Mit Spannung wurde das grenzüberschreitende Verkehrsgutachten erwartet, das Aufschluss über das prognostizierte Fahrzeugaufkommen diesseits und jenseits des Rheins geben soll. Mitte Juli hat die Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs und -bau GmbH) nun das Ergebnis der Untersuchungen veröffentlicht, das als Grundlage nicht nur für die weitere Planung der A 98, sondern auch für eine zweite Rheinbrücke zwischen Waldshut und dem gegenüberliegenden Koblenz im Kanton Aargau dienen soll. Die zusätzliche Verbindung über den Rhein könnte neben dem dreispurigen Ausbau der Bundesstraße 34 und einem zweiten Vorstauraum für eine Entlastung des Verkehrs zwischen Waldshut und Tiengen sorgen.
Wie wird sich der Verkehr in der Grenzregion entwickeln?
Die Berechnungen der Experten gehen davon aus, dass die aktuellen deutschen und Schweizer Verkehrsprognosen deutlich höher sind, als dies in vorhergehenden Untersuchungen der Fall gewesen sei. „Die Steigerungen des Verkehrsaufkommens sind mehr als doppelt so hoch“, sagte Manuel Hitscherich von der PTV AG (Planung, Transport, Verkehr) aus Karlsruhe, die im Auftrag der Deges das Verkehrsgutachten erstellte. Er und seine Kollegen gehen von bis zu 43.000 Fahrzeugen pro Tag entlang des Hochrheins aus.
Nach Hitscherichs Aussagen würde sich das tägliche Verkehrsaufkommen auf der B 34, beispielsweise in Waldshut ohne eine vierspurige Autobahn, von derzeit etwa 27.000 Fahrzeugen bis 2040 auf gut 32.000 Autos und Lastwagen erhöhen. Die Zahlen sprechen laut der Experten somit sowohl für einen Weiterbau der Autobahn 98 als auch für weitere Brücken in die Schweiz. Im September des vergangenen Jahres hatten beide Länder in Waldshut eine Absichtserklärung, einen sogenannten Letter of Intent, unterzeichnet. Konkretes Ziel ist eine neue Rheinbrücke zwischen Bad Säckingen und Murg sowie eine zweite Rheinquerung zwischen Waldshut und Koblenz.
„Das ist mehr als eine Absichtserklärung, das ist ein Versprechen, dass wir so intensiv an diesem Projekt arbeiten, wie wir können“, erklärte damals Uwe Lahl, Ministerialdirektor im baden-württembergischen Verkehrsministerium und Stellvertreter von Landesverkehrsminister Winfried Herrmann, bei der Unterzeichnung des Papiers vor dem Waldshuter Landratsamt. Landrat Martin Kistler betonte bei diesem Anlass das verbindende Element von Brücken. „Sie sind nicht nur für Pendler und Einkäufer, sondern auch für Familien, Bildung und die medizinische Versorgung der Menschen wichtig.“

Bis zum Bau und der Freigabe einer neuen Rheinbrücke, für die als Standort seit mehreren Jahren der Bereich südlich des Kreisverkehrs am Waldshuter Obi-Baumarkt im Gewerbepark Hochrhein im Gespräch ist, dauert es jedoch noch. „Mit der Unterzeichnung des Letter of Intent als Absichtserklärung auf Landes- beziehungsweise Kantonsebene ist ein erster Schritt in Richtung eines möglichen Bauprojekts für eine neue Brücke zwischen Waldshut und Koblenz unternommen worden“, schreibt das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg in Stuttgart auf Nachfrage dieser Zeitung.
Wann kommt die zweite Rheinbrücke?
Grundsätzlich seien jedoch bis zu einer eventuellen konkreten Planungsaufnahme zuvor noch viele einzelne Schritte erforderlich. Als Beispiel listet das Ministerium neben der Erbringung des formalen Bedarfsnachweises bei entsprechenden Ergebnissen der Verkehrsuntersuchung, die kürzlich vorgestellt wurde, den Abschluss einer weiteren Absichtserklärung auf Bundesebene, die Klärung der Baulastträgerschaft, die Aufnahme in den einschlägigen Bedarfsplan sowie dessen Aufstellung und den Abschluss eines Staatsvertrags mit der Schweiz auf.
„Im Anschluss an diese Schritte wäre die Aufnahme der konkreten Planung denkbar mit dem Ziel, nach einem mehrstufigen Planungsprozess das Baurecht zu erlangen und die Maßnahme im Haushalt veranschlagen zu können“, heißt es auf Nachfrage aus Stuttgart. Erst danach könne die bauliche Umsetzung der Maßnahme erfolgen. Auf die Frage nach einem möglichen Termin für die Fertigstellung der Brücke heißt es: „Aufgrund der offenen Punkte, die zwischen den Akteuren abzustimmen sind, muss der Gang des weiteren Verfahrens abgewartet werden, bevor dazu Aussagen getroffen werden können.“
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