Es ist entschieden: Die Teil-Impfpflicht für Pflegekräfte kommt. Ab dem 16. März soll diese gelten. Auch am Hochrhein bereiten sich Pflegeheime, aber auch die Sozialstationen, darauf vor. Muss man sich nun um seine Angehörigen sorgen, da diese womöglich wegen Personalmangel weniger gut versorgt werden? Rolf Steinegger, Geschäftsführer der Caritas Sozialstationen Hochrhein, beruhigt.
Wie wirkt sich Impfpflicht auf die Sozialstationen aus?
1500 Hausbesuche bei rund 1200 Patienten täglich leisten die Mitarbeiter der Caritas Sozialstationen Hochrhein. Eine stolze Zahl. Doch kann diese auch gehalten werden, wenn die Impfpflicht kommt? Diesbezüglich ist Rolf Steinegger im Gespräch mit dem SÜDKURIER voller Zuversicht. „Ich sehe es für unseren Bereich mit unseren hohen Impfquoten sehr entspannt“, sagt er.
Dafür hat er gute Gründe: Denn bei den 550 Pflegepersonen in den Sozialstationen und in der Tagespflege liege die Impfquote bei stolzen 98,1 Prozent, wie er sagt. „Wir sind sehr dankbar dafür und richtig stolz auf unsere Mitarbeiter“, sagt Steinegger immer wieder. Und: „Die Quote wird sich noch weiter erhöhen“. Denn acht der insgesamt 18 ungeimpften Mitarbeiter stehen bereits beim Landratsamt auf der Warteliste für den Totimpfstoff Novavax. Dieser soll im Landkreis Waldshut ab Ende Februar verimpft werden. Viele hätte nur darauf gewartet, so Steinegger.

Er sagt aber auch: „Von den restlichen ungeimpften Mitarbeitern würde es mich nicht wundern, wenn der ein oder andere den Beruf verlässt, aus der Pflege aussteigt, auch eine Abwanderung in die Schweiz ist möglich.“ Sorgen um die Versorgung der Patienten macht sich Steinegger diesbezüglich aber nicht: „Es sind eben quotenmäßig nur sehr wenige bei uns.“ Bisher habe ihn wegen der Impfpflicht noch keine Kündigung erreicht.
Was bedeuten die steigenden Infektionszahlen für die Versorgung?
Ein viel größeres Problem als in der Impfpflicht sieht Steinegger in den steigenden Infektionszahlen. „Wir erleben jetzt gerade den Beginn einer anstrengenden Phase und rechnen damit, dass die Erkrankungsquote bei den Mitarbeitern deutlich steigen wird“, sagt er. Man sehe aber auch, dass die Krankheitsverläufe mit Omikron bei Weitem nicht so schlimm seien wie bei der Delta-Variante.
Gebe es viele erkrankte Mitarbeiter, müsste man schlimmstenfalls die Patientenversorgung einschränken. Wenn die zehn ungeimpften Mitarbeiter ein Beschäftigungsverbot bekommen, könne man dies noch kompensieren, habe einen Notfallplan und sei weiterhin leistungsfähig. Aber bei zu vielen erkrankten Mitarbeitern könne es kurzfristig zu größeren Engpässen kommen.
Wie wird mit ungeimpften Mitarbeitern umgegangen?
Steinegger zeigt sich verständnisvoll: „Wir respektieren auch, wenn sich jemand nicht impfen lassen möchte – das ist das persönliche Recht eines jeden einzelnen Menschen, dass er entscheiden kann, was er mit seinem Körper macht.“ Man stehe in engem Kontakt mit den Mitarbeitern und habe schon einige Gespräche geführt. Die Gründe gegen eine Impfung seien sehr unterschiedlich, da spielten Ängste und Sorgen große Rollen. Diese könne er nachvollziehen. Steinegger wird deutlich und betont: „Wir entlassen keinen einzigen Mitarbeiter von uns aus, doch sie dürfen dann auf einer Weisung des Landratsamts nicht mehr arbeiten.“
Was hält Rolf Steinegger von der Impfpflicht?
„Wenn diese berufsbezogene Impfpflicht nicht in eine allgemeine Impfpflicht mündet, dann geht das gar nicht“, sagt Rolf Steinegger klar und deutlich. Er halte nichts davon, dass es nur die Gesundheitsberufe betreffe. Dabei spricht er nicht von Unfairness, sondern von einer Inkonsequenz, die nicht der Pandemiebekämpfung diene. „Wenn wir solidarisch sind, muss es für alle gelten“, so Steinegger.
Steinegger ist überdies unzufrieden, mit dem „Schlingerkurs“ der Politik und wird dazu sehr deutlich: „Ich bin megasauer.“ Die Verordnungen, die sich ständig ändern würden, würden die Mitarbeiter verunsichern. Deswegen und auch zur Einführung der Impfpflicht hätte man viele Stunden „verbraten“. „Das alles bringt Stress ins unsere Einrichtung und das können wir im Moment gar nicht gebrauchen“.
Was passiert nach dem 15. März?
Bis zum 15. März müssen die Mitarbeiter in den Pflegeberufen ihrem Arbeitgeber einen Nachweis über eine vollständige Impfung oder Genesung oder Impfunfähigkeit mit ärztlichem Attest vorlegen. Die Arbeitgeber werden ab dem 16. März den Gesundheitsämtern mitteilen, welche Mitarbeiter diesen Nachweis nicht erbracht haben.
Tobias Herrmann, Pressesprecher des Landratsamt Waldshut, erläutert: „Das Gesundheitsamt kontaktiert dann die Betroffenen und fordert zur Einreichung der erforderlichen Nachweise auf. Werden diese nicht erbracht, kann es ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot aussprechen.“ Darüber hinaus könnte das Gesundheitsamt auch ohne entsprechende Meldung die unter die Impflicht fallenden Einrichtungen auf die Einhaltung der Impfpflicht kontrollieren. Soweit eine vollständige Impfung nachgeholt wird, werde auch das Betretungs- und Beschäftigungsverbot aufgehoben, so Herrmann.
Was gilt für die erst einmal Geimpften?
Die acht Caritas-Mitarbeiter, die sich auf die Novavax-Warteliste gesetzt haben, bekommen diese erste Impfung frühestens Ende Februar, sind damit am 15. März noch nicht vollständig geimpft. Was gilt dann für sie? „Ich bin ganz sicher, dass dann mit Vernunft und Verstand entschieden wird“, so Steinegger. Doch was sagt das Gesundheitsamt? Wer erst eine Impfung erhalten hat, gilt laut Gesetz nicht als vollständig geimpft.
Auch dann ist das Gesundheitsamt zu benachrichtigen, informiert Tobias Herrmann vom Landratsamt. „Dieses wird dann den Sachverhalt prüfen und uber das weitere Vorgehen entscheiden.“ Im Hinblick auf Neueinstellungen nach dem 15. Marz 2022 gilt: Solange Personen nicht über einen vollstandigen Impfschutz verfugen, durfen sie nicht in den betroffenen Einrichtungen tatig werden.
Was gilt für die Genesenen?
Auch wer ungeimpft, aber genesen ist, muss einen Nachweis erbringen. Dazu sagt Tobias Herrmann vom Landratsamt: „Soweit ein nach den gesetzlichen Bestimmungen erbrachter Nachweis ab dem 16. Marz 2022 seine Gultigkeit aufgrund Zeitablaufs verliert (z. B. bei zeitlich befristetem Genesenennachweis), haben Personen, die in den betroffenen Einrichtungen oder Unternehmen tatig sind, der Leitung der jeweiligen Einrichtung einen neuen Nachweis innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gultigkeit des bisherigen Nachweises vorzulegen.“ Werde der Nachweis nicht vorgelegt, muss die Einrichtung sofort das Gesundheitsamt darüber informieren.
Gibt es Ausnahmen?
Das Gesetz räume dem Gesundheitsamt einen Ermessensspielraum ein, so Herrmann. „Das bedeutet, dass die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.“ Ob diese dazu führen, von einem Verbot abzusehen, hänge von den jeweiligen Umständen und zu berücksichtigenden Kriterien ab. Herrmann betont aber: „Hierbei kann es sich aber nur um eine Ausnahme handeln – hierzu erwarten wir aber noch die Leitlinien des Landes.“
Das sagt die Arbeitsagentur
Wie verläuft die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen und Gesundheitsamt?
Rolf Steinegger von der Caritas Hochrhein spricht von einer sehr guten Kooperation mit dem Gesundheitsamt Waldshut. Gerade mit den ständigen Regel-Änderungen sei dies sehr vorteilhaft. Denn: „Hier bekommen wir immer eine Antwort.“ Auch Tobias Herrmann als Sprecher des Landratsamts bestätigt das: „Das Gesundheitsamt arbeitet von jeher und ganz besonders während der gesamten Pandemie eng mit den Einrichtungen zusammen, berät und unterstützt sie – auch in Fragen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird dies so sein.“