quarantäne, die in Israel jeder Einreisende über sich ergehen lassen muss, die aber von der Kibbutz-Küche und einigen Gastfamilien durch ein vielseitiges kulinarisches Angebot versüßt wurden. Das sei durchaus gewöhnungsbedürftig, schildert Nico Richter: „Zum Frühstück gibt es immer Salat, was zunächst ungewohnt war.“ Aber man habe sich schnell daran gewöhnt.
Nach der Quarantäne folgt das Neujahrsfest
Und bevor den Freiwilligendienstleistenden endgültig die Decke auf den Kopf fiel, stand auch schon das erste von vielen Festen an: „Am 6. Tag der Quarantäne feierten wir in unserer Freiwilligen-WG Rosch Ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest.“ Das wiederum mit vielen Speisen, versteht sich, dieses Mal solche mit Symbolik: Apfel mit Honig für ein süßes neues Jahr und Granatapfel, damit gute Taten und glücklichen Momente so zahlreich werden wie die Anzahl der Kerne.
Das Kibbutz Lotan stehe der jüdischen Reformbewegung, welche sich von einigen traditionellen Bräuchen loslöst und einige Zeremonien anders praktiziert. Das wurde bei den beiden folgenden Festen deutlich. Zehn Tagen nach dem Neujahrsfest wurde Jom Kippur gefeiert, das höchste jüdische Fest, welches dazu dient, die eigenen Taten zu reflektieren und sich miteinander zu versöhnen. „Dabei wird ab Sonnenuntergang des Vortages bis zum nächsten Abend gefastet und gebetet“, so Richter. In Deutschland genieße dieses Fest augenscheinlich einen höheren Stellenwert als in der Region um Lotan, wo vergleichsweise wenige Menschen sich an den Zeremonien beteiligten, und auch das gemeinsame Fastenbrechen geriet eher zur privaten Angelegenheit.
Hingegen wurde Sukkot, welches fünf Tage nach Jom Kippur gefeiert wird, im Kibbutz deutlich größer und festlicher gefeiert als andernorts. Während Sukkot werden auch die meisten Mahlzeiten unter der Sukka. einer mit Laub bedeckten Hütte, eingenommen, wobei sie allen Mitgliedern einen Unterschlupf und Sicherheit spenden soll. Weiterhin werden hier auch alle Empfänge und Gottesdienste, beispielsweise der Empfang des Shabbat, durchgeführt.
Zum Ende des Monats wird Sukkot beendet durch Hoschana Rabba. „Dabei wurde uns bereits eine Menge Vorfreude gemacht, da zu diesem Festtag die Tora-Rollen hervorgeholt werden, und mit ihnen getanzt und gesungen wird.“ Der Festtag diene dazu, vielleicht doch noch Einfluss auf das Gericht von Jom Kippur zu nehmen, man wünscht sich deshalb auch “Ein gutes Zettelchen“. In Israel dauert Sukkot sieben Tage, während man außerhalb Israels den achten Tag in der Synagoge verbringt.
Nico Richter erlebt insgesamt eine große Offenheit, wenn es um Feierlichkeiten gehe, wie er sagt. Der Freiwillige aus Deutschland werde ganz selbstverständlich mit eingebunden – auch wenn ihm der religiöse Bezug oder das sprachliche Verständnis fehle.
Hitze macht Arbeitstag beschwerlich

Zwischen den ganzen Feiertagen gab es aber auch einiges zu arbeiten: Die Dattelernte im Kibbutz startet jeden Morgen um 6 Uhr. Dabei mache den Helfern vor allem die zunehmende Hitze zu schaffen, die bis zur Mittagszeit durchaus 40 Grad betragen könne: „Meistens vergeht die Arbeit mit der richtigen Musik und den richtigen Kollegen dann doch ziemlich schnell. Dann bleibt nachmittags noch Zeit für ein wenig Ruhe und Entspannen am Pool.“
Die Arbeitswoche besteht in Israel aus sechs Arbeitstagen, beginnend am Sonntag. Das Wochenende besteht folglich nur aus dem Sabbat. Zwar sei mit der Organisation in Deutschland vereinbart, dass für die Freiwilligendienstleistenden die klassische „Fünf-Arbeitstage-Woche“ gelte. Doch aufgrund der vielen Feiertage und der Quarantäne hätten Richter und seine Kollegen dennoch nicht viel Gelegenheit für eine Rundreise gehabt.
Aber die erste Bilanz fällt dennoch positiv aus: „Der erste Monat im Ausland war bisher ziemlich abwechslungsreich.“ Die offene und freundliche Art im Kibbutz, das tolle Essen und die eindrucksvolle Landschaft – all das mache auf jeden Fall schon jetzt viel Lust auf die kommenden Monate.